("Adventisten heute"-Aktuell, 24.7.2015) Scharfe Kritik an den Plänen von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), bis zu 100 Millionen Euro in rund um die Uhr geöffnete Kindertagesstätten zu investieren, hat die Vorsitzende des Vereins "Frau 2000plus", die Publizistin Birgit Kelle (Kempen), geübt. Angesichts des Ausbaus von Krippen schreibt die Mutter von vier Kindern in einem Beitrag für die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar): "Stück für Stück wurde immer mehr Kindheit in Betreuungszeit umgewandelt - und immer mehr gemeinsame Familienzeit gestohlen. Jetzt sind wir bei der 24-Stunden-Kita angelangt. Es fehlt nur noch die DDR-Wochenkrippe, dann dürften wir bei Margot Honeckers Utopie der sozialistischen Rundumbetreuung angekommen sein."
Schwesig will "arbeitsmarktgerechte Familien" schaffen
Kelle wirft Schwesig vor, nicht für "familiengerechte Arbeitszeiten" zu kämpfen, sondern "arbeitsmarktgerechte Familien" schaffen zu wollen. Denn das Angebot der 24-Stunden-Kita erhöhe faktisch den Druck auf Eltern, sie auch zu nutzen. Damit bleibe gegen Schichtdienst trotz Kleinkind kein Gegenargument mehr. So verkomme das Familienministerium zum verlängerten Arm von Wirtschaftslobbyisten. Es sei aber weder für Frauen noch für Familien eine Errungenschaft, dass die Arbeitskraft beider Elternteile inzwischen uneingeschränkt selbst über Nacht der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden müsse: "Dafür opfern wir jetzt sogar die Nächte unserer Kinder." Sie dürften nicht einmal mehr im eigenen Bett übernachten, wenn dadurch der Produktionsprozess gestört werde. Kelle: "Würde man so etwas mit Erwachsenen versuchen, die Gewerkschaften wären längst auf der Straße und würden âKapitalismusâ und âAusbeutungâ rufen. Wo bleibt die Lobby der Kinder?"
Bedürfnisse von Kindern müssen dem Schichtdienst weichen
Es sei kein Segen der Familienpolitik, "dass die Bedürfnisse von Kindern nach Nähe, nach dem vertrauten eigenen Bett, nach einem Gutenachtkuss von Mama und der Vorlesegeschichte von Papa jetzt dem Schichtdienst weichen muss". Wer 100 Millionen Euro habe, um sie in 24-Stunden-Kitas zu investieren, hätte diesen Betrag auch, um sie den Eltern selbst zu geben, so Kelle. So könnten diese Lösungen finden, wie Familie trotz Erwerbstätigkeit noch bestehen könne. (idea)