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Asyldebatte: Evangelikale Vertreter fordern mehr Differenzierung

Von: nicole Datum Beitrag: 03.02.2025 Kommentare: Keine Kommentare Tags: , ,

Vertreter theologisch konservativer Organisationen wünschen sich einen differenzierteren Umgang der Politik mit dem Thema Migration. Anlass sind jüngste Debatten im Bundestag und ein mit knapper Mehrheit verabschiedeter Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Er beinhaltet eine Verschärfung der Asylpolitik. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, die Grenzen dauerhaft zu kontrollieren und Migranten an der Grenze abzuweisen – auch dann, wenn sie ein Asylgesuch stellen. Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen so lange in Arrest kommen, bis sie freiwillig ausreisen oder abgeschoben werden können. Für den Antrag stimmten neben 187 Parlamentariern der Union auch 75 Abgeordnete der AfD und 80 der FDP sowie sechs Fraktionslose. SPD, Grüne und Linkspartei lehnten den Antrag ab. Das BSW hatte angekündigt, sich zu enthalten. Die Leiter der Vertretungen der EKD und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz in Berlin, die Prälaten Anne Gidion und Karl Jüsten, hatten den Antrag im Vorfeld kritisiert und gewarnt, ihn mit der AfD zu beschließen.

Kern: Kritische kirchliche Anfragen an Vorgehen der Union berechtigt

Der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Pfarrer Steffen Kern (Walddorfhäslach bei Reutlingen), erklärte auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA: „Das Vorgehen der Unionsfraktion birgt eine Gefahr in sich: Wer mit den Wölfen heult, wird schneller Teil eines reißerischen Rudels, als ihm lieb sein kann. Wer also durch plakative Aktionen Stimmungen nutzen will, um Menschen pauschal zu stigmatisieren oder zu kriminalisieren, steht in der Gefahr, Ungeister zu rufen, die man nicht mehr einfangen kann, und so Extremisten zu stärken.“ Darunter litten etwa Mitglieder christlicher Migrationsgemeinden zunehmend. Insofern gebe es durchaus Anlass für kritische Anfragen an das Vorgehen der Union auch von kirchlicher Seite.

„Wir scheitern jeden Tag an der Integration von Geflüchteten“

Zugleich gab Kern zu bedenken: „Wir scheitern in unserem Land jeden Tag an der Integration von Geflüchteten. Die Herausforderungen überfordern uns vielfach. Wir schaffen es derzeit eben nicht.“ Auch das sei von kirchlicher Seite zu sagen: „Wir lassen insbesondere geflohene Kinder und Familien allein, überlassen sie so Radikalisierungen verschiedener Art, auch übrigens islamistischer Beeinflussung.“ Das erlebten u. a. christliche Sozialwerke. Darum bestehe erheblicher Handlungsbedarf für die Bundespolitik. Kern: „Dies verantwortlich und konsequent anzugehen und eben wiederum nicht populistischer Stimmungsmache zu überlassen, halte ich politisch für geboten.“

Blöcher bedauert aktuelle Diskussion und Beschlüsse

Der Vorsitzende des Forums „aktiv.miteinander.interkulturell“ (AMIN) der Evangelischen Allianz in Deutschland, Detlef Blöcher (Angelbachtal/Nordbaden), bedauerte gegenüber IDEA zutiefst die aktuelle politische Diskussion und die jüngsten Beschlüsse des Bundestages – „und zwar von allen Seiten“. Die Debatten seien dem Wahlkampf und dem Wunsch nach eigener Profilierung geschuldet. „Sie werden weder der Bedeutung des Themas noch der Dringlichkeit des Anliegens gerecht.“ Es müsse differenzierter betrachtet werden. Er sei dankbar für das großzügige Asylrecht, „das aus unserer notvollen Geschichte gewachsen ist“. Es sei jedoch nicht geeignet für die riesige Zahl von Arbeitsmigranten. Hier fehlten praktikable Wege für die Einwanderung von Fachkräften und Ausbildungsfähigen. Außerdem sei das Asylverfahren „viel zu kompliziert, langwierig und inkonsequent“. Hier müsse die Politik „Hausaufgaben“ machen. Blöcher wies darauf hin, dass derzeit ein Asylantrag nur auf deutschem Boden gestellt werden kann. Wer also eine „Illegale“ Einreise unterbinden wolle, stelle damit Asyl grundsätzlich infrage. Blöcher nannte es „tragisch“, dass aktuell alle Geflüchteten unter Generalverdacht gestellt würden: „Gut Integrierte werden abgeschoben; Clans und Straftäter können (durch guten Rechtsbeistand) bleiben. Das sendet fatale Signale.“ Es müsse gelten: „Wer schwere Straftaten begeht, sich antisemitisch oder islamistisch äußert, verwirkt sein Gastrecht. Er kann nicht hier bleiben.“ Blöcher war von 2000 bis zum Eintritt in den Ruhestand  im Jahr 2018 Direktor des Hilfs- und Missionswerks DMG interpersonal. Ab 2004 amtierte er zugleich als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen (AEM).

Frank Heinrich: Worauf es jetzt in der Debatte ankommt

Der Politikbeauftragte und Co-Vorstand der Evangelischen Allianz in Deutschland, Frank Heinrich (Berlin), äußerte die Erwartung, dass die Debatte um das Thema Asyl versachlicht wird. Sie sei offenbar in den letzten Monaten quer durch das Parlament nicht möglich gewesen. Dass das Thema jetzt für den Wahlkampf genutzt werde, sei nachvollziehbar, mache die Sache aber umso schwieriger. Im Blick auf die Christen erklärte Heinrich, sie sollten in der Debatte weniger mit Kampfbegriffen und Verallgemeinerungen argumentieren: „Und wir sollten mehr beten, damit die Politiker wieder einen freieren Kopf, ein starkes Rückgrat sowie ein weiches Herz bekommen oder behalten mögen.“ Nur so würden sie fähig, weise Entscheidungen und miteinander gute Kompromisse zu finden. Die Evangelische Allianz in Deutschland stehe für den Wert Familie und wolle diese fördern. Dies gelte es auch bei schwierigen Abwägungen in der Migrationsdebatte zu bedenken: „Der einzelne Mensch darf nicht hinten runterfallen.“

AfD-Sprecherin: Kirchen missbrauchen Christentum für links-grünen Aktivismus

Die kirchenpolitische Sprecherin der AfD-Bundestagsfraktion, Nicole Höchst, kritisierte in einer Stellungnahme die „parteipolitische Positionierung der Kirchen“ in der Migrationsdebatte. Anstatt auf Sorgen und Nöte der Mehrheit der Bevölkerung einzugehen, werde „das Christentum für links-grünen politischen Aktivismus missbraucht“. Kirche als weitere „links-grüne NGO“ mache sich überflüssig. NGO steht im Englischen für Nichtregierungsorganisation (Non-governmental organization).

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