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Ein Jahr nach der Flutkatastrophe: ADRA-Hilfen im Flutgebiet kamen bislang über 19.000 Menschen zugute

ADRA-Mitarbeiter Pierre Schweitzer (li.) besucht ein unterstütztes Projekt in Ahrweiler. (Foto: © ADRA Deutschland e. V.)

Das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen jährt sich in der Nacht vom 14./15. Juli zum ersten Mal. Die Hilfsorganisation ADRA Deutschland e.V. startete kurz nach dem Hochwasser in die Katastrophenhilfe. Während der letzten zwölf Monate kamen die Hilfsleistungen und Unterstützungen von ADRA Deutschland über 19.000 Menschen zugute.

„Der Einsatz im Flutgebiet in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen startete als Sprint. Jetzt, ein Jahr nach dem Hochwasser, befinden wir uns in der Marathon-Phase. Während und nach dem Hochwasser waren die sogenannten Blaulicht-Organisationen gefragt: Evakuierungen, medizinische Versorgung und Leben retten. Nachdem die Pegelstände wieder sanken, nahmen wir unsere Arbeit auf. Durch Kontakt zu Betroffenen und Aktionsgruppen wussten wir, was zum Aufräumen am dringendsten benötigt wurde. Bis zum 22. Juli konnten schon die ersten Förderentscheidungen für Soforthilfen gefällt werden. Am Tag darauf flossen die ersten Gelder. Am 24. Juli konnten wir die ersten Hilfsgüter liefern“, rekonstruiert Lukas Driedger, Leiter der Katastrophenhilfe von ADRA Deutschland e.V., die ersten Tage nach der Flut.

Schwerpunkt: Unterstützung sozialer Einrichtungen

In einem Jahr konnte ADRA Deutschland 1.865 Privathaushalte, 66 landwirtschaftliche Betriebe sowie über 80 Aktionsgruppen und soziale Vereine finanziell und logistisch unterstützen. Damit konnten über 19.000 Personen erreicht werden.

Schwerpunkt der Hilfe waren soziale Einrichtungen. Soziale Vereine umfassen unter anderem Kindergärten, Schulen, Senioren- und Pflegeheime, Tafeln sowie Sportstätten und Tierheime. Der Fokus lag auf der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Soziale Vereine erreichen mit ihrem Angebot eine Vielzahl von unterschiedlichen Menschen. Durch ihre Unterstützung werden wesentlich mehr Menschen in Not erreicht, als wenn ADRA im Alleingang arbeiten würde, so Lukas Driedger.

Mitbestimmung der Betroffenen

Seit der Flutkatastrophe sind ADRA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig vor Ort. Sie besuchen Aktionsgruppen, soziale Einrichtungen, Sportvereine und Schulen. Gemeinsam werden Möglichkeiten der Zusammenarbeit erörtert und das Verfahren besprochen. „In der Katastrophenhilfe ist es wichtig, dass die Betroffenen mitbestimmen. Das gilt natürlich auch für die Hilfe im eigenen Land“, kommentiert Driedger den Ansatz. Die Erfahrungen von ADRA im Projektmanagement seien der Mehrwert, den ADRA bei der Fluthilfe einbringen könne, so Driedger. „Manche räumen auf, wir haben in der ersten Phase unsere Unterstützung auf diejenigen konzentriert, die aufräumen.“ Dadurch hätten sie wirksamer arbeiten können.

„Zuweilen merkwürdige Hilfsangebote“

Petra Klein, Leiterin des Hauses der offenen Tür (Sinzig), das Jugendsozialarbeit leistet, äußerte sich in einem Pressegespräch positiv über diesen Ansatz: „ADRA sieht genau hin, was wirklich gebraucht wird, kooperiert mit sozialen Organisationen vor Ort und fördert die Strukturen, anstatt die 100.000ste Waschmaschine zu spenden.“ Vor allem in der ersten Phase der Nothilfe habe es zuweilen „merkwürdige Hilfsangebote“ von Gruppen aus der so genannten „Querdenker-Szene“ gegeben. Sie hätten auch Videos gedreht, die beweisen sollten, dass kaum jemand helfe und der Staat hier komplett versagt hätte, was nicht der Fall gewesen sei, so Petra Klein. Auf die Frage, was die Menschen jetzt am dringendsten bräuchten, antwortete sie: „Geduld. Es kommt von den Behörden oft keine Rückmeldung auf Antragsstellungen, eine kurze Bestätigung des Eingangs würde den meisten schon reichen.“ Kinder und Jugendliche bräuchten Bewegung, was auch mit der Pandemie zu tun habe. Hilfreich seien Sportplätze, Skate-Parks und ähnliches.

Ausblick: Marathon-Phase

Ein Jahr nach der Flut ist ADRA noch immer vor Ort und bleibt bei den Menschen, solange es nötig ist. „Die Betroffenen fragen sich, ob und wo sie wiederaufbauen können. Sie versuchen Baumaterial und Handwerkerinnen bzw. Handwerker zu bekommen. Sie suchen Bausachverständige und warten auf Versicherungen oder staatliche Hilfen. Die Marathon-Phase verlangt von allen Beteiligten Geduld. Als Hilfsorganisation sind wir an das Nachrangigkeitsprinzip gebunden und können bedauerlicher weise nicht immer so schnell und unbürokratisch helfen, wie wir gerne würden, denn zuerst stehen Versicherungen, dann staatlich Hilfe und erst danach zivile Hilfsorganisationen in der Pflicht.“, erläutert Christian Molke, Vorsitzender des Vorstands von ADRA Deutschland e. V. Eine Übersicht der bisher von ADRA gezahlten Hilfsgelder sowie Stimmen zum Einsatz von ADRA gibt es unter adra.de/ein-jahr-nach-dem-hochwasser-adra-ist-vor-ort 

ADRA Deutschland e. V.

ADRA Deutschland ist Teil eines weltweiten Netzwerks mit 118 eigenständigen Länderbüros und etwa 7.500 hauptamtlichen Mitarbeitenden. ADRA Deutschland e.V. wurde 1987 als unabhängige Nichtregierungsorganisation von der evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten gegründet und führt Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe durch. Das deutsche Büro mit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befindet sich in Weiterstadt bei Darmstadt. Weitere Informationen: www.adra.de

Stichwort: Nachrangigkeitsprinzip

In Deutschland dürfen Spenden nur für mildtätige und gemeinnützige Zwecke verausgabt werden. Das bedeutet beispielsweise, dass nach dem Hochwasserereignis von 2021 Spenden aus steuerrechtlichen Gründen nicht an Unternehmen gehen dürfen. Zudem sind in Deutschland Hilfsorganisationen dem Nachrangigkeitsprinzip verpflichtet. Das bedeutet, dass zuerst Versicherungsleistungen und Hilfsgelder von öffentlichen Stellen auszuschöpfen sind, bevor Hilfsorganisationen Einzelfallhilfen auszahlen dürfen.


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