Die Gesellschaft für bedrohte Völker (Göttingen) hat gefordert, dass sich die deutsche Außenpolitik stärker für Religionsfreiheit einsetzt. Das Engagement für dieses Menschenrecht dürfe „kein Lippenbekenntnis bleiben, sondern muss konkrete Taten folgen lassen“, erklärte der Direktor der Menschenrechtsorganisation, Ulrich Delius. Deutschland und die Europäische Union hätten viele Möglichkeiten, in ihrer Außenpolitik für den Respekt der Religionsfreiheit einzutreten. „Bislang wird dieses Potenzial nicht ausgeschöpft“, so Delius. Die Gesellschaft für bedrohte Völker begrüßte zugleich den zweiten Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit, den der zuständige Regierungsbeauftragte Markus Grübel (CDU) am 28. Oktober vorgestellt hat. Demnach verstärkt sich der Trend, Religions- und Weltanschauungsfreiheit einzuschränken. Christen als zahlenmäßig größte Glaubensgemeinschaft seien davon besonders betroffen. Laut der Gesellschaft für bedrohte Völker werden Hunderte Millionen Menschen aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Betroffen seien neben Christen auch Muslime, Buddhisten, Jesiden und Angehörige vieler weiterer Religionen.
So litten allein in Indien mehr als 200 Millionen Angehörige der muslimischen und christlichen Minderheit unter massiven Einschränkungen ihrer Glaubensfreiheit. Im Nachbarland Pakistan sei die Lage für Christen, Schiiten und Hindus dramatisch. Delius forderte ferner, dass sich die deutsche Außenpolitik in der Türkei und im Nahen Osten aktiver für Religionsfreiheit und religiöse Minderheiten einsetzt. Christliche, alevitische, jesidische und andere religiöse Minderheiten rängen dort um ihre Existenz. Doch Deutschland schweige zu den meisten Menschenrechtsverletzungen aus Rücksicht auf das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. Delius: „Auch gegenüber dem politischen Islam zeigt die deutsche Außenpolitik keine klare Kante, obwohl er religiöse Minderheiten terrorisiert.“
EKD-Ratsvorsitzender: Keine Abschiebungen von Konvertiten in den Iran
Der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), begrüßte ebenfalls den Bericht der Bundesregierung. Damit zeige sie, „dass sie der Religionsfreiheit weltweit große Bedeutung zumisst“. Im Blick auf den Iran forderte er die Regierung auf, die nötigen Konsequenzen aus dem Bericht des Beauftragten zu ziehen und keine Menschen dorthin abzuschieben, die zum Christentum übergetreten sind. Ihnen droht im Iran laut Grübel eine Anklage wegen Abfalls vom Islam mit Verurteilungen bis hin zur Todesstrafe.
„Kirche in Not“: Verfolgte brauchen unsere Solidarität
Auch das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ Deutschland lobte den Bericht. Dessen Geschäftsführer Florian Ripka (München) erklärte: „Ein Schulterschluss in Sachen Religionsfreiheit zwischen Politik, Nichtregierungsorganisationen und gesellschaftlichen Akteuren ist ein wichtiger Schritt, um das Leid der religiös verfolgten Menschen zu lindern. Sie schauen auf uns, und sie brauchen unsere Solidarität.“