(“Adventisten heute”-Aktuell, 9.5.2014) Viele Gemeinden vernachlässigen die zentrale Aufgabe, Christen zu einem gesunden Glauben anzuleiten. Das hat der hessen-nassauische Pfarrer Fabian Vogt (Oberstedten bei Frankfurt am Main) beklagt. Er sprach auf der Jahrestagung der Akademie für Psychotherapie und Seelsorge (APS), die vom 2. bis 3. Mai in Marburg stattfand.
Auch dann vertrauen, wenn der Erfolg ausbleibt
Vogt zufolge wird in christlichen Gemeinden meist über Strukturen, Wahrheiten und Strategien geredet, aber fast nie über gesunden Glauben. Er sei dadurch gekennzeichnet, dass man dem Leben auch dann vertraue, wenn der Erfolg ausbleibe.Vogt warnte davor, den christlichen Glauben nur intellektuell zu verstehen: “Glauben heißt nicht: Ich verstehe Gott, sondern ich mache Erfahrungen mit Gott.” Dies könne etwa durch Gemeinschaft mit anderen Christen geschehen. Zudem brauche ein gesunder Glaube individuelle Ausdrucksformen. Für die einen könne das die “stille Zeit” mit Bibellesen und Gebet am Morgen sein, für andere beispielsweise ein Waldspaziergang. In Deutschland herrsche jedoch mit dem liturgisch-klassischen Gottesdienst am Sonntagmorgen eine Monokultur vor. Vogt kritisierte ferner einen “Gemeindeegoismus”, bei dem die eigene Zufriedenheit im Zentrum stehe. Es fehle die Bereitschaft, auf Kirchendistanzierte zuzugehen.
Gesunder Glaube kommt ohne Feindbilder aus
Der Professor für Evangelische Theologie und Religionspädagogik, Siegfried Zimmer (Ludwigsburg bei Stuttgart), sagte, im Mittelpunkt der biblischen Botschaft stehe Gottes rettendes Handeln. Allerdings seien manche Christen darauf einseitig fixiert. Dadurch entstehe eine ungesunde Frömmigkeit. Christlichen Gemeinden habe es jahrhundertelang an Ausgewogenheit gefehlt. Gott handle an der Welt nicht nur rettend, sondern auch segnend. So lasse er die Sonne auch über Atheisten scheinen. Ein gesunder christlicher Glaube komme ohne Vorurteile und Feindbilder gegenüber Andersdenkenden aus.
Die APS will Begegnungen zwischen Psychotherapie und christlicher Seelsorge in Wissenschaft und Praxis fördern. Vorsitzender ist der Chefarzt der Psychotherapeutischen Abteilung der Klinik Hohe Mark, Martin Grabe (Oberursel bei Frankfurt/Main). (idea)