Der Karfreitag ist ein erstaunlicher Feiertag! Nur um die Not hilfsbedürftiger Menschen zu lindern, wird gearbeitet. Sogar König Fußball macht Pause! Die Christenheit gedenkt der Kreuzigung Jesu – und die Welt respektiert es oder schaut achselzuckend zu. Es gehört zu unserem Alltag, hilflos dabeizustehen, wenn Machtstreben unschuldige Menschen zu Opfern macht. Afrin, Ost-Ghuta – so oder anders heißen heute die Orte, wo unschuldig Blut vergossen wird. Paulus und die Evangelisten stellen das sperrige Symbol der Hinrichtung Jesu aus Nazareth in einen weltgeschichtlichen Zusammenhang. Das Kreuzsymbol recht zu verstehen, daran entscheidet sich das Schicksal des Menschengeschlechtes. Ungläubiges Staunen – für die Menschheit ist das geschehen?
Jesus steht für die offenen Wunden der Menschheit
Das Kreuz Jesu führt uns vor Augen, wohin menschliches Handeln führen kann. Denn Menschen haben Jesus an das Kreuz gebracht. Jesus steht für die offenen Wunden, aus denen die Menschheit blutet. Und sein Leiden steht auch dafür, diesen Opfern ein Gesicht und ein Gedenken zu geben. Vielleicht können wir die Wunden und das Wüten der ganzen Welt überhaupt nur ertragen, wenn wir einen Ort haben, wo wir es beklagen können! Das Aufrechnen von Schuld und Gegenschuld in einer unversöhnten Welt verbittet sich der gekreuzigte Christus. Er will uns unser Unrecht abnehmen! Er tut es, indem er uns bittet, unsere Wunden und unsere Sünden ihm allein anzuhängen! So wird das Kreuz Jesu zum Symbol der Versöhnung, weil es alle Pläne durchkreuzt, neues Unrecht in die Welt zu setzen. Also: „Werdet nicht träge, bringt eure Schuld und die Wunden eures Lebens zu mir, und lasst sie bei mir zurück, damit ihr leben könnt!“ So spricht der auferstandene Christus an seinem Kreuz.
(Der Autor, Karl-Hinrich Manzke (Bückeburg), ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe. Seit April 2014 ist er außerdem Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.)