(“Adventisten heute”-Aktuell, 27.12.2013) Fast 70 Jahre nach dem Holocaust vollzieht sich eine bemerkenswerte Wendung im deutsch-jüdischen Verhältnis: Immer mehr Juden lassen sich wieder in Deutschland nieder. Darauf hat der englische Kolumnist Dominic Lawson in einer Kolumne in der Londoner Zeitung “Sunday Times” vom 15. Dezember hingewiesen. Selbst aus Israel seien knapp 20.000 Juden nach Berlin gekommen, und dieser Trend lasse nicht nach. Insgesamt leben heute mehr als 250.000 Juden in Deutschland; viele sind aus Osteuropa gekommen. Als einen Grund für die Zuwanderung führt Lawson an, dass die Deutschen “aufrichtig, dauerhaft und gründlich” Buße und Sühne für den Völkermord an den Juden geleistet hätten. Ganz Berlin sei “wie ein einziges großes Denkmal der Erinnerung an den Holocaust, habe Lish Avner, eine junge israelische Auswanderin, geschrieben. Die Politikwissenschaftlerin Susan Hattis Rolef, deren Tochter ebenfalls nach Berlin gezogen sei, habe in der Zeitung “Jerusalem Post” darauf aufmerksam gemacht, dass es junge Israelis nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland ziehe. Jerusalem sei eine nervöse, intolerante und gewalttätige Stadt. Rolef: “Ich glaube, es ist für Juden heute sicherer, in Berlin zu leben als in Jerusalem.”
Österreich: Kirchliche Resolution gegen Judenfeindschaft
Lawson erinnert daran, dass Antisemitismus keineswegs auf Deutschland beschränkt sei. Stärkere Tendenzen seien heute beispielsweise in Rumänien, Ungarn und Österreich anzutreffen. Es könne niemanden überraschen, dass Wien als Auswanderungsort für viele Juden keine Alternative zu Berlin darstelle. Erst kürzlich hatte es antisemitische Schmieraktionen auf sogenannten “Stolpersteinen” in Salzburg gegeben, die an den Holocaust erinnern. Außerdem wurde eine Gedenktafel für Opfer des Nationalsozialismus an der evangelischen Kirche “Am Tabor” in Wien-Leopoldstadt beschädigt. Mit einer einstimmig gefassten Resolution verurteilte am 14. Dezember die Generalsynode der Evangelischen Kirche in Österreich diese Vorfälle. “Antisemitismus ist nicht nur latent vorhanden, sondern tritt immer wieder auch öffentlich und offen zutage”, erklärte der Salzburger Superintendent Olivier Dantine, der die Resolution einbrachte. 75 Jahre nach dem Novemberpogrom von 1938 könne man immer noch aggressive Judenfeindschaft erleben. (idea)