Ich bin ein Adventist der vierten Generation. Meine Urgroßeltern mütterlicherseits ließen sich Anfang des 20. Jahrhunderts taufen. Mir wurde der adventistische Glaube also nicht nur in die Wiege gelegt, er war gewissermaßen bereits in meinem Erbgut eingebaut. Daher empfinde ich die Adventgemeinde als meine geistliche und geistige Heimat. Auch unser familiäres Glaubensklima war traditionell adventistisch: Wir lasen zur Abendandacht Abschnitte aus den Büchern von Ellen White, auch aus Der Große Kampf . So kam es, dass ich bereits im Alter von ca. 10-12 Jahren mit wichtigen Büchern von Ellen White vertraut war (vor allem die E-Serie und die Schatzkammer der Zeugnisse ). Die Jahre auf dem Internat des Schulzentrums Marienhöhe festigten, vertieften und verbreiterten meinen Glauben, der natürlich auch danach weitergeformt wurde. Wie erlebt ein so geprägter Adventist eine Generalkonferenz-Vollversammlung? Fühlt er sich wohl, findet er sich darin wieder, wird er inspiriert, erfährt er etwas Neues?
Der Rive Walk lädt zum nächtlichen Spaziergang ein, wenn das Programm im Alamodomekurz nach 21 Uhr zu Ende geht. (Foto: Paseo del Río Association)
San Antonio: die Stadt
Der erste Eindruck von San Antonio: Es ist eine schöne Stadt mit ansprechenden Häuserfassaden und viel Straßengrün. Die Atmosphäre wird geprägt durch den kleinen, sich durch das Zentrum schlängelnden Fluss, an dessen Ufer ein “River Walk” mit vielen Restaurants und Geschäften zum Bummeln einlädt. Und da bummeln auch schon viele Adventisten. Man erkennt sie an den umgehängten GK-Tickets oder an den Kongressbroschüren in ihren Händen.
Adventisten überall
Je näher man dem Kongresszentrum (dort befindet sich die Ausstellung, auch diverse Seminare finden dort statt) oder dem riesigen Alamodome kommt (dort sind die Delegiertensitzungen und die geistlichen Veranstaltungen), desto “adventistischer” wird die Menschenmenge auf den Straßen. Sie kommen aus vielen Kulturen, sind unterschiedlich gekleidet (formell, leger, einige tragen traditionelle Landestracht, einige sind flippig-modern) und meist gut gelaunt.
Vor meinem inneren Auge taucht eine große Menschenmenge auf, die niemand zählen konnte, aus allen Sprachen und Völkern (s. Offb 7,9). Vermutlich werden wir im Himmel auch eine solch bunte Schar sein. Da wird es Menschen geben, mit denen wir theologisch nicht übereinstimmten oder mit denen wir im Clinch lagen. Sie sind dem Himmel nicht ferner als ich. Und da gibt es ja noch die anderen Christen: Als Zeichen der Glaubensverbundenheit verschenkten Baptisten Wasserflaschen an die Vollversammlung-Besucher. Eine willkommene Erfrischung bei dem schwül-heißen Wetter. Würden wir so etwas auch umgekehrt für die Baptisten tun – ganz unbefangen und ohne Hintergedanken?
Ted Wilsons Predigt-Video-Bericht
Ein erster Höhepunkt der GK war der abendliche “Bericht des Präsidenten”. Das klingt ziemlich nüchtern, war aber eine ziemlich emotionale Angelegenheit. Exzellente Chöre und Solisten stimmten das Publikum ein und der Bericht selbst entpuppte sich als eine abwechslungsreiche Folge von Videosequenzen und mündlichem Vortrag. Es war ein Querschnitt aus der Arbeit der Weltkirche der vergangenen fünf Jahre.
In seinem Bericht – der eher eine Predigt war – griff GK-Präsident Ted Wilson das Thema seiner programmatischen Ansprache der letzten GK-Vollversammlung auf: Geht voran! Dabei ist für ihn die Wanderung des Volkes Israel ins gelobte Land ein passendes geistliches Bild. Um das zu illustrieren, scheute er keinen persönlichen Einsatz. So nahm er verschiedene Filmclips auf. Sie zeigten, wie er an biblischen Stätten einen Teil seiner Botschaft spricht, u. a. am Roten Meer, auf dem Sinai und am Jordan.
Fünf Jahre voller Mission
Was ist in den letzten fünf Jahren dabei herausgekommen? Wenn man dem Bericht folgt, eine ganze Menge. Es gab die Initiativen “Erneuert durch sein Wort” (die Bibel systematisch durchlesen), Gebet 777, viele Evangelisationen (New York, Simbabwe u. v. m.), eine Verstärkung ganzheitlicher Gesundheitsarbeit, zahlreiche Bibelkonferenzen, Aktivitäten zur Stärkung des Schöpfungsglaubens, eine Ausweitung der Medienarbeit (HOPE Channel, Internet), mehr soziale Dienste.
Ted Wilson stellte Mission als eine integrative Bemühung aller Gemeinde- und Kirchenarbeitsfelder dar, die jeweils ihren Teil dazu beitragen sollen. Man merkte, dass die Mission ihm ein echtes Anliegen ist, er selbst ist erkennbar von einer starken Wiederkunftserwartung motiviert. Diese teilt er offenbar mit den Besuchern im Alamodome, denn als er das Motto der Generalkonferenz-Vollversammlung ausruft – “Steh auf! Leuchte! Jesus kommt!” -, brandet spontan tosender Applaus auf. Am Ende der eindringlichen Ansprache Ted Wilsons sang die Versammlung auf seinen Wunsch hin noch ein kleines Medley aus Gemeindeliedern, die von der Wiederkunft Christi handeln. Es war der Schlusspunkt eines trotz seines Berichtscharakters gefühlsbetont verlaufenen Abends.
Thomas Lobitz, Advent-Verlag Lüneburg