(“Adventisten heute”-Aktuell, 9.1.2015) Nach einer einjährigen “Auszeit von Gott” kehrt ein früherer Pastor nicht zum christlichen Glauben zurück. Er sei zu der vorläufigen Erkenntnis gekommen, dass es keinen Gott gebe, erklärt der US-Amerikaner Ryan Bell (Los Angeles) in einem im Internet veröffentlichten Video. Darüber sei er nicht glücklich, sondern empfinde diese Einsicht als Verlust, betont der 43-jährige ehemalige Siebenten-Tags-Adventist. Er beschreibt sich als “Humanisten und agnostischen Atheisten”. Bell hatte am 31. Dezember 2013 einen ungewöhnlichen Selbstversuch begonnen: Ein Jahr lang lebte er wie ein Atheist. Er las nicht in der Bibel und betete nicht. Stattdessen studierte er Bücher nichtgläubiger Autoren, nahm an weltlichen Kongressen teil und unternahm “alles Mögliche, um in die Welt des Atheismus einzutauchen”. Er habe herausfinden wollen, welchen Unterschied der Glaube an Gott mache, erklärte er. Doch er habe keinen Unterschied feststellen können. Allerdings habe er auch bei einigen Atheisten dieselbe “widerwärtige Sicherheit” angetroffen wie bei manchen Christen.
Bell ist mit gläubiger Christin liiert
Bells Weg hat eine längere Vorgeschichte. Er wuchs in einem methodistischen Elternhaus auf, trat später zu den Adventisten über und leitete acht Jahre die “Hollywood Adventist Church” in Los Angeles. Dort wandelten sich auch seine vormals theologisch und ethisch konservativen Ansichten. Bell sprach sich für die Frauenordination aus und engagierte sich für die Rechte von Homosexuellen in Kirche und Gemeinde. Im März 2013 forderte ihn die Kirchenleitung auf, sein Pastorenamt niederzulegen. Das war nach Bells Worten der Punkt, der ihn dazu führte, den Selbstversuch zu wagen. Außerdem änderte sich auch sein Privatleben. Seine 17-jährige Ehe, aus der er eine zehn Jahre und eine 13 Jahre alte Tochter hat, zerbrach. Inzwischen ist der Geschiedene mit der gläubigen Christin Rebecca Pratt liiert. Sie toleriert seinen neuen Lebensweg.
Ex-Pastor arbeitet unter Obdachlosen
Das atheistische Experiment hatte Bell Unverständnis und Nachteile eingebracht. So verlor er seine Lehraufträge an zwei christlichen Universitäten und einen Beraterjob. Jetzt arbeitet er bei der Obdachloseninitiative Path (Pfad) in Los Angeles. Wie er ferner mitteilte, haben ihm viele Besucher seines Blogs (www.yearwithoutgod.com) mitgeteilt, dass auch sie zeitweise Glaubenszweifel hätten, sich aber fürchteten, öffentlich darüber zu sprechen, weil ihnen das Nachteile einbringen könnte. Bell: “Das ist, wie wenn man schwul ist, aber es seiner Familie nicht sagen kann.”
Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat etwa 17 Millionen Mitglieder in 206 Ländern. In Deutschland liegt die Mitgliederzahl bei 35.000. Im Unterschied zu anderen Kirchen feiern Adventisten den Sonnabend und nicht den Sonntag als Ruhetag. Außerdem legen sie Wert auf eine gesunde Lebensweise und verzichten auf Alkohol und Tabak. (idea)