Einen schwäbischen Mundartgottesdienst haben rund 300 Besucher auf dem Volksfest Cannstatter Wasen gefeiert. In seiner Predigt erinnerte der evangelische Pfarrer Manfred Mergel (Dornstetten-Aach bei Freudenstadt) an die Zusage Gottes an Abraham aus 1. Mose 12,1-4, die er auf Schwäbisch wiedergab: „Mein Sega hasch!“. Es sei heute nicht mehr selbstverständlich, anderen Menschen Gottes Segen zuzusprechen. Einmal habe ihn sogar ein Jubilar, dem er diesen Segen zum Geburtstag gewünscht habe, mit Unverständnis angesehen: „Beim nächsta Geburtstag han i gschwind überlegt, ob e s überhaupt no saga soll. Jetzt wenn i als Pfarrer nemme Gottes Sega wünsch, wer soll s na no tun?“ Viele Christen hätten bereits Hemmungen, anderen Menschen gegenüber Segenswünsche auszusprechen: „Manche guckat de scho komisch an. Vor allem ins Gschäftsleba passt des für viele nemme nei. Jetzt grad do wär s bsonders wichtig.“
„Kriega mir kein Sega?“
Positiv stimme ihn jedoch, dass er auch die gegenteilige Reaktion erlebt habe. Nachdem er einmal den Religionsunterricht in der Schule beendet habe, sei ihm entfallen, den Segen zu sprechen, weil er zur nächsten Klasse habe gehen wollen. Daraufhin habe einer der Schüler gefragt: „Was isch n heut los? Kriega mir kein Sega?“ Das Problem sei, dass viele Menschen Segen mit Erfolg gleichsetzten. Doch Segen „schafft net grad den Erfolg, den wo mir unbedingt wollat. Gottes Sega isch ebbes, was dr hilft; was dr guttut; was de weiterbringt. Sega wirkt. In aller Stille. Sega verändert. Sega isch fruchtbar. Du darfst amol ebbes ernta, on sei s erst in dr Ewigkeit.“ Laut Martin Höfer (Deckenpfronn bei Stuttgart), dem Organisator des Gottesdienstes, stellte der Besitzer das größte Wasenzelt kostenlos zur Verfügung. Im Vorfeld gestatteten viele Schausteller auf dem Cannstatter Wasen, mit Plakaten und Faltblätter für den Gottesdienst zu werben. Manche von ihnen nahmen sogar am Gottesdienst teil, wie Höfer berichtete. Im nächsten Jahr findet der Gottesdienst auf dem größten Volksfest in Baden-Württemberg am 27. September statt.