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Psychotherapeut Lütz: Gesellschaft hat sexuellen Missbrauch lange verharmlost

Von: ADVENT VERLAG Datum Beitrag: 27.03.2010 Kommentare: Keine Kommentare Tags:

(“Adventisten heute”-Aktuell, 2.4.2010) In der Debatte um sexuellen Kindesmissbrauch hat sich der Psychotherapeut, Theologe und Bestseller-Autor Manfred Lütz (Köln) dagegen gewandt, die katholische Kirche zum alleinigen Sündenbock zu machen. Kirchenkritiker und auch manche Kirchenvertreter behaupteten, dass kirchliche Strukturen, die Sexualmoral und der Zölibat schuld an dem Skandal seien. “Doch das ist nichts anderes als unverhohlener Missbrauch mit dem Missbrauch, vor allem aber gefährliche Desinformation, die Täter schützt”, schreibt Lütz im Vatican-Magazin (Rom). Er ist Mitglied des Päpstlichen Rates für die Laien.
Nach seinen Worten hat die Gesellschaft den sexuellen Missbrauch an Kindern lange verharmlost. So habe der Sexualwissenschaftler Eberhard Schosch (1935-1991) bei einer Anhörung 1970 im Deutschen Bundestag unwidersprochen erklärt: “Ein gesundes Kind in einer intakten Familie verarbeitet nichtgewalttätige sexuelle Erlebnisse ohne negativen Dauerfolgen.” Bei den Grünen habe es 1985 einen Antrag auf Entkriminalisierung von Sex mit Kindern gegeben. Im renommierten Deutschen Ärzteverlag sei 1989 ein Buch erschienen, das für die Erlaubnis von pädosexuellen Kontakten geworben habe. Erst Ende der achtziger Jahre hätten dann vor allem feministische Beratungsstellen “zu Recht klargemacht, dass es keine gewaltfreien Beziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen gibt”.

Gesamte Gesellschaft trägt Schuld

Lütz kritisiert, dass in der gegenwärtigen Debatte “gewöhnlich der gesamte gesellschaftliche Kontext ausgeblendet und die katholische Kirche isoliert als Sündenbock für all die abseitigen und skandalösen Träume vom Kindersex gebrandmarkt” werde. Dabei zögen alle Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, Menschen an, die missbräuchliche Kontakte suchten. Das gelte für Sportvereine, Einrichtungen der Jugendhilfe und auch für die Kirchen. Über den “missbrauchenden Jugendwart in Niederbayern” werde nur im Lokalteil von Zeitungen berichtet. Wenn es sich um einen Pfarrer handele, gebe es bundesweite Schlagzeilen. “Zu Recht, weil es ein schweres Verbrechen ist. So entsteht freilich ein verzerrtes Bild über die Häufigkeit”, so Lütz. Er plädiert dafür, “die lange Zeit betriebene Verharmlosung von sexuellem Kindesmissbrauch in der gesamten Gesellschaft als einen Teil von unser aller Schuld anzuerkennen”. (idea)

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