Das Coronavirus breitet sich in Deutschland und der Schweiz weiter aus. In der Alpenrepublik hat der Bundesrat alle Großveranstaltungen mit mehr als 1.000 Menschen untersagt. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn empfiehlt, solche Events abzusagen. Sollten auch Gottesdienste ausfallen?
PRO
Jährlich feiern wir unzählige Gottesdienste. Wir lieben es! Es ist für uns als Kirche ein wichtiges Ereignis. Gottesdienst absagen? Niemals leichtfertig.
Den kirchlichen Auftrag sehen wir jedoch breiter als den Gottesdienst. Wir wollen unserem Umfeld, unserer Stadt aktiv dienen. Regelmäßig stellt sich uns daher die Frage: Welche Haltung dient der Gesellschaft? Mit den Behörden und Nachbarn suchen wir deshalb eine positive Zusammenarbeit. Gottesdienste feiern und der Gesellschaft dienen geht normalerweise Hand in Hand: Wir freuen uns einerseits, wenn wir mit den Gottesdiensten der Gesellschaft dienen, indem Menschen Gott kennenlernen. Andererseits bringen wir uns konstruktiv in die Gesellschaft ein und sind auch den Behörden ein verlässlicher Partner. Hand in Hand? Bis zum 28. Februar, als die Weisung des Schweizer Bundesrates über die Medien den Weg zu uns fand.
Wir entschieden uns, ausschließlich einen Livestream-Gottesdienst im Internet durchzuführen. Am Sonntag hätten sich die ca. 1.200 Besucherinnen und Besucher zu keiner Zeit im gleichen Raum aufgehalten. Es war auch keine Angst vor Ansteckung oder gar Quarantäne spürbar. Mit unserer Entscheidung stellten wir uns jedoch bewusst hinter die Behörden. Wir trauten ihnen die Lagebeurteilung besser zu als uns. Auf diese Weise nahmen wir unseren Auftrag an der Gesellschaft ernst. Livestream-Gottesdienste sind nicht dasselbe, und wir freuen uns, bald wieder normal Gottesdienst feiern zu können. Einen Gottesdienst unter diesen Umständen absagen? Wieso nicht?
Der Autor, Timon Studler, ist Pastor der evangelischen Freikirche „GvC Winterthur“ (Gemeinde von Christen). An Wochenenden besuchen durchschnittlich 1.200 Menschen die verschiedenen Gottesdienste.
KONTRA
Wir fühlen mit den Menschen, die stark unter den Auswirkungen des Coronavirus und dessen hoher medialer Präsenz leiden: die, die effektiv angesteckt wurden, und die Personen auch aus unserer Kirche, die wirtschaftlich Verluste wegstecken oder gar um ihre Existenz kämpfen müssen.
Ich bin überzeugt, dass wir als Christen in diesen herausfordernden Zeiten eine Hoffnung repräsentieren dürfen, die die Welt nicht kennt: „Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken musst … vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt“ (Psalm 91,4??b–6). Als Menschen, die ihr Vertrauen auf Jesus Christus und die Wahrheit der Bibel setzen, sollten wir nicht von der grassierenden Angst eingeholt werden. Angst ist nie ein guter Berater. Daher haben wir im ICF München uns dafür entschieden, unsere Gottesdienste – Stand heute – weiterhin stattfinden zu lassen. Wir wollen damit einen Ort bieten, an dem die Hoffnung, Kraft und Ermutigung, die Jesus uns gibt, persönlich erlebbar sind. Jedes ICF darf und muss allerdings nach eigenem Ermessen entscheiden, weil jede Region unterschiedlich betroffen ist.
Auch wir in München beobachten die Situation von Tag zu Tag und machen unsere Überlegungen in enger Absprache mit den Gesundheitsämtern. Wenn in den nächsten Tagen neue Erkenntnisse kommen, werden wir neu entscheiden. Um die Sicherheit zu erhöhen, kommunizieren wir aktuell bereits folgende Maßnahmen: Wer sich krank fühlt, aus Risikogebieten kommt oder älter als 60 Jahre ist, sollte lieber zu Hause bleiben und den Podcast schauen. Wir vermeiden Umarmungen und Händeschütteln. Außerdem bieten wir kein Gebetsteam an.
Der Autor, Tobias Teichen, ist leitender Pastor des ICF München. Seit 2014 leitet er zudem die ICF-Bewegung in Deutschland.