Wie die Verbindung von Mensch und Maschine unsere Gesellschaft verändert, war das Thema einer Diskussion im Rahmen des 101. Deutschen Katholikentags, der vom 9. bis 13. Mai in Münster stattfand. Die Theologen und Philosophen Frank Meier-Hamidi, Ulrich Lüke und Stefan Sorgner beleuchteten Chancen und Risiken des Transhumanismus in einer engagierten Debatte.
„Sind wir bereits auf dem Weg vom homo sapiens zum techno sapiens?“, fragte Dr. Frank Meier-Hamidi, Dozent für Theologie und Philosophie an der Katholisch-sozialen Akademie Franz Hitze Haus des Bistums Münster, in seinem Impuls zur Einführung. Transhumanisten gingen davon aus, dass die nächste Stufe der Entwicklung des Menschen in der Kombination des menschlichen Körpers mit Technik bestehe. Neu sei die rapide Entwicklung, die immer tiefer in unser Menschsein eingreift: „Der Mensch wird zum Cyborg“ (Mischwesen aus Organismus und Maschine), so Maier-Hamidi.
Transhumanismus als Weiterentwicklung der Menschheit?
„Wir wollen nicht zur Maschine werden. Wir sind immer schon Cyborgs gewesen“, erwiderte Dr. Stefan Lorenz Sorgner, Professor für Philosophie an der John Cabot University in Rom/Italien. Ein Cyborg sei ein technisch gesteuerter Organismus: „Sobald wir Sprache lernen werden wir technisch geformt. Jede Form von Erziehung ist eine Form der Steuerung“, so Sorgner. Die Menschheit stehe in einer langen Tradition von Hilfsmitteln, die uns helfen, ein erfülltes Leben zu führen. Sorgner nannte die Genforschung, die Verschmelzung von Computertechnik und menschlichem Körper, sowie die Auslagerung von menschlichem Bewusstsein als große Techniken, welche den Menschen über bisherige Grenzen hinauswachsen lassen könne. Skeptisch äußerte sich der Philosoph allerdings über die letztgenannte Idee („mind uploading“) – das sei keine realistische Einschätzung und auch nicht notwendigerweise mit dem Transhumanismus verbunden. Angst bräuchte man vor dem Transhumanismus nicht haben, sofern er in kontrollierten Bahnen verläuft, und die Freiheit des Individuums nicht beeinträchtigt wird.
Transhumanismus ohne klare Zielvorstellung?
Dr. Ulrich Lüke, bis 2017 Professor für systematische Theologie an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, kritisierte die Position Sorgners scharf. Das Menschenbild des Transhumanismus sei von Friedrich Nietzsches Entwurf des „Übermenschen“ inspiriert – ein Konzept das auch dem Nationalsozialismus zugrunde lag. Lüke bemängelte außerdem das Fehlen einer klaren Begrifflichkeit: „Ich bin kein Cyborg, sondern ein Mensch.“ Auch seien die Zielvorgaben in Bezug auf gewünschte genetische Veränderungen am Menschen nicht eindeutig: „Was ist der genetisch richtige Mensch der Zukunft? Wir wissen es schlicht nicht“, so Lüke. Der Theologe und Biologe plädierte für eine ethische Fundierung bei der Anwendung von Wissen. Aus dem naturwissenschaftlichen Fortschritt allein entstünden keine Normen. Die Würde des Menschen sei ein Zentralbegriff: „Wie schütze ich diese Würde auch vor einer technologischen Innovationsfreude?“