(“Adventisten heute”-Aktuell, 20.1.2012) Welche Rolle spielen Werte und Religion in der digitalen Medienwelt? Darüber diskutierten Experten aus Kirche und Kultur am 18. Januar in Potsdam. Dazu eingeladen hatten der Medienbeauftragte des Rates der EKD und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, Oberkirchenrat Markus Bräuer (Frankfurt am Main), sowie die Hochschule für Film und Fernsehen “Konrad Wolf” (Potsdam).
Eine “digitale Weltreligion”
Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister plädierte dafür, dass sich Theologie und Kirche mehr mit den sinnstiftenden Angeboten der digitalen Medienwelt beschäftigen. Heute erklärten Suchmaschinen die Welt, würden zunehmend Freundschaften über Soziale Netzwerke geschlossen und politische Ereignisse anonym in Diskussionsforen kommentiert. Die neuen Medien verhießen ein digitales Paradies voller Wunder, sie versprächen zudem Allwissenheit und Allgegenwart. Experten sprächen von einer “digitalen Weltreligion”.
Keine geeignete Kultur entwickelt
Für die Dauerkommunikation mit Twitter-Flut und SMS-Überschwemmung habe die Gesellschaft noch keine geeignete Kultur entwickelt. Der Einzelne drohe verloren zu gehen. Inzwischen gebe es jedoch eine Gegenbewegung, die die digitale Enthaltsamkeit vorziehe. Notwendig seien ethische Debatten, Ethikkommissionen sowie verantwortlich handelnde Menschen, die um die Grenzen und Gefährdungen der neuen Medien wüssten, so Meister. Zwar könnten Medien den Menschen nicht erlösen, sie könnten jedoch weltweit das nützlichste Instrument sein, um die Welt friedlicher und gerechter zu machen.
“Facebook passt nicht zum Bischof”
Gegenüber Journalisten sagte Meister, dass er als Privatperson lange Zeit die Internetplattform Facebook genutzt habe. Nachdem er Ende November 2010 zum Landesbischof gewählt wurde, sei er jedoch ausgestiegen. Medienberater hätten ihm dies mit den Worten empfohlen: “Facebook passt nicht zum Bischof.” Die Nutzung von Facebook wäre eine zeitliche Überforderung für ihn, so Meister.
Mediennutzung wird weiter zunehmen
Der Geschäftsführer der Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH, Elmar Giglinger, warnte vor Kulturpessimismus. Immer wenn neue Medien in die Welt kämen, bestehe die Sorge des Werteverfalls. Dies sei schon beim Buchdruck, beim Film und beim Fernsehen der Fall gewesen. Privatfernsehen, Computerspiele und Internet würden jedoch übertrieben negativ wahrgenommen. Giglinger rechnet damit, dass die Mediennutzung weiter zunehmen wird. Derzeit beträgt sie durchschnittlich 9,7 Stunden pro Tag (zum Vergleich: Der Mensch schläft durchschnittlich 8,4 Stunden pro Tag).
Medienkompetenz und Vorbilder gebraucht
In Zukunft werde das permanente Abrufen von Medien an jedem Ort möglich sein. Gebraucht werde mehr Medienkompetenz. Diese müsse vor allem in Schulen vermittelt werden. Giglinger forderte zudem einen wirksamen Schutz vor harter Pornographie, extremistischen Inhalten, gefilmten Morden sowie vor illegalen Inhalten im Internet. Manche Internet-Anbieter müssten gesperrt werden. Wichtig seien auch Vorbilder an der Spitze der Gesellschaft. (idea)