Jung, innovativ und international – so präsentierte sich der erste „Willow Creek Youngster-Kongress“ vom 24. bis 26. Mai in Erfurt. 3.900 Besucher aus ganz Deutschland nahmen an den Vorträgen und Seminaren teil oder informierten sich in der Ausstellerhalle bei fast 100 christlichen Stiftungen, Werken und Unternehmen. idea-Redakteurin Lydia Schubert war vor Ort.
Freitagnachmittag, Haltestelle Erfurt/Messe: Interessiert schaut ein älteres Ehepaar auf die Traube von jungen Leuten, die – mit Isomatten und Rucksäcken bepackt – fröhlich plaudernd aus der Straßenbahn steigt. „Da ist wohl was für die Jüngeren“, mutmaßt der Mann – und trifft damit absolut ins Schwarze. Denn in der Messe findet ein Wochenende lang der „Willow Creek Youngster-Kongress“ statt. Fast 4.000 ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter aus den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit sind in die thüringische Landeshauptstadt gekommen, um neue Impulse für ihre Arbeit zu bekommen, sich fortzubilden, auszutauschen und ermutigen zu lassen. Ob frei-, landeskirchlich oder katholisch geprägt – was sie eint, ist ihr Glaube und ihr Dienst „für die Jüngeren“.
Referentin und Musiker sind aus Chicago angereist
Passend zum Publikum tummeln sich auf dem Programmheft fröhliche Emojis mit Heiligenschein. Beim Blättern stößt man auch schnell auf die Übersicht der 13 Seminare. Weil sie zum Teil zeitgleich stattfinden, kann jeder Besucher insgesamt drei davon mitnehmen – von „Kindern biblische Geschichten vermitteln“ bis „Menschen durch Musik für Jesus öffnen“ ist für jeden Arbeitsbereich etwas Passendes dabei. In den Pausen bietet die Ausstellerschau mit fast 100 Ständen ebenfalls eine große Auswahl rund um christliche Medien, Mission und mehr. Den Anfang macht aber erst einmal ein Plenum in der großen Messehalle. Weil sowohl die Referentin, Ashlee Eiland, als auch die Musiker eigens aus Chicago angereist sind, findet es größtenteils zweisprachig, mit deutscher Übersetzung, statt. Moderator Constantin Treiber von ICF Karlsruhe begrüßt die Teilnehmer: „Hier sind 4.000 Leute, die bereit sind, Deutschland zu verändern und die junge Generation zu prägen.“
Viele Punkte ergeben ein Meisterwerk
Das Thema des ersten Vortrags lautet „Besser gemeinsam“. Eiland betont darin, welche große Bedeutung das Zusammenarbeiten hat – und zwar sowohl innerhalb eines Gemeindebereiches als auch über die einzelnen Bereiche hinweg. Wo es nur eine begrenzte Sicht gibt, so die Amerikanerin, ist auch Ziel und Fokus begrenzt, die Vision klein. „Wir sind nicht geschaffen, als Einzelperson zu funktionieren“, so Eiland. Vergleichbar sei das mit einem einzelnen Punkt, der allein stehend schnell übersehen wird. Aus vielen Punkten zusammen aber könnten wahre Meisterwerke entstehen, in der Kunstwelt unter dem Begriff „Pointillismus“ bekannt. „Eine größere und wertvollere Vision wird kreiert, wenn wir gemeinsam unterwegs sind.“ Und auch der Kongress greift dieses Anliegen bereits auf: Mit der Zusammenführung von Kinderplus-und Jugendplus-Kongress sollen laut „Willow Creek Deutschland“-Geschäftsführer Karl-Heinz Zimmer die „Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Gemeinde nicht als voneinander getrennte Bereiche, „sondern als Arbeit an und mit der jungen Generation auf unterschiedlichen Entwicklungsstufen“ betrachtet werden. So gebe es die Beobachtung, dass gerade Jugendliche als Mitarbeiter in Kindergottesdiensten eine bedeutende Rolle spielten, gleichzeitig aber „auch Elemente der Jugend- und Leiterkultur zur Förderung der eigenen Persönlichkeit“ schätzten.
Mission mit Ohren, Augen und dem Fuß
Auf Gesichter, die in der christlichen Jugendszene bereits bekannt sind, trifft man im Seminar „Glauben authentisch leben“. Karsten Hüttmann und Chris Pahl vom „Christival“ suchen hier nach Antworten auf die Frage, wie man Junge befähigt, unverkrampft über ihren Glauben zu reden, sich zu positionieren und als Gruppe einladend für Neue zu sein, ohne sich dabei anzubiedern. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist, dass die junge Generation dem Glauben gegenüber zwar nicht feindlich eingestellt ist und teils sogar betet – aber der Kontakt zu Jesus fehlt. „Man könnte das als ‚ideologischen Atheismus’ bezeichnen. Denn als ‚kirchlich‘ wollen sie gleich gar nicht gelten“, so Hüttmann. Er und Pahl ermutigen dazu, die anderen „nicht als Missionsopfer“ zu betrachten, aber beispielsweise gleiche Interessen zu nutzen, um einen Anknüpfungspunkt zu finden, getreu dem Motto: „Den Griechen ein Grieche, den Zockern ein Zocker“. Über den Glauben reden, so die beiden, das geht im Musik- ebenso wie im Kanuverein. Ein weiterer Schlüssel können persönliche Erfahrungen mit Jesus sein, Authentizität und echtes Interesse am anderen. „Es braucht Ohren, um zuzuhören; Augen, um den anderen wahrzunehmen, und auch mal den Fuß, um ihnen in den Hintern zu treten – immer in Liebe natürlich.“ Zudem sind auch die Plattformen vielfältig: Das Evangelium weitergeben kann man in Jugendkreisen und auf Freizeiten ebenso wie in der Schule.
Gemeinde als Familie, Familie als Gemeinde sehen
Ein weiteres Seminar beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Gemeinde und Familie. „Viele Heranwachsende in Gemeinden kehren dem Glauben den Rücken, sobald sie erwachsen sind. Ein entscheidender Grund: Die gemeindlichen Aktivitäten und Beiträge in der Kinder- und Jugendarbeit haben nur wenig Einfluss auf den Alltag in der Familie“, so die Bundesleiterin des Kinderforums im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, Febe Olpen. Während die Eltern somit das Potenzial von jährlich 3.000 Stunden haben, um ein junges Leben zu beeinflussen, blieben es für die Gemeinde durchschnittlich gerade einmal 40. Gemeinsam mit Hanna Vuorinen, der nationalen Leiterin von „Kids Mittendrin“, ermutigt Olpen darum, den Fokus auch auf die Eltern zu legen, eine gute Beziehung zu ihnen aufzubauen und sie darin zu stärken, die geistliche Erziehung in den Alltag zu integrieren. Auch praktische Tipps haben die Frauen parat – den Eltern regelmäßig praktische Ratschläge rund ums Beten und Bibellesen an die Hand zu geben, einen Familien-Mutmachtag in der Gemeinde zu veranstalten oder Eltern und Kinder gemeinsam in Projekte der Gemeinde einzubeziehen sind nur drei davon. Fazit des Kongresses: professionell, inspirierend, mit großem Fokus auf das „Wir“. Wenn die Teilnehmer nun in ihre Kirchgemeinden zurückkehren, werden sie wie einzelne Punkte über das ganze Land verteilt sein – aber gestärkt durch die Gemeinschaft können sie ein Kunstwerk ergeben.
Drei Teilnehmer erzählen: „Das nehme ich mir vom Kongress mit …“
„Egal ob Mitarbeiter in einem bestimmten Bereich der Gemeinde oder einfach ‚nur‘ Mitglied – jeder ist für die nächste Generation mitverantwortlich.“ - Lina Diekmann (23), Mitarbeiterin in einem freikirchlichen Jugendkreis
„Es ist gut, die Kinder aktiv miteinzubeziehen – z.B. durch Theateraufführungen. Was man selbst ausprobiert hat, bleibt viel besser hängen als bloß Erzähltes.“ - David Rehnquist (23) aus Arlington/Texas ist momentan für die überkonfessionelle Organisation „Pais“ in Deutschland.
„Der Kongress hat mich bestärkt, dass es grundlegend um die Herzenshaltung geht, nicht um meine Fähigkeiten. Und mir wurde wieder bewusst, dass es ein Privileg ist, dass Gott uns diese jungen Menschen anvertraut hat.“ - Elena Hild (20) ist ebenfalls als „Pais“lerin in der Jugendarbeit aktiv.