Bedenkenlos nutzen?
Laut Hohage verwerten auch Journalisten Inhalte "oft bedenkenlos". Wie er betonte, müssen sich Nutzer dabei allerdings bewusst sein, dass Artikel richtig und objektiv sein können, das aber nicht sein müssen. Das liege daran, dass Wikipedia eine Meritokratie sei; das heißt, dass jemand, der viele Beiträge schreibt, einen besseren Ruf innerhalb des Mediums hat als andere und dessen Stimme im Konfliktfall laut Wikipedia-Regeln schwerer wiegt. Das habe auch zu Unruhen innerhalb des Mediums geführt.Bezahlte Schreiber?
Der durchschnittliche Schreiber für das Online-Lexikon ist laut Untersuchungen männlich, zwischen 20 und 30 Jahre alt, unverheiratet und Student mit linksliberaler Einstellung. "Vielschreiber" verfassten mitunter mehr als 20.000 Bearbeitungen pro Jahr. Nach Einschätzung Hohages ist das kaum möglich, wenn man außerdem noch einer geregelten Tätigkeit bzw. einem Studium nachgeht. Hohage äußerte deshalb die Vermutung, dass einige Vielschreiber von Parteien oder weltanschaulichen Gruppierungen für ihre Arbeit Geld bekämen. Das Problem bezahlten Schreibens ("paid editing") z.B. durch PR-Beauftragte von Unternehmen werde derzeit generell innerhalb und außerhalb von Wikipedia diskutiert."Nur ein kritischer Wikipedia-Nutzer ist ein guter Wikipedia-Nutzer"
Das sei deshalb problematisch, weil Wikipedia den Anspruch habe, objektiv und neutral zu informieren. Manipulationen würden zwar meist irgendwann aufgedeckt, jedoch reagiere Wikipedia aufgrund ihrer meritokratischen Struktur mitunter ausgesprochen träge. Der Zeitverlust von mehreren Monaten oder z.T. Jahren sei das eigentliche Problem für die Zuverlässigkeit besonders von Artikeln zu aktuellen Themen. Hohage empfahl, Beiträgen in dem Online-Lexikon nicht leichtgläubig zu vertrauen: "Nur ein kritischer Wikipedia-Nutzer ist ein guter Wikipedia-Nutzer."Folgende Kriterien können laut Hohage helfen: Nutzer sollten überprüfen, wie viele Autoren ein Beitrag hat und wer diese sind. Sie sollten sich die Einzelnachweise in den Quellen ansehen; hier seien Fachbücher vertrauenswürdiger als reine Internetnachweise. Ein Hinweis auf die Seriosität des Beitrags könnten auch die Diskussionsthemen zum Artikel bieten - ebenso wie die Zahl der Bearbeitungen. Nicht zuletzt sollten Nutzer schauen, ob es Artikelsperren gab und wenn ja, warum. Den besten Einblick in das System von Wikipedia bekomme man allerdings, wenn man selbst "hier und da mitschreibe", so Hohage.