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Warum eine Baptistengemeinde in Kempten wächst (Kommentar)

("Adventisten heute"-Aktuell, 3.8.2012) Seit Jahren schrumpft die größte deutsche Freikirche, der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten- und Brüdergemeinden): Im Jahr 2000 zählte sie rund 86.000 Mitglieder, heute sind es nur noch etwa 82.200. Manche Gemeinden mussten sogar schließen. Doch es gibt auch wachsende Gemeinden - wie die in Kempten im Allgäu. Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? Stefan Vatter, seit 2001 Hauptpastor, berichtet.

Das Leben in unserer Gemeinde ist bunt. Seit 30 Jahren befinden wir uns im Aufbruch: Wir haben eine dynamische Jugendarbeit, 25 Hauskreise, eine christliche Pfadfinder-Arbeit (die "Royal Rangers"), Kinderdienstgruppen; bei uns gibt es Aktivitäten für Senioren, mehrere Lobpreis-Teams, eine Abendbibelschule und verschiedene Projekte in der 62.000-Einwohner-Stadt Kempten. Im Jahr 1997 haben wir unser neues, 2.400 Quadratmeter großes Gemeindezentrum bezogen - mit einem großen Versammlungsraum für 600 Personen, einer Turnhalle, mehreren Kinder- und Jugendräumen, einem Bistro, einer Großküche, großem Foyer, Büroräumen. Der Bau war ein Wagnis und ein entscheidender Glaubensschritt für die gesamte Gemeinde: Seit dieser Zeit hat sich die Mitgliederzahl auf über 500 verdoppelt.

Lebendigkeit kann man nicht schaffen - nur fördern

Häufig wird mir die Frage gestellt, auf welches Modell oder auf welche Strategie wir das Gemeindewachstum zurückführen. Doch darauf gibt es keine einfache Antwort. Konzepte vermitteln den gefährlichen Irrtum, dass Wachstum machbar sei. Sicher: Wir können schwungvolles Leben - wenn es denn da ist - fördern. Aber wir können es nicht hervorrufen! Die meisten Gemeinden - so meine Beobachtung - brauchen Impulse, wie sie überhaupt zu einem ansteckenden geistlichen Leben gelangen. Pulsierendes Leben einer Gemeinde ist Ausdruck einer von Gott gewirkten Lebens- und Beziehungskultur. Gott allein schenkt Zuwachs! Und doch können wir bei uns drei Wachstumsfaktoren erkennen, die vielleicht auch für andere Gemeinden hilfreich sind.

1. Den Hammer ergreifen

"Ist mein Wort nicht wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?", fragt Gott in seiner Rede wider die falschen Propheten (Jeremia 23,29). Gemeinde ist der Ort, an dem uns der Hammer Gottes treffen muss. Doch in vielen Gemeinden ist das Vertrauen in das Wort Gottes gebrochen. Predigten gleichen humanistisch-netten - aber harmlosen! - Reflexionen, in die einige Bibelverse eingestreut werden. Ein das Leben verändernder Glaube oder missionarische Zugkraft können so nicht entstehen! Die Bibel darf nicht zum Trostbuch verkommen - denn sie ist weit mehr.

Dem Wort Gottes kindlich vertrauen

Ein positives, kindliches Vertrauen in Gottes Wort halte ich für einen wichtigen Faktor unseres Gemeindewachstums. Fragen, die wir uns immer wieder im Blick auf die Bibel stellen, sind: Welche Worte der Bibel korrespondieren mit unserer Zeit? Wo ist die Heilige Schrift gerade jetzt für uns aktuell? In unserer Abendbibelschule behandeln wir Themen im Licht des Wortes Gottes, z. B.: Wie sollen wir leben in Ehe, Familie und Beruf? Welche Bedeutung haben die Gaben des Geistes für mein Leben? Außerdem sprechen wir über Leiterschaft oder Seelsorge und arbeiten biblische Texte durch. In unserer "ABC"-Lehrserie geben wir zentrale Themen schriftlich heraus; sie stehen auch im Internet zum Herunterladen bereit. Die Grundaussagen der Sonntagspredigt sind in einem Predigtmanuskript zusammengefasst, das nach dem Gottesdienst verteilt wird und ebenfalls online verfügbar ist. So kann die Predigt in den Hauskreisen vertieft werden. Zudem geben wir zu Jahresbeginn immer einen Bibelleseplan für die persönliche Lektüre heraus. Dutzende Menschen haben dadurch sichtbare Veränderungen im alltäglichen Leben erfahren! Besonders beeindruckt hat mich jüngst unsere Jugend: An einem Abend lasen Jugendliche Passagen aus der Bibel vor und erklärten, warum die Verse für sie wichtig sind und was sie mit ihrem Leben zu tun haben.
Warum tun wir das alles? Weil wir der Überzeugung sind, dass eine Sonntagspredigt allein für eine gemeinsame Werteorientierung nicht ausreichend ist! Vielmehr ist eine gute biblische Lehre als solide Grundlage nötig, damit wir in der Gemeinde den Rücken zum Handeln frei haben - oder frei bekommen.

2. Räume öffnen: Keine Angst vor dem Heiligen Geist

"Den Geist dämpft nicht", mahnt Paulus im 1. Thessalonicherbrief (5,19). Viele Menschen haben vor dem Wirken des Heiligen Geistes Angst, da er sich nicht an unser religiöses System hält. Doch der Geist Gottes ist die wesentliche Kraft, die unsere Gemeinde davor bewahrt, in fromme Selbstgerechtigkeit zu verfallen! Gott will durch seinen Geist zu uns reden. Prophetische Worte tragen zum Wachstum der Gemeinde bei.

"Wirf dein Leben nicht weg. Ergreife meine Hand."

In einem Weihnachtsgottesdienst kam eine Frau auf mich zu. Sie hatte den prophetischen Eindruck, dass unter uns jemand sei, der Selbstmordgedanken habe. Gott jedoch wolle ihm sagen: "Ich habe deine Not gesehen. Ich bin da. Wirf dein Leben nicht weg. Ergreife meine Hand." Würde die Weitergabe eines solchen Gedankens zum Ende unseres schönen Gottesdienstes nicht irritieren? Trotz dieses berechtigten Einwands entschlossen wir uns, den Eindruck weiterzugeben. Das Erstaunliche war, dass nach dem Gottesdienst tatsächlich eine Person auf uns zukam und bekannte, dass sie gemeint gewesen sei. Solche Wirkungsweisen des Heiligen Geistes rufen eine heilige Gottesfurcht hervor. Sie ist ein Wachstumsfaktor unserer Gemeinde.

Damit Gemeinde zur Heimat wird

Dem Geist Gottes Raum geben bedeutet auch, den Besuchern Entfaltung zu ermöglichen. Regelmäßig gibt es in unserem Gottesdienst Gelegenheit, etwas von dem weiterzugeben, was man persönlich mit Gott erlebt hat. Ich bin oft erstaunt, wie konkret Gott zu Einzelnen spricht und was er tut. Das ist durchaus ein Risiko, das wir aber bewusst eingehen. Außer getarnter Langeweile und gepflegter Bedeutungslosigkeit haben wir doch nichts zu verlieren! Und nach dem Gottesdienst geht kaum jemand sofort nach Hause - die meisten reden noch miteinander im Bistro, im Foyer oder in der Turnhalle. Hier findet Vernetzung statt. So wird die Gemeinde zu einer echten Heimat. Wer meint, allein mit Strukturen ein solches Gemeinschaftsgefühl hervorrufen zu können, hat nicht verstanden, wie das Leben in einer Gemeinde hervorbricht. Ich kann noch so lange ein Flussbett ausheben und Kanäle bauen: Wenn das Wasser nicht fließt, bleibt alles tot.

3. "Herzenszucht" - nicht Strategien

"Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben", lesen wir in den Sprüchen (4,23). Nicht nur das Herz eines einzelnen Christen, sondern auch das einer ganzen Gemeinde kann gefährdet sein. Ich weiß aus eigener Erfahrung und zahlreichen Gemeindeberatungen, dass sich eine Gemeinde immer wieder demütig an Jesus ausrichten muss. In Kempten jedenfalls benötigen wir stets aufs Neue seine Korrektur, um nicht vom Kurs abzukommen. Zu meinen, Jesus sei sowieso da, weil es sich ja um "seine" Gemeinde handele, ist - wie wir den Sendschreiben in der Offenbarung (Kapitel 2 und 3) entnehmen können - eine fatale Fehleinschätzung. Wo Gemeinde nach den Maßstäben kultureller Prägung oder den Vorgaben der Postmoderne vorgeht, hat sie Jesus aus Herz und Augen verloren. Eine Gemeinde Jesu wird nicht durch Gemeindewachstums-Strategien belebt, sondern durch Begeisterung für Jesus Christus. Diese "Herzenszucht" ist unverzichtbar! Lobpreis und Anbetung sind bei unseren Gottesdiensten daher sehr bedeutsam - hier findet immer wieder eine Art "Neukalibrierung" unserer Herzen hin zu Jesus statt.

Nicht Gäste-, sondern "Jesus-freundliche" Gottesdienste

Wir streben "Jesus-freundliche", aber nicht in erster Linie Gäste-freundliche oder Gemeinde-freundliche Gottesdienste an. Wo Gott wirkt, werden Menschen sowieso angezogen! Wir richten unsere Gemeinde aus nach seinem Gebot, Gott und die Menschen zu lieben (Matthäus 22,37), und nach seiner Beauftragung, das Evangelium in die Gesellschaft einzubringen (Matthäus 28,18ff.). Was die Liebe zu Jesus und den Menschen nicht fördert - und was in der Gesellschaft Jesus nicht sichtbar werden lässt -, kann getrost in die Mülltonne geworfen werden. Besinnung auf das Wesentliche! Unnötiges Gepäck zurücklassen! Die wesentlichen Voraussetzungen für das Wachstum einer Gemeinde sind nicht ihre Größe, ihr Finanzvolumen oder ihr Bekanntheitsgrad, sondern ihre Beziehung zu Jesus, zu seinem Wort und zum Heiligen Geist. (idea)

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