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Verwüstung und Hoffnung - Zu der Aufgabe der Kirche in der Flutwasserkatastrophe

Thorsten Latzel ist Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. (Foto: Screenshot ekir.de/ Fotograf: Dominik Asbach)

Überflutete Städte, 179 Tote bislang, mehr als hundert Vermisste selbst eine Woche später. Die Katastrophe hat viele tief traumatisiert. Drei Tage habe ich überschwemmte Gemeinden besucht, Betroffenen zugehört, Helfer gestärkt. Und noch nie in meinem Leben ist mir solch ein Ausmaß sinnloser Zerstörung begegnet. Etwa in Bad Neuenahr, dem Synoden-Ort der Evangelischen Kirche im Rheinland. Man fährt in die Stadt und spürt eine Aura der Verwüstung: überall Schlamm, aufgerissene Straßen, weggerissene Häuser, Leben von Menschen, das auf der Straße liegt. Die Menschen „funktionieren“, erste Krisen-Reaktion: Schutt beseitigen, das Überleben sichern. Doch sobald sie zur Ruhe kommen, kommt auch die Wucht der Emotionen.

Selbstlose Hilfe erfahren

Selbst mich als Außenstehenden lassen die Eindrücke Tage später nicht zur Ruhe kommen: Menschen, die auf Dächern, Bäumen stundenlang auf Hilfe warten. 30 cm hoher Schlamm, der eine junge Frau einfach wegreißt. Ein früherer Campingplatz, wo jetzt umgefallene Bäume, ein Bügeleisen, Besteck aus dem Boden schauen – daneben plätschert die Ahr ruhig dahin, als wäre nie etwas gewesen. Absurdes Katastrophen-Idyll.

Doch dann eben auch die Erfahrung tiefer Mitmenschlichkeit und selbstloser Hilfe. Eine Betroffene drückte es so aus: „Ich habe nicht geweint, als die Flut kam. Geweint habe ich, als die Hilfe kam.“ Überall THW, Feuerwehr, Freiwillige – und Notfallseelsorger. Gemeinden fungieren als Schaltzentrale für Nachbarschaftshilfe, aktivieren ihre großen Netzwerke an Ehrenamtlichen, halten Räume bereit. Oft sind sie selbst stark betroffen. Doch das hindert sie nicht, sich gemeinsam mit vielen anderen für andere zu engagieren.

Gott ist gegenwärtig

So ist Gott für mich hier gegenwärtig: in unmittelbarer Nächstenliebe, als mitleidender Gott, Christus im Schlamm. Und so verstehe ich auch unsere Aufgabe als Kirche: nahe bei den Menschen zu sein. Wir tun dies durch Kollekten, Gebete, Organisation praktischer Hilfe, unterstützt von ökumenischen Partnern weltweit. Und dadurch, dass wir Seelsorge und Gottesdienste anbieten. Der Bürgermeister von Sinzig, Andreas Geron, sagte: „Der Gottesdienst war der erste Moment, in dem ich seit Tagen zur Ruhe kommen und weinen konnte.“ Zeiten der Unterbrechung, damit Menschen vor Gott Klage, Bitte und Dank bringen können und so dem sinnwidrigen Leid nicht das letzte Wort lassen. Dazu stärke uns Gott.


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