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Verletzung der Schulpflicht: Soll der Staat hart durchgreifen? (Pro und Kontra)

("Adventisten heute"-Aktuell, 20.9.2013) Immer wieder gehen Behörden gegen Eltern vor, die ihre Kinder aus religiösen Gründen nicht zur Schule schicken. Vor kurzem sorgte ein Fall in der Nähe von Darmstadt für Aufsehen: Vier Kinder einer christlichen Familie wurden zwangsweise in staatliche Obhut genommen, weil die Eltern sich aus Glaubensgründen weigerten, sie auf eine öffentliche Schule zu schicken. Stattdessen unterrichteten Dirk und Petra Wunderlich sie selbst. Unter Polizeischutz verschafften sich ein Gerichtsvollzieher sowie Fachkräfte aus Jugendhilfe und Justiz Zutritt zu der Wohnung der Familie und trennten die Kinder im Alter zwischen acht und zwölf Jahren von den Eltern, um sie in einer Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Muss der Staat bei Verletzungen der Schulpflicht so hart durchgreifen? Zu dieser Frage äußern sich zwei Experten in einem Pro und Kontra für die Evangelische Nachrichtenagentur idea (Wetzlar).

Pro: Warum der Schulbesuch so wichtig ist

Der Schulamtsdirektor i. R. Jürgen Thielmann (Breidenbach/Mittelhessen) ist der Überzeugung, dass auch Christen nach den Worten der Bibel "der Obrigkeit untertan" sein und ihre Kinder deshalb zur Schule schicken müssen. Schulische Bildung solle nicht nur Kulturtechniken vermitteln, sondern auch das Zusammenleben schulen. Dazu gehöre, mit Mitschülern zu diskutieren und zu lernen, eine eigene Meinung sachlich-argumentativ zu vertreten. Das sorgfältige Untersuchen und Hinterfragen müsse geübt werden. Dabei solle durchaus "die Bibel zu Rate" gezogen werden, "weil nur so eine sichere, von zeitlichen Strömungen unabhängige Position möglich ist". Auf diese Weise gefestigte Christen würden mehr denn je gebraucht.
Thielmann räumt ein, dass es ihm nicht gelungen sei, seine acht Kinder immer vor schädlichen Einflüssen zu bewahren. Aber er habe für sie und mit ihnen gebetet: "Gott hat sie bewahrt und geschenkt, dass sie Persönlichkeiten wurden, die ihren Glauben bekennen und ihre Aufgaben in dieser Zeit wahrnehmen."

Thielmann war am Staatlichen Schulamt in Weilburg zuständig für 173 Schulen und 5.500 Lehrer.

Kontra: Hausunterricht gefährdet nicht das Kindeswohl

Anderer Meinung ist der Rechtsanwalt Armin Eckermann (Dreieich bei Frankfurt am Main), der der Initiative Schulunterricht zu Hause (SchuzH) vorsteht. Der Staat müsse und dürfe nicht so hart durchgreifen:

"Heimschulunterricht gefährdet nicht per se das Kindeswohl." Dies belegten zahlreiche positive Hausschulerfahrungen aus dem Ausland, wo diese Form des Unterrichts erlaubt ist. Der Staat dürfe nach der Gesetzeslage Kinder erst dann wegnehmen, wenn sie körperlich, geistig oder seelisch zu verwahrlosen drohen: "Das ist beim Hausunterricht regelmäßig nicht der Fall." Vielmehr zeigten wissenschaftliche Untersuchungen, dass zu Hause unterrichtete Kinder eine bessere Bildung und Sozialkompetenz hätten als andere Schüler.Doch selbst wenn der Hausunterricht im Einzelfall weniger erfolgreich sei als der Unterricht an einer staatlichen Schule, bestehe kein Handlungszwang. Denn immer wieder versage auch der Staat in seinen Schulen, wenn etwa Schüler die Lernziele nicht erreichten. Eckermann fragt: "Wer entzieht in diesen Fällen dem Staat die Befugnis, Kinder per Schulpflicht in die Schule zu zwingen?" Auf jeden Fall sei ein Zerreißen von Familien wegen Hausbeschulung "grob rechtswidrig". Nach Angaben von Eckermann erteilen in Deutschland rund 500 Familien trotz der Schulpflicht Hausunterricht. (idea)

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