("Adventisten heute"-Aktuell, 20.12.2013) Wir sind einen Schritt weiter - so empfand ich, als es am 3. Dezember 2013 hieß, nach knapp vier Tagen in Freudenstadt Abschied zu nehmen. Knapp 70 Personen, davon 51 stimmberechtigte Mitglieder des Ausschusses der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland (FiD), waren zusammengekommen, um ihre Beratungen dort fortzusetzen, wo sie am 23. Juni 2013 aufgehört hatten (siehe Bericht in Adventisten heute , 8/2013, S. 4). Das war nämlich der Schwerpunkt dieser Sitzung: die Ergebnisse der Juni-Umfrage auszuwerten und über die Vorschläge der eingesetzten Arbeitsgruppe zu beraten. Beides hat uns mindestens einen Schritt einander näher und auch nach vorn gebracht.
Theologische und strukturelle Einheit: Was kommt zuerst?
Seit mehr als 20 Jahren treten wir in der Diskussion um eine Strukturreform der Freikirche in Deutschland auf der Stelle. In den letzten Jahren wurden immer häufiger theologische Differenzen als Hinderungsgrund für eine Einheit in der Struktur genannt. Die zunehmende Offenheit während der letzten Monate machte es nun möglich, diese Bedenken auszusprechen. Die oben genannte Umfrage unter den Verantwortungsträgern der Freikirche (Dienststellen, Gemeindevertreter und Institutionen) brachte nun Ergebnisse zutage, die sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Auswertung ermöglichen.
Sehr eindeutig geht aus der Erhebung hervor, dass die Mehrheit der Befragten (rund 86 Prozent) die vorhandenen Spannungen auf die theologischen Unterschiede zurückführt. Weniger eindeutig ist die Einschätzung, ob es sich bei diesen Unterschieden um Rand- oder um Kernfragen des Glaubens geht. Mehrheitlich wurde deutlich, dass sich die theologisch unterschiedlichen Sichtweisen auf das praktische christliche Leben und auf den adventistischen Lebensstil auswirken.
Inhaltlich lassen sich die theologischen Unterschiede in sechs Schwerpunktthemen zusammenfassen, und zwar in dieser Reihenfolge: Hermeneutik (die Auslegung der Heiligen Schrift), adventistische Identität, Prophetie, die Rolle Ellen G. Whites, das Verständnis der Rechtfertigung durch den Glauben, Lebensstil. Hinzu kommen weitere Themen wie Musik im Gottesdienst, Schöpfung, Ökumene, u. a.
Im Laufe der Beratung wurde mehrfach die Bereitschaft bekräftigt, offen, auf verschiedenen Ebenen und in einem Klima der gegenseitigen Achtung und Wertschätzung die Gespräche über diese Themen fortzuführen. Dabei wird zu untersuchen sein,
- ob eine Einheit in der Struktur erst nach einer Einigung in der Theologie möglich sein wird, oder ob nicht eine Strukturreform den Prozess zu einer besseren Verständigung in theologischen Fragen begünstigen und fördern kann;
- ob Symposien und Bibelstudientage, Gemeindeakademien und Bibelkonferenzen, wie in der Vergangenheit abgehalten, uns wirklich näher bringen;
- ob man sich darauf einigen kann, die 28 Glaubensartikel als hinreichende Grundlage für einen fruchtbaren und zielführenden innerkirchlichen Dialog zu betrachten.
Ziele der FiD
Der Arbeitskreis, der sich mit den Zielen der FiD befasst hatte, fasste seine Empfehlungen mit den Stichworten "Suchet der Stadt Bestes" (was kann die FiD für die Gesellschaft tun?), "Liebe untereinander" (wie kann das Miteinander der Verbandsausschüsse intensiviert werden?) und "Mündigkeit" (wie können die theologischen Unterschiede im FiD-Ausschuss, mit den Pastoren und mit den Gemeinden konstruktiv angesprochen werden?) zusammen. Er schlug auch konkrete, messbare Schritte für die Jahre 2014 und 2015 vor, um diesen Zielen näher zu kommen.
Erste Schritte zu einer Reorganisation
Über die vorgelegten Papiere wurde offen, engagiert und zugleich respektvoll diskutiert. Dann einigten sich die stimmberechtigten Mitglieder mit einer erstaunlichen Mehrheit (85 Prozent) darauf, die Einrichtung eines Verbandes anstelle der heute bestehenden beiden Verbände Deutschlands zu befürworten. Zuvor vergewisserten sie sich, dass der Vorstand der Intereuropäischen Division (EUD) diese Entscheidung mitträgt, was vom EUD-Präsidenten Bruno Vertallier eindeutig bestätigt wurde: "Wir machen mit!", sagte er, und erinnerte auch daran, dass es wichtig sei, darauf zu hören, "was die Minderheiten sagen". Die Voraussetzungen dafür, auf einander zu hören sind besser denn je, denn - wie beide Verbandsvorsteher Johannes Naether (NDV) und Günther Machel (SDV) dem APD mitteilten - "die Mitglieder des in Freudenstadt tagenden Ausschusses der Freikirche haben mit einer hohen Sozialkompetenz und Respekt vor der Meinung des Anderen diese Diskussion geführt".
Nach diesem grundsätzlichen Votum wird es nun wohl darum gehen, den zuständigen Gremien eine angemessene Entscheidungsgrundlage für einen gesamtdeutschen Verband vorzulegen, und zwar noch vor Ende der Konferenzperiode im Jahr 2017. Parallel dazu soll die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen intensiviert werden (Finanzverwaltung, Sekretariat, einige Abteilungen). Selbstverständlich sollen die Gemeinden in den Meinungsbildungsprozess durch verschiedene Maßnahmen einbezogen werden.
Andere Themen
Es gab sehr interessante und ermutigende Berichte der Institutionen und Abteilungen - auch über das Projekt des FiD-Beirats zur Frage: Was kennzeichnet eine gesunde geistliche Gemeinde? Darin wird u. a. das Thema religiöser Missbrauch behandelt, und zwar im Sinne der Prävention, des Opferschutzes und der Täterverantwortung.
Bei der Abteilung Advent-Jugend ging es u. a. um die Jugendzeitschrift youngsta - einschließlich der Aufarbeitung inhaltlicher Fragen und Weichenstellungen für die zukünftige redaktionelle Arbeit.
Auch Informationen über die bearbeitete Fassung des Studienheftes zur Bibel standen auf der Agenda: Nach dem eindeutigen Votum für die Erhaltung dieses Heftes (zusätzlich zur Standard-Ausgabe) im Juni 2013 in Mühlenrahmede setzt sich nun die EUD dafür ein, dass die Arbeit nach einigen Anpassungen (Leitung und Zusammensetzung des Arbeitskreises, Arbeitsrichtlinien) fortgesetzt werden kann. In diesem Zusammenhang informierte die EUD-Führung auf Anfrage darüber, dass die kürzlich verabschiedeten Copyright-Richtlinien der Generalkonferenz die bearbeitete Fassung des Studienheftes nicht berühren. Vielmehr seien sie im Blick auf Privatpersonen beschlossen worden, die auf Eigeninitiative die Studienhefte herausgeben und verbreiten (häufig wirtschaftliche Interessen verfolgend).
Die im Vorfeld der FiD-Sitzung getrennt tagenden Verbandsausschüsse befassten sich u. a. mit der Gemeindeglieder-Entwicklung sowie mit Finanz- und Personalfragen. Bezüglich der Personalien gab es beim Norddeutschen Verband (NDV) Handlungsbedarf: Günter Brecht, derzeitiger Schatzmeister, wird über das Erreichen des Rentenalters hinaus bis zum 1.2.2016 in dieser Aufgabe bestätigt. Für die vakant gewordene Leitung der Abteilung Frauen im NDV wurde Angelika Pfaller gewählt. Da sie bereits diese Aufgabe für den Süddeutschen Verband wahrnimmt, ist sie somit die erste gesamtdeutsche Abteilungsleiterin überhaupt.Weil auch diesmal der gemeinsam erlebte Sabbat als geistliche Bereicherung und wertvolle Gelegenheit zum besseren Kennenlernen empfunden wurde, fiel die Entscheidung einstimmig, die nächsten Sitzung im Dezember 2014 in Mühlenrahmede ebenfalls am Sabbat zu beginnen. Das darf man als weiteres Zeichen dafür betrachten, dass die FiD sich aufeinander zu bewegt! (Elí Diez-Prida)
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(Fotos: edp)