Sabbat, 11. Juli. Heute sind die Straßen San Antonios voller Adventisten. Gruppenweise und karawanenartig pilgern sie zum Alamodome. Es ist eine bunte, internationale Schar. Man sieht Familien, junge und ältere Paare, Einzelpersonen, Frauen in langen Röcken, kurzen Röcken, bunten afrikanischen Trachten mit riesigen Kopfbedeckungen. Daneben coole Männer mit lässig ins Haar gesteckten Sonnenbrillen und todschicken Anzügen, uncoole Männer mit zerknitterten Sakkos und Hochwasserhosen, Südseemänner in Röcken, afrikanische Männer in ihrer auffälligen Tracht, herausgeputzte und leger gekleidete Kinder und auch viele unauffällig gekleidete Amerikaner und Europäer. Alle sind irgendwie als Adventisten erkennbar.
Eine herrliche Vielfalt!(Fotos: Daniel Gallardo/IAD, L&F-SAD, Steven Norman/NAD,Rohann/NAD, Rohann Wellington/NAD)
Die Straßen sind verstopft. San Antonio hat 1,3 Millionen Einwohner. Wenn an einem Sabbatvormittag etwa 65.000 Adventisten derart präsent sind, dann fällt das massiv auf. Was würde beispielsweise in Hamburg (1,8 Millionen Einwohner) passieren, wenn es dort 65.000 Adventisten gäbe? Sie wären immer noch eine kleine Minderheit, aber man würde sie nicht mehr übersehen können. Und sie würden einen Unterschied in der Stadt bewirken.
Vorredner mit ermutigenden Botschaften
Vor der Sabbatschule kommt der blinde Senatspräsident von Jamaika, Floyd Morris, mit seiner Frau auf die Bühne. Er erzählt, wie er durch ein Glaukom sein Augenlicht verlor, wie er fast am Leben verzweifelte, wie er dann die Adventisten kennenlernte und so zu Christus fand, wie er seine (sehende) Frau kennenlernte und wie er in die Politik ging. Es sei ein Vorteil für ihn, dass es so viele Adventisten in Jamaika gebe, dadurch spüre er weniger Anpassungsdruck in seiner Position. Er lobt die Adventgemeinde für ihre Arbeit in seinem Land, ruft zu weiterem Dienst für Menschen mit Behinderungen auf und erntet Applaus. Viele Adventisten aus der Karibik sind im Dome.
Floyd Morris (46) verlor das Augenlicht mit 23, wurde 1998 Jamaikas erster blinder Senatorund im Mai 2013 Senatspräsident. In Jamaika leben 283.000 Siebenten-Tags-Adventisten,das sind zehn Prozent der Bevölkerung. (Foto vom Freitag, 3.7.: Rohann/NAD)Links seine Frau, rechts John Graz, bis San Antonio Leiter für Öffentliche Angelegenheitenund Religiöse Freiheit der GK. (Mehr über Floyd Morris)
Mustafa Kemal Altan, ein gebürtiger Türke aus dem Nahost-Verband, erzählt bewegend, wie er vom Moslem zum adventistischen Christen konvertierte. Bereits vor seiner Bekehrung übersetzte er die Sabbatschulstudienhefte, und das tut er immer noch - für die 15-20 türkischen Gemeindeglieder! Er ermutigt dazu, für die Politiker in muslimischen Ländern zu beten, damit sie mehr Freiheiten zulassen.
Sabbatschule mit zwei Professoren
Nach ihm spricht Ted Wilson und wirbt für lebendige Sabbatschulen in unseren Gemeinden. Eine Kindergeschichte gibt es auch, sie wird in Form eines kleinen Animationsfilms erzählt.
Das Thema der Sabbatschule für die vergangene Woche (Abraham als Missionar) wird von Kathy Beagels und Felix Cortez (zwei Professoren an der Andrews-Universität) in Dialogform gehalten. Abraham hatte keine Botschaft, er selbst war die Botschaft. Darin ist er uns ein Vorbild. Wenn wir dem nacheifern wollen, müssen wir von Christus umgewandelt werden. Das geschieht dadurch, dass wir uns ihm anvertrauen und mit ihm leben.
Neben der Bühne hat sich ein großes Symphonieorchester samt Bläserchor niedergelassen und füllt die Pausen zwischen den Programmpunkten mit gut arrangierter Musik.
An beiden Sabbaten nimmt die Intensität der musikalischen Beiträgenoch zu! (Foto: Bryant Taylor/NAD)
Ehemalige GK-Mitarbeiter werden geehrt
Drei Divisionsvorsteher - darunter Mário Brito von der EUD - lesen nacheinander jeder einen Bibelvers, der mit dem Thema der heutigen Predigt von Ted Wilson zu tun hat. Alle GK-Vizepräsidenten und Divisionsvorsteher sitzen gemeinsam mit ihm auf der Bühne. Sie werden einzeln mit Applaus begrüßt. Den größten Beifall nach Ted Wilson bekommt Israel Leito, der Präsident der Inter-Amerikanischen Division, von seinen temperamentvollen Landsleuten aus der Karibik.
Willkommensgrüße am Sabbatmorgen.Ted und Nancy Wilson werden begeistert empfangen. Mário Brito, der neue Präsident der EUD, und seine Frau Maria-José werden vorgestellt.(Fotos: Karl-Heinz Walter/NDV)
Nun werden wichtige ehemalige GK-Mitarbeiter geehrt. Ted Wilson erwähnt seinen Vorgänger Jan Paulsen, der kurzfristig wegen einer familiären Angelegenheit nach Oslo fliegen musste. Via Skype ist Wilsons Vorvorgänger Robert Folkenberg zugeschaltet. Er ist erkennbar von Krankheit gezeichnet und begrüßt die Versammlung kurz. Ted Wilson spricht ein Gebet für ihn.
Robert Folkenberg (74, links) ist von Juli 1990 bis März 1999 GK-Präsident gewesen,er lebt nun in Florida.Clyde O. Franz, GK-Sekretär von 1970 bis 1980, ist 102 Jahre alt.Sein Führerschein ist für weitere drei Jahre verlängert worden! (Fotos: Rohann Wellington/NAD)
Er erwähnt auch lobend drei ehemalige GK-Sekretäre und drei ehemalige GK-Schatzmeister. Clyde O. Franz, GK-Sekretär in den 70er Jahren, wird per Skype zugeschaltet. Sein Alter sieht man ihm nicht an, er fährt weiterhin Auto und macht einen äußert rüstigen Eindruck. Er wirkt bestenfalls wie ein 80-Jähriger, ist aber ungelogen 102 Jahre alt.
Carol Barron leitete schon öfter das gemeinsame Singen, so auch heute. Sie ist ein Energiebündel auf der Bühne, sie explodiert fast, sie steht unter Strom wie eine Lokomotive, die alle mitzieht. Ich habe zwischenzeitlich ein wenig Angst um sie. Unter ihrer Leitung erklingt das Lied "Blast die Posaune" aus vielleicht 60.000 Kehlen.
Sie leitet häufig bei Großveranstaltungen das gemeinsame Singen: Carol Barron.Sie arbeitet im Büro der Nordamerikanischen Division. (Foto: Seth Schaffer) Sie dirigieren zu sehen, ist ein unvergessliches Erlebnis,wie eine Kostprobe von der GK-2010 in Atlanta zeigt. (Video: edp)
Die Predigt von Ted Wilson: "Durchquert den Jordan - weicht nicht zurück!"
Mittlerweile ist die Halle noch voller geworden, aber es sind einige Ränge frei geblieben. Es gibt noch mehrere Musikbeiträge vor der mit Spannung erwarteten Predigt von Ted Wilson. Wie programmatisch und wegweisend wird sie ausfallen? Enthält sie wieder ein paar Reizworte wie vor fünf Jahren? Sagt er etwas Neues?
Der Alamodome ist fast voll. Die Reihen mit den Delegierten und Besuchernaus der EUD auch. (Fotos: Karl-Heinz Walter/NDV)
G. T. Ng stellt uns Ted Wilson als jemanden vor, in dessen Adern "Präsidenten-Blut" fließt. Bereits sein Vater war von 1979 bis 1990 GK-Präsident. In einer humorvollen Rede vergleicht er Ted Wilson mit dem allerersten GK-Präsidenten John Byington und witzelt angesichts seiner drei Töchter und diverser Enkel über das Wachstum der Wilson-Familie.
Dann ergreift Ted Wilson das Wort. Er lobt die Stadt San Antonio für ihre Gastfreundschaft. Seine Predigt wird sicher rasch im Wortlaut verbreitet werden, sie trägt den Titel "Durchquert den Jordan - weicht nicht zurück" und enthält folgende Kernbotschaften:
- Jesus kommt bald!
- Wir sind aus Gnade erlöst.
- Wir sind Laodizea und pflegen ein lauwarmes Christentum. Wir brauchen deshalb eine Erweckung und Reformation für Familien, Gemeinden und die Städte, in denen wir leben.
- Die Zeichen der Wiederkunft nehmen zu.
- Gott hat Pläne für uns, er will uns im übertragenen Sinne ins gelobte Land führen. Geht mutig voran!
- Wir können uns auf Gottes Wort verlassen!
- Liebt die Bibel und die Schriften von Ellen White, lest täglich darin!
- Versteht die Bibel so, wie sie geschrieben steht!
- Unser Verständnis der Unterscheidungslehren ist richtig.
- Die Erinnerung an Gottes Werke in der Vergangenheit (unserer Kirche) ist wichtig.
- Gott hat die Adventgemeinde geführt und wird sie auch in Zukunft führen.
- Wir sind lebendige Steine, Zeugnisse für Gottes Wahrheit.
- Alle Adventisten sollen sich in die Erfüllung des Auftrags der Gemeinde einbringen, vor allem als unser Zeugnis nach außen: Jugendliche, Familien, Berufstätige, Pastoren, Lehrer, Gesundheitsexperten etc.
- Passt eure Methoden an, aber evangelisiert!
- Seid in der Mission vereint!
- Vermeidet allen Medienkonsum, der uns von Christus ablenkt! (Starker Applaus)
- Legt unterschiedliche Sichtweisen beiseite, misstraut einander nicht, erhebt euch nicht übereinander, arbeitet zusammen.
- Achtet auf Menschen mit Behinderungen oder anderen besonderen Bedürfnissen und bringt ihnen die Botschaft.
- Jesus ist unser Fels, unsere Erlösung hängt nur von ihm ab, er ist der Mittelpunkt der dreifachen Engelsbotschaft.
- Verwendet nicht den Namen "Jesus" und ignoriert dann seine Lehren. Vermeidet Gesetzlichkeit, Mystizismus, Oberflächlichkeit, Emotionalismus, Formalismus, Skeptizismus und moderne Theologie!
- Nehmt die Gesundheitsbotschaft an und gebt sie weiter!
- Christus kommt bald! Wir wollen uns in die Hände Jesu legen.
"Durchquert den Jordan - weicht nicht zurück",dieser Aufruf zieht sich durch die 60-minütige Predigt von Ted Wilson. (Foto: Karl-Heinz Walter/NDV)