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Sollten Christen ihre Organe spenden?

("Adventisten heute"-Aktuell, 6.3.2015) Die Spende lebenswichtiger Organe ist nur zulässig, wenn der Tod des möglichen Organspenders festgestellt ist. Eine Mehrheit im Deutschen Ethikrat ist der Ansicht, dass der Hirntod - das unumkehrbare Erlöschen aller Hirnfunktionen - dafür ein geeignetes Kriterium ist. Sollten Christen auf dieser Grundlage unbekümmert ihre Organe spenden?

PRO

(Stephan Holthaus)
Ja, Christen können guten Gewissens Organe spenden, denn:

  • Spenden ist eine zutiefst christliche Tat. Seine Organe sterbenskranken Menschen zur Verfügung zu stellen, kann gerade ein Inbegriff christlicher Nächstenliebe sein.

  • Wann ein Mensch endgültig tot ist, war immer umstritten. Bis jedes Leben aus der letzten Zelle entwichen ist, vergehen Stunden. Wichtiger ist die Frage, wann der Tod unumkehrbar eingetreten ist. Hier ist der Hirntod eine begrenzte, aber die derzeit beste Todesdiagnose.

  • Der gesamte Ethikrat hat einmütig festgestellt, dass es derzeit keine Verpflichtung gibt, Hirntote weiter zu behandeln. Das müsste man aber, wenn sie eigentlich gar nicht tot sind. Anderenfalls wäre das Abstellen der Maschinen die Tötung eines Menschen. Das behauptet keiner.

  • Selbst die Kritiker der Hirntoddiagnostik haben nichts gegen die Entnahme von Organen nach Hirntodfeststellung, wenn sie dem Willen des Spenders entspricht. Das ist die eigentliche Sensation der Stellungnahme des Ethikrates.

  • Voraussetzung für eine legitime Organspende ist, dass auf den Spender kein Druck ausgeübt wird, kein Geld fließt, mit dem Körper des Verstorbenen pietätvoll umgegangen und die Verteilung der Organe vor möglichem Missbrauch geschützt wird. Hier sind Gesetzgeber, Aufsichtsbehörden und medizinisches Personal gefragt.


Etwa 15.000 Menschen stehen derzeit auf der Warteliste von "Eurotransplant". Jetzt schon ist klar, dass viele Kranke vergeblich warten. Gegner der Organtransplantation sollten endlich den Mut aufbringen, diesen Menschen zu erklären, warum Organspende unethisch ist. Meine Erfahrung: Jeder Kritiker der Organspende denkt um, wenn er selber oder ein naher Angehöriger betroffen ist.

Stephan Holthaus ist Prorektor der Freien Theologischen Hochschule Gießen und Direktor des Instituts für Ethik & Werte.


KONTRA

(Werner Neuer)
Die Frage muss in den meisten Fällen leider verneint werden: Denn abgesehen von dem Fall der freiwilligen Lebendspende eines paarigen Organs (wie der Niere), der als "Akt der Liebe" sogar ethisch zu begrüßen ist, werden die Organe meist einem "hirntoten" Spender entnommen. Der sogenannte Hirntod aber ist mit Sicherheit nicht der Tod des Menschen: Der international unterschiedlich definierte "Hirntod" wird in Deutschland diagnostiziert, wenn zwei Ärzte unabhängig voneinander das voraussichtlich definitive Erlöschen aller Funktionen des Groß-, Klein- und Stammhirns feststellen. Damit ist zwar bei einer (leider nicht immer gegebenen!) richtigen Diagnose der Sterbeprozess eröffnet, aber noch keineswegs der Tod eingetreten, wie eine Minderheit des Ethikrates zu Recht klargestellt hat. Der Körper des "Hirntoten" ist biologisch sogar eindeutig noch am Leben: Denn mit Hilfe der Intensivmedizin sind z.?B. das Herz-Kreislauf-System, die Funktionen von Leber und Nieren, Wundheilung und Immunabwehr sowie die Zellatmung noch intakt. Selbst erfolgreiche Schwangerschaften sind nach der Studie des Ethikrates nicht ausgeschlossen!
Aus diesen eindeutigen Lebenszeichen ergibt sich: Der "Hirntod" kann als "Tod bei lebendigem Leib" nicht der wirkliche, Seele und Leib betreffende Tod des Menschen sein! Der tritt in der Transplantationsmedizin erst durch die Organentnahme ein, die daher ethisch als Tötung bewertet werden muss, obwohl sie in bester Absicht (zur Rettung von Schwerkranken) und mit Zustimmung des Patienten erfolgt. Denn auch der durch den "Hirntod" eröffnete Sterbeprozess ist noch Teil des schutzwürdigen Lebens und darf nicht durch operative Herbeiführung vorzeitig beendet werden. Aus christlicher Sicht ist daher eine auf "Hirntod" beruhende Organtransplantation ethisch nicht zu bejahen.


Werner Neuer ist Dozent für Dogmatik und Ethik am Theologischen Seminar St. Chrischona (Bettingen bei Basel. (idea)

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