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Singen, tanzen, Hände falten

Gebet – in welcher Form auch immer – ist Gemeinschaft und schafft Gemeinschaft, mit Gott und den Mitmenschen. (Foto: Jack Sharp/ unsplash.com)

Zum siebten Mal fand am 20. Januar der „Eins in Christus“-Gebetstag in Berlin statt. Hunderte Berliner Christen beteten gemeinsam mit- und füreinander. Was sonst trennt, spielte keine Rolle bei den Gebetsangeboten von Tanz bis Prophetie. Lydia Schubert war für IDEA vor Ort.

In der freikirchlichen Pfingstgemeinde „Equippers“ (Ausrüster) herrscht an diesem Samstag reges Treiben. Zahlreiche Besucher haben sich auf den Weg gemacht, um dort miteinander den Schatz des Gebets (neu) zu entdecken. Es herrscht eine herzliche Atmosphäre, viele kennen sich. Ob Frei- oder Landeskirche, katholisch oder orthodox spielt hier keine Rolle. Das Anliegen auf dem Handzettel zum Gebetsevent wird förmlich spürbar: „Es gibt so vieles, was uns trennen kann. Wir aber wollen das suchen, was uns eint: Jesus Christus!“

Veranstaltet wird der Gebetstag „Eins in Christus“ vom überkonfessionellen Netzwerk „Gemeinsam für Berlin“ (GfB) sowie der Evangelischen Allianz in Berlin, dem Ökumenischen Rat Berlin-Brandenburg (ÖRBB) und dem Internationalen Konvent christlicher Gemeinden in Berlin und Brandenburg. Ausschlaggebend für das Angebot waren die rückläufigen Besucherzahlen beim Abschlussgottesdienst der Allianzgebetswoche, wie GfB-Leiterin Andrea Meyerhoff erklärt: „Außerdem hatten wir von ‚Gemeinsam für Berlin‘ schon lange den Wunsch nach einem Gebetstreffen, das die Vielfalt der Kirchen der Stadt widerspiegelt.“ Die Teilnehmerzahlen geben dem Konzept recht: Um die 600 Menschen aus 100 Gemeinden und den verschiedensten Nationalitäten kommen jedes Jahr zusammen.

Der Heilige Geist und mein linkes Knie

Den Start bildet ein gemeinsamer Gottesdienst. Das erste Grußwort kommt vom Lichtenberger Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU). Als „doppeltes Heimspiel“ bezeichnet der Berliner und ehemalige Baptistenpastor seine Teilnahme am Gebetstag. Er ruft dazu auf, als Christen trotz aller Unterschiede zusammenzustehen „und gemeinsam auch für unsere jüdischen Geschwister einzutreten“. Der griechisch-orthodoxe Bischof Emmanuel von Christoupolis erinnert in seiner Predigt an die große Bedeutung der Liebe – zu Gott, den Mitmenschen und uns selbst. Für das anschließende Vaterunser kommen Vertreter verschiedener Muttersprachen auf die Bühne und sprechen das Gebet gemeinsam.

Nun geht es in die Praxis. Rund 20 verschiedene Gebetsangebote in sechs Sprachen stehen in den je halbstündigen Blöcken zur Auswahl. Für meine erste Station entscheide ich mich für Raum 3: „Tanz“. Außer mir trauen sich noch neun Frauen und ein Mann. Gebetsleiter ist Shaw Coleman, der Gründer der Künstlerinitiative „The Limelight Collective“, ein Projekt der Heilsarmee. Er startet mit einigen Lockerungsübungen. Während wir Schultern und Kopf kreisen, erzählt er, wieso Tanz ein künstlerischer Zugang zum Gebet sein kann. „Gott wurde Mensch. Wir können ihn mit unserem menschlichen Körper spüren“, sagt Coleman. In der ersten Übung geht es darum, mit geschlossenen Augen bei gregorianischer Musik in sich hineinzuspüren. „Wo wird dir der Heilige Geist heute begegnen? In deinem linken Knie, in deiner Schulter?“, gibt Coleman Anregungen. Als Nächstes ermutigt er, eine für uns bislang ungewohnte Gebetshaltung einzunehmen. Einige gehen auf die Knie, andere heben die Hände. „Demütig“ beschreiben die Knienden das neue Gefühl, „wie eine Verbindung nach oben“ die Händeheber. Den Abschluss bildet eine Partnerübung: Jeder soll dem anderen ein aktuelles Fürbittanliegen vortragen – jedoch nur mit Gesten. Es folgt der Gebetstanz, in dem man sich gegenseitig symbolisch mit dem Segen Gottes übergießt, Ermutigung zuwinkt oder mit guten Wünschen umkreist.

Hörendes Gebet für den Nächsten

Nun aber schnell die Schuhe wieder angezogen und weiter geht’s. Da ich Raum 14 (Kreatives Gebet) nicht schnell genug finde, betrete ich den Raum „Hörendes Gebet“. Hierbei werden in kleinen Gruppen im stillen Gebet spontan Eindrücke, Bilder oder Bibelverse für eine andere Person aus der Gruppe gesammelt. Für mich eher ungewohnt, aber vielleicht ist gerade der Tag heute eine gute Gelegenheit, auch mal Neuland zu betreten. In den Gruppen gehen Zettel rum, auf denen jeder anonym die Gebetseindrücke für eine Person aufschreiben kann. Am Schluss hat jeder seinen individuellen Zettel mit den Eindrücken – die es zu prüfen gilt, wie die Gebetsleiter betonen.

Von Müllproblem bis Wahlwiederholung

Nach so viel kreativ-geistlichen Eindrücken wähle ich als letzte Station das politische Gebet. Angeboten wird es von der GfB-Gruppe Forum Gebet, die getreu dem biblischen Auftrag aus 1. Timotheus 2,1ff. jeden zweiten Mittwoch für die Berliner Senatoren, aktuelle Probleme und weitere lokale Themen betet. „Dass beispielweise fast alle Berliner Politiker sich in der aktuellen Debatte klar für Israel positioniert haben, sehen wir als klares Zeichen, dass Gebet wirkt!“, ist die Verantwortliche Wiebke Drewes überzeugt. Für alle Neulinge hat sie einen Handzettel mit verschiedenen aktuellen Gebetsanliegen zusammengestellt. Eine junge US-Amerikanerin betet mit mir zweisprachig für die Obdachlosen Berlins, das Müllproblem und die anstehende Wahlwiederholung. Denn wegen zahlreicher Pannen bei den Wahlen 2021 in Berlin muss die Bundestagswahl in einigen Bezirken der Hauptstadt wiederholt werden.

Gemeinsam beten gibt Zuversicht

Von GfB-Leiterin Andrea Meyerhoff erfahre ich schließlich, dass gut 100 Personen an der Vorbereitung und Umsetzung des Gebetstags und dem anschließenden Lobpreisabend der „Young Adults United“ (Junge Erwachsene vereint) mitgewirkt haben. Viele neue Begegnungen und manche Beziehungen seien durch das Treffen entstanden. Auch ich habe an diesem Tag neu erfahren: Gebet – in welcher Form auch immer – ist Gemeinschaft und schafft Gemeinschaft, mit Gott und den Mitmenschen. In Zeiten der zunehmenden Vereinsamung ist das eine Hoffnung schaffende Perspektive.


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