("Adventisten heute"-Aktuell, 18.4.2014) Der russische Staatspräsident Wladimir Putin gilt in seiner Heimat als "eine Art Heilsfigur". Das berichtet der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ural, Sibirien und Fernen Osten (ELKUSFO), der schwäbische Pietist Otto Schaude (Omsk/Reutlingen), in einem Gespräch mit dem in Stuttgart erscheinenden Monatsblatt "Gemeinschaft". Es wird von dem württembergischen Gemeinschaftsverband "Die Apis" herausgegeben. Der 69-jährige Schaude leitet seit 2010 das größte lutherische Bistum der Welt, das sich vom Ural bis zum Pazifik über sieben Zeitzonen erstreckt. Er beobachtet ein starkes Nationalgefühl und eine Sehnsucht nach Größe und Weltmacht, die Putin in seinem Auftreten verkörpere. Der Präsident sei sehr klug und nehme die "inneren Bedürfnisse" vieler Russen auf.
Verlust der Weltmachtstellung nicht verkraftet
Über den früheren Staatspräsidenten Michail Gorbatschow, der Ende der 80er Jahre mit der Politik der Glasnost (Offenheit) und der Perestroika (Umbau) das Ende des Kalten Krieges einleitete, höre man nirgends etwas Positives: "Er gilt als der Totengräber von Russlands Größe." Den Verlust der Weltmachtstellung unmittelbar nach dem Zerfall der Sowjetunion hätten die meisten noch nicht verkraftet. Der starke Beifall für Putin zeige, dass vielen Russen die Stärkung der eigenen Größe wichtiger sei als gute Beziehungen zu den USA und den meisten NATO-Staaten. Eine Ausnahme bilde Deutschland, das wegen seines Fleißes, seiner Tatkraft und Sachkenntnis sehr geachtet und teilweise sogar bewundert werde. Geschätzt werde auch die Verlässlichkeit vor allem als wirtschaftlicher Partner: "Man weiß, dass man Deutschland viele Hilfsaktionen zu verdanken hat." Das gelte besonders stark für die Kirchenmitglieder, so Schaude.
Freude über die "Rückkehr" der Krim
Zur Krise um die Krim sagte der Bischof, dass in Russland die Freude über die "Rückkehr" der Halbinsel riesengroß sei. Von "Annexion" spreche niemand. Man sehe eine gerechte Wiederherstellung eines rechtmäßigen historischen Gebietes. Es werde auch der Begriff "Wiedervereinigung" verwendet und die Ereignisse auf der Krim mit der friedlichen Wende in Deutschland verglichen. Aufgrund dieser Argumentation sei es nicht unwahrscheinlich, dass auch andere Gebiete in den Blick genommen würden.
Sibirien: 150 lutherische Gemeinden
Schaudes Kirche hat etwa 4.000 Mitglieder in rund 150 Gemeinden. Sie werden von 15 Pastoren betreut. Sitz der Kirchenleitung ist die sibirische Gebietsmetropole Omsk mit 1,3 Millionen Einwohnern. Von den 142 Millionen Einwohnern Russlands gehört etwa ein Viertel zu einer Kirche. Die russisch-orthodoxe Kirche hat rund 35 Millionen Mitglieder. Etwa 100 Millionen Einwohner bezeichnen sich als orthodox, weil sie die Volkszugehörigkeit mit der Konfession gleichsetzen. Daneben gibt es 500.000 Katholiken, 200.000 Lutheraner, jeweils150.000 Baptisten und Charismatiker, 120.000 Pfingstler und 70.000 Adventisten. (idea)