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Rücktritt: Kirchenvertreter zollen Wulff Respekt

("Adventisten heute"-Aktuell, 17.2.2012) Mit Respekt haben Vertreter aus Kirche und Politik auf den Rücktritt Christian Wulffs vom Amt des Bundespräsidenten reagiert. Mit der Entscheidung, die Wulff am 17. Februar im Berliner Schloss Bellevue bekanntgab, zog er die Konsequenz aus wochenlangen Vorwürfen; zudem hatte die Staatsanwaltschaft Hannover am 16. Februar beantragt, Wulffs Immunität aufzuheben, um ein Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme und -gewährung einleiten zu können.

"Folgerichtig und befreiend" (Nikolaus Schneider)

Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider (Düsseldorf) bezeichnete Wulffs Schritt als "folgerichtig und befreiend". Er verschaffe ihm die notwendige Freiheit, mit den Vorwürfen und deren Überprüfung angemessen umzugehen. So gewinne das Amt an der Spitze des Staates seine Gestaltungsmöglichkeiten zurück. Die Frage nach Schuld oder Unschuld sei damit jedoch nicht beantwortet, betonte Schneider. Dies zu klären, sei Aufgabe der Justiz. Der Ratsvorsitzende würdigte Wulffs Engagement für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Dazu habe auch dessen Rede zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2010 in Bremen gehört, "bei der er deutlich gemacht hat, dass der Islam durch die vielen Menschen muslimischen Glaubens, die heute in Deutschland leben, selbstverständlich zu unserem Land und unserer Lebenswirklichkeit gehört". Dass er bei einem Staatsbesuch in der Türkei gleichermaßen die Zugehörigkeit des Christentums zu diesem Land betont habe, "war ein wichtiges Zeichen für die Christinnen und Christen in der Türkei, denen Rechte der Glaubensfreiheit nach wie vor verwehrt sind", so Schneider.

Losung: "Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den Herrn"

Wie er weiter erklärte, gelte das biblische Losungswort der Herrnhuter Brüdergemeine für diesen Tag "Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den Herrn" (Psalm 40,5), nicht nur für den zurückgetretenen Bundespräsidenten und seine Familie, sondern für ganz Deutschland: "Es macht nämlich deutlich, dass es in allen politischen Erwägungen und notwendigen Auseinandersetzungen eine Orientierung an Gottes Wort, an seinem Recht und seiner Gerechtigkeit gibt, die eine Wohltat für die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker und für unser Land sind."

Bischofskonferenz: Den Kirchen stets mit Wohlwollen begegnet

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), dankte Wulff für seinen vielfältigen Einsatz zum Wohl Deutschlands. Als Bundespräsident sei der Katholik Wulff "den christlichen Kirchen stets mit Interesse und Wohlwollen begegnet". Er habe Papst Benedikt XVI. nach Deutschland eingeladen und ihn mit großer Warmherzigkeit aufgenommen. Wulff persönlich und seiner ganzen Familie wünscht Zollitsch "die Kraft und Unterstützung, die nach den Ereignissen der vergangenen Wochen und der heutigen Entscheidung menschlich nötig sind".

Allianzvorsitzender: Wulffs Krisenmanagement war unprofessionell

Der Rücktritt des Bundespräsidenten sei "leider unvermeidlich" gewesen, erklärte der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbands (Vereinigung Landeskirchlicher Gemeinschaften) und ehrenamtliche Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener (Kassel), gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. "Herr Wulff hat sich in zu viele Situationen begeben, die daran zweifeln lassen, ob er sein Amt wirklich unabhängig und fern jeglicher persönlichen Vorteilsnahme weiter würde wahrnehmen können." Alles andere als professionell sei auch das Krisenmanagement seit Bekanntwerden der ersten Vorwürfe gewesen. Diener: "Die mit diesem ersten Amt im Staate verbundene Vorbildfunktion hat der nun zurückgetretene Bundespräsident meines Erachtens falsch eingeschätzt." Doch auch die Rolle der Medien - "allen voran der Bild-Zeitung" - bleibe undurchsichtig. Diener würdigte, dass Wulff sich deutlich für Integration und gegen Rechtsextremismus in Deutschland eingesetzt habe. "Nicht zuletzt bin ich ihm bleibend dankbar, dass er sich auch nicht gescheut hat, seine Verwurzelung im christlichen Glauben öffentlich mit einzubringen und dass er christliche Organisationen, wie etwa ProChrist, auch gegen Widerstand, unterstützt hat." (idea)




Wer reines Herzens ist, der werfe den ersten Stein

Ein Kommentar von Klaus-J. van Treeck zum Rücktritt des Bundespräsidenten
Unser Bundespräsident ist heute von seinem Amt zurückgetreten. Nun hat er doch noch die Konsequenzen aus der nicht enden wollenden Liste von Vorwürfen und Enthüllungen gegen seine Person und sein Verhalten gezogen.
Zu Recht erwarten wir von unserem Staatsoberhaupt ein ethisch und moralisch hochstehendes Verhalten. Wer denkt, die Vergangenheit habe keine Bedeutung, der sieht sich wieder einmal getäuscht. "Glücklich sind" eben, "die ein reines Herz haben", hat Jesus bereits gesagt (Matthäusevangelium 5,8 Bibel "Hoffnung für alle"). Das hat sich auch jetzt wieder bestätigt. Doch Hand aufs Herz: Wer hat da wirklich eine weiße Weste? Glauben wir nicht alle, dass eine Hand die andere wäscht? Haben wir nicht auch die Erfahrung gemacht, dass oft nur Vitamin "B" den Weg zum Erfolg öffnet? Was "alle" tun, muss aber nicht zwangsläufig richtig sein.
Ernsthaft frage ich mich, wer da das Recht hat, den ersten Stein auf Familie Wulf zu werfen. Und da sind echte Brocken geflogen. Ein bisschen mehr Mitmenschlichkeit und Anstand hätte manchem gut getan.
Bleibt die spannende Frage, ob wir einen neuen Kandidaten oder eine neue Kandidatin für das höchste Amt in Deutschland finden werden. Die ethische und moralische Messlatte ist hoch aufgelegt. Doch wer ist wirklich reines Herzens? Es sind die, die um ihre Schwächen wissen und selbst darüber trauern. Denn sie sollen durch Gott getröstet werden. Diesen Trost wünsche ich Herrn Wulf und seiner Familie. Und allen, die sich nach einem reinen Herzen sehnen.

Pastor Klaus-J. van Treeck (Hannover) ist Präsident der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Norddeutschland.

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