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PRO & KONTRA: Waffen an die Ukraine liefern?

Die berühmte verknotete Pistole von Carl Fredrik Reuterswärd vor dem UNO-Hauptsitz in New York. (Foto: Rainer Sturm/ pixelio.de)

Der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine ist der größte in Europa seit Ende des Kalten Krieges. Die Ukraine fürchtet eine Invasion und bittet den Westen um Waffen. Die USA und Großbritannien liefern bereits. Sollte auch Deutschland Waffen an die Ukraine liefern?

PRO

Der Mann im Kreml hat sich verzockt. Er wollte die NATO demütigen, indem er ihr ein Diktat auferlegt. Aber die NATO ist so einig wie seit Jahren nicht. Wie sollte man auch jemandem trauen, der sich als neuer Zar 1999 bei Jelzin empfahl, indem er mit maximaler Brutalität die Tschetschenen wieder unters russische Joch zwang. Der eine Reihe von Konflikten unterhält – z.B. in Moldawien –, die er wie Schieberegler bedient, um Nachbarvölkern seinen Willen aufzuzwingen. Der 2008 gleich doppelt in Georgien einfiel und Krieg führte. Der an der Seite von Baschar al-Assad, dem Schlächter von Damaskus, Krieg gegen dessen Bevölkerung führt. Mit der niederträchtig kalkulierten Folge, dass die Flüchtlinge nicht nur die Nachbarländer wie den Libanon destabilisieren, sondern auch mit über einer Million Flüchtlingen die EU vor eine gigantische Herausforderung stellt. Der vor unseren Augen erstmals die europäische Nachkriegsordnung von 1945 störte, indem er die Grenzen, die unter dem Druck der Sowjetunion und Stalin in Potsdam zugunsten Russlands gezogen worden sind, einseitig veränderte durch die Eroberung der Krim und der Ostukraine.

Die Ukraine braucht Verteidigungswaffen gegen den Zaren aus Moskau! Auch und gerade aus Deutschland, das die Ukraine 1939 überfiel und allein in Babyn Jar in zwei Tagen im September 1941 über 33.000 Menschen tötete. Das als Grund zu nennen, die Ukraine dem Angriff der Russen unter Putin zu überlassen und nur 5.000 Helme gegen die russische Luftwaffe zu liefern, ist an Zynismus nicht zu überbieten. Die Rolle der orthodoxen Kirche Russlands in dieser Situation lässt einen scham- und zornrot werden. Denn sie hält weiter Fürbitte für Putin. Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord hatte schon recht, als er sagte, dass, wenn Russland auftaut, man es in ganz Europa riechen wird. Es stinkt gen Himmel, was Putin macht.

(Der Autor, Steffen Reiche, ist Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Nikolassee in Berlin. Er war Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei der DDR und von 1994 bis 2004 Minister der SPD in Brandenburg.)

KONTRA

Es ist erschreckend zu sehen, wie der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland immer weiter eskaliert und die Gefahr eines Krieges immer größer wird. Hier muss alles getan werden, damit ein solcher Krieg verhindert wird, der unsägliches Leid über die Menschen, besonders in der Ukraine, bringen würde.

Keine Lösung in diesem Konflikt ist es, Waffen an die Ukraine zu liefern. Dies würde nur zu einer weiteren Eskalation des Konfliktes führen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass Rüstungsexporte in Krisenregionen nicht zu einer Stabilisierung beitragen, sondern dass sie nur ein deutliches Eskalationsrisiko bedeuten. Sie führen auf beiden Seiten zu einer weiteren Aufrüstung und zu neuen Bedrohungsszenarien. Das gilt es zu verhindern.

Darum unterstütze ich nachdrücklich die Position der Bundesregierung, keine Waffen an die Ukraine zu liefern und stattdessen nach Verhandlungslösungen zu suchen. Hier könnte die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) eine wichtige Rolle spielen. Denn so, wie damals die „Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (KSZE) Gräben überwunden und Konflikte verhindert hat, könnte vielleicht ein neuer OSZE-Prozess helfen, hier Lösungen zu finden. Und ein Deutschland, das keine  Waffen liefert, könnte dabei eine wichtige Rolle als Vermittlerin spielen.

Lasst uns aufhören, nur noch auf eine Kriegsrhetorik zu hören. Sondern lasst uns alle Aspekte des Konfliktes in den Blick nehmen, um zu einer friedlichen Lösung zu gelangen. Dazu gehört es auch, die Sicherheitsinteressen Russlands nüchtern zu betrachten und gleichzeitig die Sorgen der Bevölkerung in der Ukraine ernst zu nehmen.

(Der Autor, Friedrich Kramer, ist seit Januar neuer Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er ist seit 2019 Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland.)


Kommentare
  • Historische Defizite

    Die Krim wurde der Ukraine erst in den 1960igern durch den Ukrainer Chruchtschow geschenkt. Diese gehörte seit Eroberung durch Katharina die Große den Russen. Was hat das mit Stalin und einer Nachkriegsordnung zu tun? Die Soviets hatten die Krim sowie die Urkaine im 2ten Weltkrieg von den Nazis befreit. Beide gehörten zuvor zu Russland unter den Zaren und zu den Soviets unter den Kommunisten. Wie hat Stalin hier zu seinen Gunsten verhandelt? Alles was die Rote Armee bis zum Kriegsende erobert hatte, inkl. Ostdeutschlands fiel den Soviets zu. Das war die Nachkriegsordnung die durch Gorbatschow aufgelöst wurde.

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