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Norddeutsche Adventisten beschließen Umsetzung der gleichberechtigten Ordination von Pastorinnen

Teilnehmer der virtuellen Sitzung des NDV-Leitungsgremiums. (Foto: © Screenshot NDV Stephan Brass)

In seiner turnusmäßigen Sitzung am 25. April hat das Leitungsgremium der überregionalen Kirchenleitung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Nord- und Ostdeutschland (Norddeutscher Verband/NDV) beschlossen, die gleichberechtigte Ordination von Männern und Frauen im pastoralen Dienst endgültig durchzuführen. Die Umsetzung der bereits 2012 gefassten Entscheidung war aus kirchenpolitischen Gründen mehrfach verschoben worden.

Beschlussfassung

Mit dem Beschluss der virtuellen Sitzung des Leitungsgremiums des NDV ist eine bereits 2012 getroffene Entscheidung der Synode des NDV umgesetzt worden. Der aktuelle Beschluss lautet: „die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Norddeutscher Verband, ordiniert ab sofort Männer und Frauen zum weltweiten Predigtamt, wie es die Delegiertenversammlung [Synode] der Freikirche im NDV 2012 beschlossen hat. Pastorinnen und Pastoren, die seit 2012 aufgrund der vom NDV-Verbandsausschuss [Leitungsgremium] beschlossenen Interimslösung eine „Segnung“ erhalten haben, erhalten rückwirkend die Beurkundung zur „Ordination“. Der Beschluss wurde mit 24 Ja- und 2 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen getroffen.

Hintergrund

Nach den Worten von Pastor Johannes Naether, Präsident des NDV, wurde der damalige Beschluss von 2012 nicht umgesetzt, weil es zum einen keine Pastorinnen im Gebiet des NDV gab, die zu dieser Zeit eine Ordinationsempfehlung bekommen hätten. Zum anderen wurde 2013 eine theologische Arbeitsgruppe (Theology of Ordination Study Committee/TOSC) eingesetzt, um an dem Thema Ordination der Frau zu arbeiten. Der NDV wollte dieser aus kirchenpolitischen Erwägungen nicht vorgreifen. Schließlich sollte als ein Ergebnis aus der Arbeit von TOSC auf der Weltsynode der Adventisten 2015 in San Antonio ein Antrag gestellt werden, den teilkontinentalen Kirchenleitungen (Divisionen) die Freiheit zu geben, Frauen als Pastorinnen zu ordinieren. Auch hier wollte der NDV der Vollversammlung mit der Möglichkeit eines positiven Votums nicht vorgreifen. Dieser Antrag erhielt 2015 in San Antonio allerdings keine Mehrheit.

Unter Abwägung der Entscheidung von 2012, der Wahrung der Einheit der Weltkirche und als Zeichen des Entgegenkommens beschloss das NDV-Leitungsgremium im Jahre 2016 in einer Grundsatzentscheidung, Männern und Frauen ohne Unterschied eine Beauftragung in Form der „Segnung“ zuzusprechen. Mit dieser Interimslösung sollten Pastorinnen und Pastoren im Gebiet des NDV gleichermaßen eine „Segnung“ durch Handauflegung nach biblischem Vorbild erhalten.

Verwarnung des NDV durch die Weltkirchenleitung

Naether erläuterte weiter, dass der NDV feststellen musste, dass diese Kompromisslinie durch den Weltkirchenvorstand (Generalkonferenz/GK) auf Ablehnung stieß und zu einer Verwarnung durch den Exekutivausschuss der GK führte, obwohl sich der NDV mit seiner Entscheidung von 2016 im Rahmen der Kirchenverfassung (Working Policy/WP) befand. Daraus resultierte ein Antrag im Dezember 2019 an das NDV-Leitungsgremium, „den Beschluss von Geseke (2012), „Frauen zu ordinieren“, in der Zukunft umzusetzen bzw. rückwirkend zu beurkunden. Dieses Anliegen wurde jedoch mit Blick auf die ein halbes Jahr später geplante Weltsynode bis auf die Zeit danach verschoben. Die Pandemie brachte diese Zeitpläne durcheinander, sodass die Weltsynode zweimal verschoben wurde und jetzt für Mai 2022 geplant ist.

Plädoyer für Gerechtigkeit und Gleichbehandlung

Da aktuell „die entscheidenden Botschaften zu diesen Themen außerhalb von Kirche, meistens durch zivilgesellschaftliches Engagement“ kämen, so Naether, „sollten wir lernen, das eigene System liebevoll, aber mutig zu erschüttern und nicht nur nach einem bekannten Schema zu handeln.“ Damit kam der Antrag von Dezember 2019 wieder auf die Agenda, Frauen für das weltweite Predigtamt zu ordinieren und „sich für biblisch angelegte Werte wie Gerechtigkeit und Gleichbehandlung einzusetzen“. Dies wertete Naether als „wertvollen Beitrag für die Entwicklung seiner Kirche“ und es entspreche auch reformatorischem Denken.

Hinweis auf die Situation der Weltkirche

Der anwesende Leiter der teilkontinentalen adventistischen Kirchenleitung für die Region West- und Südeuropa (Inter-Europäische Division/EUD), Pastor Mario Brito, verfolgte die engagierte Debatte und bat die Teilnehmer der Sitzung, die Situation der Weltkirche nicht aus den Augen zu verlieren. „Ich bin nicht dagegen, dass die Frauenordination in Europa durchgeführt wird, während andere Teile der Welt sich dafür entscheiden können, dies nicht zu tun. Meine Sorge ist, dass wir das gegen eine Entscheidung der Weltsynode tun. Es wird einen Präzedenzfall schaffen, der sogar in unserer eigenen Region gegen uns verwendet werden wird.“ Er empfahl, die Entscheidung zu überdenken.

Gefragt nach den möglichen Konsequenzen dieser Entscheidung, entgegnete Naether: „Ich weiß es nicht. Wir brauchen (aber) ein Standbein für Stabilität und ein Spielbein zum Erobern von Möglichkeitsräumen, für die Entwicklung ins Offene hinein, in das Einzugsgebiet des Heiligen Geistes.“

Norddeutscher Verband (NDV)

Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Deutschland besteht aus den überregionalen Kirchenleitungen in Nord- und Ostdeutschland (Norddeutscher Verband/NDV) mit Sitz in Hannover sowie in Süddeutschland (Süddeutscher Verband/SDV), mit Sitz in Ostfildern bei Stuttgart. Zum NDV mit knapp 19.000 Mitgliedern und 338 Kirchengemeinden und Gruppen gehören die regionalen adventistischen Kirchenleitungen (Körperschaften des öffentlichen Rechts/KdöR) in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Weltweit gibt es fast 22 Millionen Adventisten in über 169.000 Kirchengemeinden und Gruppen (Annual Statistical Report 2020).


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