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Museum gibt russlanddeutscher Geschichte ein Gesicht

("Adventisten heute"-Aktuell, 9.9.2011) Das bundesweit einzige Museum zur Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen in Detmold hat nach einer Erweiterung seine Pforten wieder geöffnet: Unter dem Motto "Ausgepackt. Geschichte und Gegenwart der Deutschen aus Russland" bietet das Museum auf 500 Quadratmetern Objekte aus dem täglichen Leben, Dokumente, Kunstwerke und Schautafeln. "Viele dieser Gegenstände haben Russlanddeutsche bei ihrer Ausreise in ihren Koffern mitgebracht", sagte die Museumsleiterin, die Historikerin Katharina Neufeld, gegenüber idea. Zu diesen persönlichen Schätzen gehören Musikinstrumente wie Geigen und eine Zitter oder alte Fotografien.

In Russland unter Verschluss

Die Vergangenheit der Russlanddeutschen sei hierzulande vielen unbekannt. Aber auch die in Russland geborenen Deutschen würden oft nur Auszüge ihrer eigenen Familiengeschichte kennen. "Dokumente und Texte waren in Russland unter Verschluss", so Neufeld. Die Geschichte der Deutschen in Russland sei bis Anfang der neunziger Jahre tabuisiert gewesen. In Deutschland habe es ebenfalls an Literatur dazu gefehlt. Neufeld: "Es gab Informationen, aber der Zugang dazu war schwierig. Deshalb freue ich mich besonders, dass wir mit dem Museum jetzt einen großen Kreis von Interessierten erreichen."

Zahl der Ausstellungsstücke wächst

Gegründet wurde das Museum 1996 durch den Gymnasiallehrer Otto Hertel (Detmold). Dessen private Sammlung sowie Kunstwerke des Bildhauers Jakob Wedel (Schieder-Schwalenberg bei Detmold) bildeten den Ausgangspunkt der Ausstellung auf dem Gelände der August-Hermann-Francke-Schulen in Detmold. Dort befinden sich neben dem Museum eine Bibliothek sowie ein Archiv und ein Depot für die Lagerung von Dokumenten und historischen Gegenständen. Museumsträger ist der 2002 gegründete Museumsverein für russlanddeutsche Kultur und Volkskunde. Neben den von Aussiedlern mitgebrachten Gegenständen konnte die Zahl der Exponate in jüngerer Zeit durch Besuche in Russland erweitert werden. Hinzu kommen Leihgaben aus anderen Museen, darunter dem Haus der Geschichte (Bonn) und dem LWL-Freilichtmuseum (Detmold). Die Arbeit wird durch einen mit renommierten Historikern besetzten Fachbeirat unterstützt.

200 Bibeln berichten von Verfolgung

Das Datum der Wiedereröffnung - der 23. Juli - erinnerte an den Beginn der russlanddeutschen Geschichte vor 248 Jahren: Am 22. Juli 1763 erließ die russische Kaiserin Katharina die Große (1729-1796) ein Manifest, das deutschen Bauern den Weg für eine Ansiedlung in Südrussland öffnete. Zwischen 1764 und 1850 wanderten über 160.000 Deutsche nach Russland aus und erlebten dort eine wechselvolle und über lange Zeit durch Verfolgung und Unterdrückung geprägte Geschichte.
Das Museum beschreibt das Leben dieser deutschen Kolonialisten in Russland und auch die Gründe, die schließlich zu ihrem Massenexodus führten: Seit 1955 und insbesondere ab den 1980er Jahren kehrten über zwei Millionen Russlanddeutsche in die Heimat ihrer Vorfahren zurück, darunter auch etwa 300.000 Mennoniten.
In der Ausstellung berichten 200 Bibeln von der Verfolgung, die diese Christen während der Zeit des Kommunismus erlitten, und von ihrem ungebrochenen Glauben: Die Bibeln wurden nach Russland geschmuggelt oder dort illegal gedruckt, einzelne gehörten Kranfahrern in den sibirischen Goldminen. "Manche Bibeln wurden dreimal vor der Vernichtung gerettet", so Museumsleiterin Neufeld. Daneben zeigt die Ausstellung handgeschriebene Liederbücher, die deshalb immer wieder abgeschrieben wurden, weil sie nicht gedruckt werden durften.

Geschichte zum Anfassen

Nach der Neueröffnung des Museums hat der Besuch Russlanddeutscher deutlich zugenommen. Viele von ihnen seien stolz auf die ansprechend gestaltete Präsentation ihrer Geschichte, so Neufeld. Es kämen ganze Familien mit Großeltern, Eltern und Enkeln und erlebten hier russlanddeutsche Geschichte zum Anfassen. Etwa die Hälfte der Besucher sind Deutsche ohne Migrationsgeschichte, die hier etwas über den Erfahrungshintergrund ihrer Nachbarn lernen. Nach Ende der Schulsommerferien wird das Museum gezielt Schulklassen einladen, denn die Ausstellung ist besonders auf die Ansprüche junger Menschen ausgerichtet. (idea)

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