Gottesdienststätte oder nicht?
Scientology-Anhängerin Louisa Hodkin hatte ein früheres Urteil angefochten, das eine Scientology-Trauung nicht als religiöse Handlung wertete. Nach britischem Recht können standesamtliche Eheschließungen auch in kirchlichem Rahmen durchgeführt werden. Die junge Frau wollte ihren Verlobten Alessandro Calcioli in einer Londoner Scientology-Versammlungsstätte heiraten - und wurde abgewiesen. Die Begründung des Standesbeamten: Scientology sei nicht im "Places of Worship Registration Act" - einem Gesetz von 1855, das die Anerkennung von Gottesdienststätten regelt - als Ort für religiöse Anbetung registriert. Auch ihre Klage gegen diese Entscheidung wurde abgeschmettert; der Richter bezog sich dabei auf einen ähnlichen Fall aus dem Jahr 1970. Im Juli 2012 nahmen sich fünf Richter des Obersten Gerichts des Falls an. Ihr Urteil: Scientology sei sehr wohl ein "Treffpunkt religiöser Anbetung". Die Hochzeit sei damit rechtskräftig. Mit der Anerkennung als "Kirche" käme Scientology unter anderem in den Genuss steuerlicher Vorteile.Überwachung durch den Verfassungsschutz
Scientology wurde 1954 von dem US-amerikanischen Schriftsteller Ron L. Hubbard (1911-1986) gegründet. Die Organisation gibt vor, den einzigen Weg für das Überleben der Menschheit zu wissen. Sie lädt unter anderem zu kostenpflichtigen Dianetik-Kursen ein, mit denen sich Menschen vervollkommnen sollen.Weltanschauungsexperten halten Scientology für ein verkapptes Wirtschaftsunternehmen, das seine Mitglieder in psychische Abhängigkeit bringe und ausbeute. Weltweit hat die Bewegung Schätzungen zufolge etwas mehr als 100.000 Mitglieder, darunter zahlreiche Prominente wie die Schauspieler Tom Cruise und John Travolta. In Deutschland ist laut Verfassungsschutz von etwa 4.000 Mitgliedern auszugehen. Scientology wird seit 1997 wegen des Verdachts auf "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" vom Bundesamt und von mehreren Landesämtern für Verfassungsschutz überwacht. (idea)