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Interview zu proChrist: „Evangelisation ist der Urauftrag der Kirche“

DIe zentralen Glaubensinhalte der Bibel sind Themenschwerpunkte bei proChrist 2018 in Leipzig. (Foto: Kampagnenflyer proChrist)

Vom 11. bis 17. März ist die Evangelisation proChrist in Leipzig zu Gast. Thematisch wird das Apostolische Glaubensbekenntnis im Mittelpunkt stehen. Hauptredner sind die Evangelisten Steffen Kern und Elke Werner, die an allen Abenden gemeinsam auf der Bühne stehen werden. Mit Kern – Vorsitzender des württembergischen Gemeinschaftsverbandes „Die Apis“ – sprach idea-Chefredakteur Matthias Pankau.

idea: Herr Kern, Kritiker sagen, die Zeit von Großveranstaltungen wie proChrist sei vorbei.
Kern: Sicher ist proChrist nicht mehr so einzigartig und originell wie in den 90er oder 2000er Jahren, Public Viewing ist inzwischen längst üblich. Medienformate verändern sich stark. Es gibt einen Trend weg von den Großevents und Mega-Shows. Die Sendung „Wetten, dass...?“ mit ihren früheren Einschaltquoten gibt es nicht mehr. Stattdessen gibt es viele Angebote, die sich ergänzen. Die Zeit der „Thomas Gottschalks“ ist vorbei. Vielleicht gilt das auch für die „Billy Grahams“. Aber zur Wahrheit gehört auch: Evangelisation war nie wirklich „in“. Es gab zu allen Zeiten Kritiker. Ich bin überzeugt, dass es die öffentliche Verkündigung des Evangeliums braucht, um Menschen mit der christlichen Botschaft zu erreichen. Dazu leistet proChrist neben anderen Formaten wie Glaubenskursen nach wie vor einen kleinen, aber unerlässlichen Beitrag.

idea: Die meisten proChrist-Teilnehmer sind aber schon Christen …
Kern: Es spricht überhaupt nicht gegen proChrist, dass viele Christen kommen. Es ist ein Fest des Glaubens, und da erwarte ich regelrecht, dass Christen kommen. Für viele ist es eine Art Vergewisserung oder ein Ankerpunkt in ihrer eigenen Glaubensgeschichte. Nur wünschen wir uns, dass Christen auch Freunde und Bekannte einladen und mitbringen. Ein Verhältnis von 80 % Christen und 20 % Distanzierten fände ich großartig.

idea: Die letzte zentrale proChrist-Großveranstaltung fand 2013 im pietistisch geprägten Stuttgart statt. Jetzt gehen Sie nach Leipzig. Mutig.
Kern: Das Evangelium soll dorthin, wo es wenige kennen. Gerade weil in Leipzig vergleichsweise wenige Christen leben, sind wir gern dort zu Gast.

idea: Den meisten Nichtchristen fehlt aber gar nichts. Sie sind zufrieden.
Kern: Es geht ja auch nicht darum, glücklichen Menschen erst einmal Defizite einzureden. Wenn jemand glücklich ist, freue ich mich. Ich sage ihm aber trotzdem gern: Gott hat dir das Leben geschenkt, und du versäumst etwas, wenn du ihn nicht kennst. Und zwar Entscheidendes.

idea: Viele Christen tun sich schwer, den eigenen Glauben zu artikulieren …
Kern: Genau deshalb machen wir proChrist. Wir wollen den Glauben ins Gespräch bringen. Dafür werden wir an den Aussagen des Glaubensbekenntnisses, also den zentralen Glaubensinhalten, entlanggehen. Und wir werden Gäste haben, die von ihrem Glauben auf elementare und bedeutsame Weise erzählen.

idea: Viele Bürger sind verunsichert angesichts der angespannten Weltlage. Macht sie das offener für die biblische Botschaft?
Kern: In Zeiten der Verunsicherung blüht das Versicherungsgeschäft. Und wir Deutschen sind Versicherungsweltmeister. Das kann ein Anknüpfungspunkt für das Evangelium sein. Aber der Glaube ist keine Versicherung. Er schenkt vielmehr eine Gewissheit und Gelassenheit gegen die Panikmacher dieser Welt.

idea: Warum ist gerade in Großstädten das Interesse an fernöstlichen Religionen mitunter größer als am Christentum?
Kern: Wir leben in einer Multi-Optionsgesellschaft. Das Christentum ist längst nicht mehr der einzige Anbieter. Der religiöse Markt ist offen und breit gefächert. Das Fremde und Neue ist immer interessant. Wir Christen haben uns auf diese veränderte Marktlage wohl noch zu wenig eingestellt. In den vergangenen 16 Jahren haben die evangelischen Landeskirchen etwa fünf Millionen Mitglieder „verloren“. Das entspricht drei mittelgroßen Landeskirchen. Das ist einigermaßen dramatisch.

idea: Was machen die Kirchen falsch? In China, in Teilen Afrikas und in Lateinamerika erleben die Kirchen einen riesigen Zulauf. Bei uns kehren die Menschen den Kirchen scharenweise den Rücken.
Kern: Wir kommen von einer großen Tradition. Das Christentum hat den Kontinent über Jahrhunderte geprägt. Inzwischen aber sind die Tagesordnungen unserer Leitungsgremien voll mit Immobilienkonzepten, Gemeindefusionen, Pfarrplänen. Das ist alles nötig, aber wir sind zu sehr mit uns selbst beschäftigt und versäumen, Menschen in der Gesellschaft zu erreichen. Da steht uns vielleicht noch ein Reinigungsprozess bevor. Wir besitzen noch zu viel. Jesus hat seinen Jüngern nicht befohlen, Kathedralen zu bauen, sondern Menschenfischer zu sein. In anderen Teilen der Welt wachsen die Kirchen, weil sie nur aus dem Evangelium leben. Davon können wir lernen. Weniger Ballast macht frei und beweglich.

idea: Also Gebäude abgeben und die Kirchensteuer abschaffen?
Kern: Ich bin dagegen, ständig die Kirchensteuer zur Disposition zu stellen. Wir können dankbar für sie sein. Mit den Rekordeinnahmen wird in ein paar Jahren ohnehin Schluss sein, wenn sich Mitgliederzahlen und Altersstruktur weiter so entwickeln. Darauf sollten wir uns jetzt schon einstellen. Wir gehören zu den reichsten Kirchen der Welt, aber wir haben die Salzkraft und die Beweglichkeit eingebüßt, die Gesellschaft maßgeblich zu prägen.

idea: Woran liegt’s?
Kern: Wir brauchten eine Schwerpunktsetzung auf das Missionarische. Unser Urthema muss wieder in den Mittelpunkt gerückt werden: Wie werden Menschen gerettet? Wie kommen sie zum Glauben? Wie finden sie Heimat und Hoffnung?

idea: In Leipzig fand 1999 die wegweisende Missionssynode der EKD statt. Damals haben sich die Synodalen zur Mission als Herzschlag der Kirche bekannt. War das nur ein Lippenbekenntnis?
Kern: Nein. Es gab seitdem ja durchaus Aufbrüche, etwa Fresh x – die neuen Ausdrucksformen von Kirche. Aber diese neuen Formen sind noch unscheinbar und werden von vielen eher als Experimentierfeld betrachtet und nicht als das Eigentliche. Ich wünsche mir, dass wir flexibler werden. Wir müssen Gemeinde den Formen anpassen, in denen Menschen heute leben, also Zielgruppengemeinden in ganz verschiedenen Subkulturen gründen. Das muss Hauptaufgabe der Kirche werden.

idea: Der Evangelist Theo Lehmann bezeichnete Evangelisten jüngst als aussterbende Spezies in der kirchlichen Berufsordnung …
Kern: In der Tat gibt es zu wenige Pfarrer, die für Evangelisation freigestellt sind. Schuld ist in meinen Augen ein verbreiteter Strukturkonservativismus, der Mobilität verhindert. Da müssen wir aufwachen. Zugleich brauchen wir neben Evangelisten auch Diakone und Sozialarbeiterinnen, die das Evangelium mit Herz und Hand bezeugen.

idea: Wie steht die EKD zu proChrist?
Kern: Sie hat uns in der Vergangenheit immer wieder unterstützt – ideell und finanziell. Wir gehen davon aus, dass das auch diesmal so sein wird. Zudem haben wir gleich mehrere Bischöfe in unserem Kuratorium, etwa Hans-Jürgen Abromeit (Pommern), Carsten Rentzing (Sachsen) und Frank Otfried July (Württemberg). Allerdings stehen und fallen Veranstaltungen wie proChrist mit der Beteiligung der Basis. Und da gibt es in manchen Gemeinden eine gewisse Evangelisationsmüdigkeit. Mit Formaten wie proChrist geht man an die Öffentlichkeit und macht sich auch angreifbar. Davor scheuen manche zurück. Es ist aber das Beste, was wir tun können: mit dem größten Schatz, den wir haben, dem Evangelium, möglichst viele Menschen zu erreichen.

idea: Die Prediger bei proChrist vertreten die Ansicht, dass es nur einen Weg zu Gott gibt – nämlich Jesus Christus. In Zeiten des interreligiösen Dialogs ist das keine mehrheitsfähige Meinung. Nicht einmal jeder Pfarrer würde das unterschreiben.
Kern: Wir Christen sind überzeugt, dass wir durch Jesus Christus Versöhnung mit Gott haben. Er ist der eine Weg zum Vater, es gibt keinen anderen. Das bezeugen wir auch Menschen, die etwas ganz anderes glauben. Dialog und Mission sind darum keine Gegensätze. Von Muslimen, mit denen ich spreche, erwarte ich, dass sie den gleichen Wahrheitsanspruch erheben und dass wir Unterschiede nicht harmonisieren oder einebnen. Das macht Dialog ehrlich und konstruktiv. Ein solcher Dialog hat aber stets auch eine missionarische Komponente: Immer wenn Christus bezeugt wird, ist der Heilige Geist am Werk.

idea: Viele Christen fürchten offenbar, ihrem andersgläubigen Gegenüber zu nahezutreten und verschweigen deshalb Unterschiede.
Kern: Ich sehe es durchaus kritisch, dass es auch in der evangelischen Theologie Strömungen gibt, die versuchen, die verschiedenen Religionen in eins zu bündeln. Das ist in meinen Augen nicht tragfähig und entspricht auch nicht einer biblischen Theologie. Wir brauchen eine neue Unbefangenheit, Unterschiede zu benennen, sie uns aber nicht auseinandertreiben zu lassen. Die berechtigte Sorge ist ja, dass wir eine andere Religion schlechtreden und dadurch Fremdenhass Vorschub leisten. Aber darum geht es nicht. Das Bekenntnis zu unserem christlichen Glauben darf nicht verwechselt werden mit anti-islamischen Parolen.

idea: Zurück zu proChrist nach Leipzig: Wird es den Ruf nach vorn wieder geben?
Kern: Ja, wir halten an dem Grundprinzip fest, dass wir zum Glauben einladen und eine Möglichkeit zur Antwort eröffnen. Das hat einen tiefen Grund: Gott redet uns an und wartet auf Antwort. Viele Menschen fragen auch: Wie kann ich denn mit dem Glauben beginnen? Wie geht das denn? – Darum bieten wir ein Gebet zum Mitbeten an und laden dazu ein, nach dem Programm nach vorn zum Kreuz zu kommen und dort ein Stoffband zu befestigen – als Zeichen dafür, die Sache mit Jesus festzumachen. Daneben gibt es andere Angebote: Man kann sich etwa segnen oder für sich beten lassen.

idea: Vielen Dank für das Gespräch!


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