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Gedenken an die Friedliche Revolution in Leipzig

Dass die Revolution im Herbst 1989 gewaltlos und friedlich verlief, sei dabei zuallererst „einer politischen Intelligenz und Friedfertigkeit der Demonstranten zu verdanken. Hier abgebildet eine Aktion in Berlin zu 20 Jahre Mauerfall (9. Nov. 2009) mit symbolisierten Mauerelementen als 1000 Dominosteine. (Foto: Matthias Mueller/churchphoto.de)

Die historischen Leistungen der Ostdeutschen mit Blick auf die Friedliche Revolution 1989 müssen „endlich angemessen gewürdigt werden“. Das sagte der ehemalige Vorsitzende der Bundestagsfraktion „Die Linke“, Gregor Gysi, beim Konzert der Philharmonie Leipzig am 9. Oktober zum Gedenken an die Friedliche Revolution. Demnach hätten die Menschen, die am 9. Oktober 1989 auf dem Leipziger Ring „zur bis dahin größten unangemeldeten Demonstration in der DDR zusammenkamen“, Geschichte geschrieben. Die darauffolgenden Entwicklungen hätten sich auch auf die Verhältnisse in Europa ausgewirkt. Diese Dimension mache bewusst, welche Leistung viele Ostdeutsche vor 30 Jahren erbracht hätten. So hätten die Demonstranten in Plauen, Leipzig, Berlin und in vielen anderen Städten erfolgreich für Freiheit und Demokratie in der DDR gekämpft. „Nicht Helmut Kohl und seine Bundesregierung brachten die Freiheit in den Osten, sondern diese Demonstrantinnen und Demonstranten im Osten selbst“, so Gysi. „Heute will ich den damaligen Demonstrierenden danken, dass sie den Mut hatten, dafür einzustehen, die Verhältnisse in der DDR gründlich in Richtung Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verändern.“

Einladung Gysis hatte für Kontroversen gesorgt

Die Einladung Gysis hatte im Vorfeld für Kontroversen gesorgt. Mehr als 400 Bürger aus der damaligen DDR-Opposition, aus Wissenschaft, Kunst, Kultur und Politik hatten die Wahl des Redners in einem offenen Protestbrief als „Geschichtsvergessenheit“ kritisiert. Der Historiker und ehemalige Leiter der Gedenkstätte im früheren Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, schrieb in einem Beitrag für die Evangelische Nachrichtenagentur idea, Gysi sei weder dabei gewesen, „als die Leipziger auf die Straße gingen, noch als die Menschen in Berlin die Öffnung der Mauer verlangten“. Stattdessen habe der heutige Linken-Politiker „damals auf der anderen Seite der Barrikade“ gestanden. Gysi sagte in Leipzig, er verstehe zwar den Unwillen der Bürgerrechtler, könne auf der anderen Seite aber nicht nachvollziehen, weshalb an einem besonderen historischen Ereignis nur Vertreter einer bestimmten Gruppe reden sollten und andere nicht. „Ich denke, die Demonstrierenden vom 9. Oktober 1989 setzten sich auch gegen jede Zensur ein“, so der Politiker.

Frank Richter: Heutige Politik kann vom Herbst 1989 lernen

Der Theologe und sächsische Landtagsabgeordnete Frank Richter (parteilos/Meißen) bezeichnete den 9. Oktober 1989 auf der Veranstaltung als „Höhe- und Wendepunkt der Friedlichen Revolution in der DDR“. In den kommenden Wochen haben die Staatsmacht eingelenkt, die politischen Veränderungen Fahrt aufgenommen und das Land sich demokratisiert. Dass die Revolution im Herbst 1989 gewaltlos und friedlich verlief, sei dabei zuallererst „einer politischen Intelligenz und Friedfertigkeit der Demonstranten zu verdanken. Sie vermieden es, der Staatsmacht einen Anlass zu geben, gewaltsam einzuschreiten.“ Die hervorgehobene Friedlichkeit des Ereignisses sei aber auch der Zurückhaltung vieler Polizisten und der politischen Intelligenz einiger maßgeblicher Funktionäre der SED zu verdanken. Mit Blick auf heute könne sich „die kleine und große Politik dieser Erde sich mehrere Scheiben abschneiden von dem, was damals hier passierte“. Zugleich warnte Richter davor, dass jede gute Idee zur Ideologie entarten könne. Das sei mit Blick auf die DDR etwa beim Sozialismus der Fall gewesen. Heute hingegen sei der Kapitalismus vielen zur Religion geworden – „sie betrachten den Wert ihres eigenen Lebens als Ware, die sich auf dem Markt behaupten muss“. Um diese Entwicklung aufzuklären und die Humanität zu bewahren, brauche es neue Allianzen. Richter hatte den Auftritt  Gysis gegenüber der Tageszeitung „Freie Presse“ verteidigt. „Ich finde es unerträglich, wenn ein Mensch darauf festgelegt wird, was er vor 30 Jahren getan hat“, so der Theologe. Jeder könne sich ändern. Die Philharmonie Leipzig beteiligt sich seit 2014 jährlich am Gedenken an den 9. Oktober 1989. An dem Konzert war neben den professionellen Musikern auch ein Bürgerchor beteiligt. Vor der Kirche protestierte laut Leipziger Volkszeitung der Kirchenvorstand Thomas Kirsten von der Paunsdorfer Genezarethkirche mit einem Plakat, auf dem er geschrieben hatte: „Gysi DDR-Stalinist oder Populist? Am 9. Oktober in der Leipziger Peterskirche?“ Ferner stand dort: „Als Leipziger Christ schäme ich mich.“


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