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EZW analysiert den zunehmenden Einfluss von Islamisten in Frankreich

Von den rund 67 Millionen Einwohnern Frankreichs sind 57,5 Prozent Katholiken, drei Prozent Protestanten, neun Prozent Muslime und knapp 0,8 Prozent Juden. (Foto: Screenshot dv-religionsfreiheit.org)

„Die Rede von Islamisierung und staatlichem Kontrollverlust, einst der extremen Rechten vorbehalten und als ‚Verschwörungstheorie‘ lächerlich gemacht, etabliert sich zunehmend als nüchterne Wirklichkeitsbeschreibung.“ So analysiert Pfarrer Kai Funkschmidt – Referent der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW/Berlin) – die Situation in Frankreich. Sein Beitrag in der aktuellen Ausgabe der „Zeitschrift für Religion und Weltanschauung“ (Materialdienst der EZW) trägt den Titel „Der Islamismus und Frankreichs ‚Wiedereroberung‘“. Der Autor nimmt damit Bezug auf Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser hatte in einer Rede im Oktober 2020 eingeräumt, dass es an manchen Orten einen staatlichen Kontrollverlust gegenüber dem Islamismus gebe. Er kündigte eine „Wiedereroberung“ der „verlorenen Gebiete der Republik“ an.

Unterricht über Themen wie Holocaust und Israel oft nicht möglich

Funkschmidt zufolge besteht das Hauptproblem darin, dass die staatliche Schule vielerorts selbst zu den „verlorenen Gebieten“ geworden sei. So habe das linke Leitmedium „Le Monde“ vor kurzem Erfahrungsberichte von Lehrern veröffentlicht. Einige hätten offen zugegeben, bei „bestimmten“ muslimischen Familien angesichts elterlicher Drohungen aus Angst bessere Noten zu geben. Immer mehr Lehrer berichteten, dass Unterricht über bestimmte Themen – etwa Holocaust, Israel, Evolutionslehre, Sexualkunde und Frauenrechte – wegen des Widerstands islamischer Schüler schwer oder gar nicht mehr möglich sei. Funkschmidt erinnert an die Enthauptung des Geschichtslehrers Samuel Paty am 16. Oktober 2020 durch einen 18-jährigen Islamisten. Paty hatte im Unterricht Mohammed-Karikaturen gezeigt und das Thema Meinungsfreiheit besprochen. Funkschmidt: „Patys Tod machte deutlich, wie fragil die Hoffnung ist, man könne Islamismus mit Schulstunden bekämpfen.“ Nach seinen Angaben starben in Frankreich seit 2015 über 250 Menschen bei islamistischen Terroranschlägen, über 150 davon in Paris.

Islamisierung: „Kein zentral gesteuertes Unterfangen“

Er geht ferner darauf ein, dass linksorientierte Organisationen den radikalen und politischen Islam unterstützen. So sei die Nationale Studentenunion Frankreichs (UNEF) – seit 1968 politisch links außen – zunehmend unter islamischen Einfluss geraten. In den universitären Räumen der UNEF seien illegale Gebetsräume eingerichtet worden. Seit 2005 sei auch eine islamistische Unterwanderung der Gewerkschaften bekannt. Funkschmidt zufolge sind sich Analysten der Islamisierung in Frankreich einig, dass sie „kein zentral gesteuertes Unterfangen ist und auch nicht von der Mehrheit der Muslime aktiv gefördert, vielleicht nicht einmal befürwortet wird“. Aber das sei auch nicht nötig. Es genüge, „wenn eine entschlossene Minderheit lokal eine kritische Größe erreicht hat, um in Moscheen ihre Interpretation des Islam zu etablieren, die verbreitete Verdrossenheit junger Muslime für ihre Interessen zu kanalisieren und im öffentlichen Raum Frauen und Moderate zu ducken“.

„Juristischer Dschihad“: Islamismus-Kritiker werden verklagt

Wie der Autor weiter schreibt, gibt es eine Reihe von Organisationen, die „aggressiv juristisch“ gegen jeden vorgehen, der den Islamismus und seine Strukturen kritisiert. Die Methode, Kritiker zu verklagen, sei als „juristischer Dschihad“ bekannt. Führend seien staatlich subventionierte Organisationen wie „SOS racisme“ und „Collectif contre I‘islamophobie en France“. Sie hätten in den vergangenen Jahren Dutzende Intellektuelle, Lehrer, Journalisten und Politiker „wegen oft hanebüchener ‚Islamophobie-‘ oder ‚Rassismus‘-Vorwürfe vor Gericht gebracht“. Unter den Verklagten seien auffallend viele Juden. Fast ausnahmslos endeten diese Prozesse mit Freisprüchen, aber das sei für den Zweck der Kläger zweitrangig, denn auch ein gewonnener Prozess koste den Angeklagten Zeit, Nerven und Geld. Laut Kriminalstatistik gab es laut Funkschmidt 2019 in Frankreich viermal so viele antisemitische wie antimuslimische Straftaten, obwohl im Land mindestens zwölfmal so viele Muslime wie Juden leben. Auch die Zahl der antichristlichen Angriffe übersteige die der antimuslimischen um ein Vielfaches. Außerdem seien islamistisch motivierte Delikte gewalttätiger. Von den rund 67 Millionen Einwohnern Frankreichs sind 57,5 Prozent Katholiken, drei Prozent Protestanten, neun Prozent Muslime und knapp 0,8 Prozent Juden.

Philosophielehrer benötigt Polizeischutz

Unterdessen bedrohen radikale Islamisten in Frankreich den Philosophielehrer Didier Lemaire (Trappes bei Paris). Er hatte nach der Ermordung des Lehrers Paty in einem Zeitschriftenbeitrag zum „Widerstand gegen die islamistische Gefahr“ aufgerufen. Er erhalte Morddrohungen und werde auf der Straße angefeindet, sagte Lemaire am 7. Februar im Nachrichtensender LCI. In einer Zuschrift hieß es, er werde als „zweiter Samuel Paty“ enden. Trappes gilt als eine Hochburg der Salafisten in Frankreich. Seit Anfang November begleiten zwei Polizisten den Lehrer zum Schulgebäude und wieder nach Hause. Ihm wurde nahegelegt, die Schule zu wechseln und vorübergehend unterzutauchen, aber Lemaire lehnt es ab, sich den Islamisten zu beugen.


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