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Die Fernfahrerin Gottes

Bei den stundenlangen Fahrten plauderte Helga Blohm über ihren christlichen Glauben. (Foto: Ulrike Mueller/ churchphoto.de)

Für Helga Blohm (69) ist es ihr Traumberuf: Fernfahrerin. Fünf Jahre lang sitzt die Mannheimerin bis Ende 1993 hinter dem Steuer großer Lastwagen. Wenn sie von früher erzählt, kommt sie immer noch ins Schwärmen. Ein Porträt von IDEA-Redakteur Klaus Rösler

Die Liebe zu Autos wird ihr in die Wiege gelegt. Als Kind spielt sie lieber mit Fahrzeugen als mit Puppen. Sie ist fünf, als der Vater ihr beibringt, auf seinem Schoß einen VW-Käfer zu steuern. Nach der Schule wird sie Rechtsanwaltsfachangestellte. Aus Vernunftgründen. Aber sie sehnt sich nach der großen Freiheit hinter dem Steuer eines Lkw. Sie macht den passenden Führerschein. Doch mehr als Aushilfsjobs am Wochenende findet sie zunächst nicht. Bis heute sind Frauen in dem Beruf einer Ausnahme: Unter den 540.000 Berufskraftfahrern sind 9.000 Frauen. Ein Unternehmer gibt ihr dann eine Chance. Ein Fahrer hat sich in der Schweiz mit der Polizei angelegt. Und sein Fahrzeug wurde beschlagnahmt. Der Spediteur bittet Helga Blohm, die Fuhre nach Italien zu bringen. Danach wird sie angestellt.

Berufung oder Wunschdenken?

Die damals 35-Jährige ist Christin. Sie will ihr Leben nach Gottes Maßstäben ausrichten. In einer Lebenskrise zwei Jahre zuvor bekehrt sie sich. Doch wie erfährt man, ob der Berufswunsch, Lastwagen zu fahren, nicht nur Wunschdenken ist? Auf einem Firmenhof erhält sie Gewissheit. Ein Mann spricht sie auf den Aufkleber auf ihrer Fensterscheibe an: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Nach einem kurzen Gespräch ist sie sich sicher, dass Gott sie als Fernfahrerin segnet.

Glaubensgespräche über Funk

Zwischen 150.000 und 200.000 Kilometer im Jahr ist sie auf Achse. Ihre Touren führen sie durch Westeuropa. Sie macht viele gute Erfahrungen mit ihren männlichen Kollegen: „Sie standen mir mit Rat und Tat zur Seite – etwa bei einer Reifenpanne.“ Sie erlebt Achtung und Wertschätzung. Vielen schenkt sie eine Ausgabe des Buches des Evangelisten Wilhelm Busch „Jesus unser Schicksal“ – immer in der Muttersprache des Kollegen. Und bei den stundenlangen Kolonnenfahrten plaudert sie über Funk über ihren christlichen Glauben. „Gott hat mir Engel geschickt“, sagt sie. Etwa den Fernfahrerkollegen, der sie mitten in der Nacht zum Zielort in Italien lotst, wo sie sicher übernachten kann, oder ein älteres Ehepaar in Frankreich, das ihr ein Abendessen und ein Frühstück zubereitet, als sie sich verfahren hat.

Das war eine „erlebnis- und erfahrungsreiche Zeit“, sagt sie heute. Diese Phase endet, als kurz hintereinander ihre Eltern sterben. Ihr früherer Arbeitgeber – eine Wirtschaftskanzlei – bietet ihr an, wieder in ihren alten Beruf zurückzukehren. Ihr geerbtes Haus wird zur Begegnungsstätte für Studenten aus vielen Ländern. „Weltevangelisation – die gab es bei mir im Wohnzimmer“, erläutert sie. Heute kümmert sie sich um kranke, alte und behinderte Menschen. Die Erinnerungen an ihre Fernfahrerzeit haben sie nicht losgelassen. Im Ruhestand hat sie ein Buch geschrieben: „Gott und mein 40-Tonner“.


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