JANUAR - Erfolgsgeschichte: Mit Werten in Führung gehen
Das Magazin "managerSeminare" (Bonn) bezeichnete ihn als "Erfolgsgeschichte" - den von der Evangelischen Nachrichtenagentur idea in Kooperation mit tempus-Consulting (Giengen bei Ulm) veranstalteten Kongress christlicher Führungskräfte. Zur 8. Auflage des Treffens, das seit 1999 alle zwei Jahre stattfindet, kamen vom 17. bis 19. Januar rund 3.200 Verantwortungsträger aus Wirtschaft, Kirche, Politik und Kultur nach Leipzig. Unter dem Motto "Mit Werten in Führung gehen" ging es in Vorträgen und Seminaren u.?a. um Wirtschaft und Ethik, Glaube am Arbeitsplatz, christliche Führungsprinzipien oder die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.
Prominente Redner waren Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), der tschechische Wirtschaftswissenschaftler TomÃḂÅḂ SedlÃḂcek und die Unternehmerin Nicola Leibinger-Kammüller (Trumpf GmbH). Der nächste Kongress wird vom 26. bis 28. Februar 2015 in Hamburg stattfinden.
FEBRUAR - Der deutsche Papst dankt ab - mit großem Echo
Er war der erste deutsche Papst seit fast 500 Jahren: Benedikt XVI. alias Joseph Ratzinger. Und er war der erste Papst der Neuzeit, der zurücktrat - am 28. Februar. Der 85-Jährige, der am 19. April 2005 zum Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken gewählt worden war, begründete seinen Schritt damit, dass seine "Kräfte angesichts des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben". Politik sowie Landes- und Freikirchen reagierten mit Anerkennung und großem Respekt auf diese Entscheidung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Benedikt XVI. als einen "der bedeutendsten religiösen Denker unserer Zeit". Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider erinnerte an das Zusammentreffen 2011 im Augustinerkloster zu Erfurt, wo der Papst "die existenzielle Frage Martin Luthers âWie bekomme ich einen gnädigen Gottâ in eindrucksvoller Weise aufgenommen hat".
Die Deutsche Evangelische Allianz lobte den Vorbildcharakter der Entscheidung. "Seit über 700 Jahren bringt damit ein Inhaber des Petristuhls die geistlich-dienende Dimension seines Amtes dadurch zum Ausdruck, dass er an den Insignien seiner Macht nicht festhält, sondern bewusst loslässt", erklärte der Allianzvorsitzende, Präses Michael Diener (Kassel). Und nicht zu vergessen: seine 3 Bände über Jesus, die Benedikt XVI. in seiner Amtszeit veröffentlicht hat. Sie wurden von evangelikalen Theologen als vorbildlich-bibeltreu bezeichnet. Aber es gab auch kritische Stimmen. So erklärte etwa der Bischof der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, die katholisch-evangelische Ökumene habe unter Benedikt keine Blüte erlebt. Die hohen Erwartungen an den ersten deutschen Papst seit der Reformation hätten sich nicht erfüllt.
MÄRZ - ProChrist: Den Glauben zum Stadtgespräch gemacht
Vom 3. bis 10. März war Europas größte Evangelisation zu Gast in Stuttgart: ProChrist. Mehr als 1,2 Millionen Menschen verfolgten die Großveranstaltung an Übertragungsorten, im Fernsehen oder per Internet. Die Evangelisation war per Satellit und per Live-Stream im Internet übertragen worden. Dabei hatte die Woche mit einem Riesenschreck begonnen: Hauptredner Ulrich Parzany war wegen eines Kreislaufzusammenbruchs ausgefallen. Für ihn war die ersten beiden Abende der Vorsitzende des Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Württemberg "Die Apis", Pfarrer Steffen Kern, eingesprungen. Er und Parzany befassten sich in ihren Ansprachen mit tragenden Werten, dem Umgang mit Leid und den Grundlagen für eine bedingungslose Liebe. Anschließend wurden die Besucher eingeladen, Christ zu werden oder eine frühere Entscheidung für den Glauben zu erneuern. Etwa 42.000 Menschen reagierten nach Angaben der Veranstalter durch einen Gang zum "Treffpunkt Kreuz" darauf. Viele bekundeten damit, ein Leben als Christ führen zu wollen. Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (Stuttgart) lobte, ProChrist habe den christlichen Glauben zum Stadtgespräch gemacht.
Die nächste überregionale ProChrist-Veranstaltung soll 2017 stattfinden; dann allerdings nicht mehr mit Parzany als Hauptredner. Künftig soll ein Team evangelisieren. Neben der zentralen ProChrist-Veranstaltung soll es in Zukunft außerdem "ProChristlokal" geben. Dabei sollen 50 bis 150 Evangelisten über mehrere Wochen an etwa 150 bis 450 Orten im deutschsprachigen Raum Impulsgottesdienste halten. Los geht es vom 3. Oktober bis 14. November 2015.
APRIL - Der Cheflobbyist der EKD muss abtreten
Seit 2009 hatte er das Amt des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei Bundesregierung und Europäischer Union inne - Prälat Bernhard Felmberg. In diesem Jahr leitete der Rat der EKD ein Ermittlungsverfahren gegen den Theologen ein - wegen "Fragen der Lebensführung", wie es hieß. Der in Scheidung lebende Felmberg soll "amouröse" Beziehungen zu Mitarbeiterinnen in EKD-Büros unterhalten haben. Nur wenige Wochen darauf - Anfang Juni - beschloss der Rat der EKD, das Disziplinarverfahren einzustellen und Felmberg "in gegenseitigem Einvernehmen" in den Wartestand zu versetzen. Gegenwärtig wird nach einer angemessenen Stelle für Felmberg innerhalb der EKD gesucht.
MAI - Hamburg im Zeichen des Kirchentages
Es war das evangelische Großereignis in diesem Jahr - der Deutsche Evangelische Kirchentag in Hamburg. Er stand unter dem Thema "Soviel Du brauchst". Fünf Tage lang setzten sich die rund 120.000 Teilnehmer in etwa 2.500 Veranstaltungen mit gesellschaftspolitischen Themen und Glaubensfragen auseinander. Erwartungsgemäß war auch in diesem Jahr wieder für jeden Geschmack etwas dabei - ein bunter Markt der Möglichkeiten und Unmöglichkeiten. Abgesehen von dauerhaft kontrovers diskutierten Themen wie dem Umgang mit Homosexuellen in der Kirche oder dem Verhältnis von Christen und messianischen Juden, denen ein Stand auf dem Markt der Möglichkeiten erneut verweigert worden war, verlief das Protestantentreffen aber harmonisch. Kurzum: ein ganz "normaler" Evangelischer Kirchentag.
JUNI - Die EKD-"Orientierungshilfe" stiftete große Verwirrung
Dieses Papier war wohl der kirchliche Aufreger des Jahres und hätte das Zeug dazu, in dieser Chronik die gesamte zweite Jahreshälfte zu füllen. Denn die Debatten darum dauern an. Aber ihren Platz hat sie im Juni, denn da wurde sie der Öffentlichkeit vorgestellt: die "Orientierungshilfe" des Rates der EKD zur Familie. Das Papier mit dem Titel "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" rückt von der traditionellen Ehe als alleiniger Norm ab und vertritt ein erweitertes Familienbild, das etwa auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften und sogenannte "Flickenteppich-Familien" einschließt.
Das hat dieser "Orientierungshilfe" nicht nur Kritik aus konservativen und pietistischen Kreisen eingebracht. Aus dem Rat selbst - also dem Gremium, das das Papier verantwortet - kamen (selbst)kritische Anfragen. So kritisierte selbst der stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende, der sächsische Landesbischof Jochen Bohl, die "Dürre der theologischen Ausführungen". Diese habe Verstörung ausgelöst und lasse an dem Willen zweifeln, "über lange Zeiten hinweg als gut und sinnvoll Erkanntes zu verteidigen". Die Vertreterin der Pietisten im Rat der EKD, Tabea Dölker (Holzgerlingen bei Stuttgart), erklärte, sie habe bereits während der Entstehung des Papiers immer wieder deutlich darauf hingewiesen, dass ehe- und familienfördernde Orientierung eine andere Ausrichtung brauche als die Nachzeichnung der oft einseitigen aktuellen öffentlichen Debatten". Selbst die evangelischen Kirchenleiter waren sich in der Beurteilung des Papiers uneins. Auch ein theologisches Symposium Ende September konnte keine Ruhe in die Debatte bringen.
Auf der EKD-Synode im November in Düsseldorf wurde beschlossen, dass sich die Kammer für Theologie nun intensiv mit dem Papier - insbesondere dem theologischen Teil - beschäftigen soll. Sie soll "Leitlinien für ein evangelisches Verständnis der Ehe und anderer Lebensformen erarbeiten". Eine Rücknahme der "Orientierungshilfe" lehnt die EKD aber weiterhin ab.
JULI - SWR-Rundfunkrat: Freikirchen verlieren Sitz an Muslime
Am Ende halfen auch alle Proteste nichts. Die Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF) verlor ihren Sitz im SWR-Rundfunkrat. Nach dem neuen Staatsvertrag sitzt künftig stattdessen ein muslimischer Vertreter in dem Gremium. Die Streichung stoße auf "allergrößtes Unverständnis", schrieb der Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen und Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, Ansgar Hörsting (Witten), in einem Brief an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen). Mit mehr als 800.000 Angehörigen seien die Freikirchen und die orthodoxen Kirchen in Baden-Württemberg "in fast jeder Kommune präsent".
Im neuen 74-köpfigen Aufsichtsrat sind Muslime sowie Sinti und Roma erstmals vertreten. Neben den Freikirchen verlieren auch die Vertriebenenverbände ihren Sitz. Der Vertrag wird am 1. Januar 2014 in Kraft treten. Der Vereinigung Evangelischer Freikirchen gehören zehn Mitglieds- und vier Gastkirchen mit insgesamt rund 260.000 Mitgliedern an.
AUGUST - Evangelikale setzen ein Zeichen gegen Menschenhandel
Er gilt als heimliche Hauptstadt der Evangelikalen - der kleine Kurort Bad Blankenburg in Thüringen. Zu DDR-Zeiten versammelten sich dort jedes Jahr bis zu 5.000 Christen zur Allianzkonferenz. Seit 1990 hat sich die Jahreskonferenz der Deutschen Evangelischen Allianz zu einem Treffpunkt für Christen aus ganz Deutschland und darüber hinaus entwickelt. In diesem Jahr lockte das Treffen unter dem Thema "Freiheit - Ich bin so frei!" rund 2.000 Christen aus Landes- und Freikirchen nach Thüringen. Unter den Gästen war auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder.
Ein besonderes Zeichen gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution setzten rund 700 Teilnehmer der Glaubenskonferenz mit einer Kundgebung auf dem Marktplatz. Sie ließen Tauben sowie 1.500 weiße Luftballons aufsteigen. Wie der Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich (CDU), der auch dem Ausschuss für Menschenrechte angehört, bei der Kundgebung sagte, arbeiten in Deutschland schätzungsweise zwischen 150.000 und 400.000 Frauen als Prostituierte. Viele würden zu dieser Arbeit gezwungen. Menschen seien keine Handelsware, betonte Heinrich. Weil Jesus Christus Menschen befreie, dürften sich Christen mit dieser modernen Sklaverei nicht abfinden: "Wir wollen beten und laut sagen: Freiheit - jetzt! Schluss mit dem Menschenhandel - jetzt!"
SEPTEMBER -Bundestagswahl: Union verfehlt absolute Mehrheit nur knapp
Bei der Bundestagswahl im September verfehlten CDU und CSU die absolute Mehrheit nur knapp. Die Unionsparteien erhielten 41,5 Prozent der abgegebenen Stimmen; dank diesem Ergebnis zogen auch viele engagierte Christen - darunter evangelikale - in den Bundestag ein. Der bisherige Koalitionspartner FDP scheiterte mit 4,8 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Auf die SPD entfielen 25,7 Prozent der Stimmen, auf die Links-Partei 8,6 Prozent und auf die Grünen 8,4 Prozent.
Erstmals hatte auch eine neue Partei um Stimmen geworben - die "Alternative für Deutschland" (AfD). Auch wenn es für den Einzug in den Bundestag nicht reichte, erzielte die Partei um den Vorsitzenden Prof. Bernd Lucke (Hamburg) und seine Stellvertreterin, die Unternehmerin Frauke Petry (Leipzig), ein respektables Ergebnis. Nie zuvor gelang es einer Partei, innerhalb von nur fünf Monaten auf fast 5 Prozent (über zwei Millionen Zweitstimmen) zu kommen. Die AfD stellt nicht nur die Euro-Politik der Bundesregierung infrage, sondern vertritt besonders in Familienfragen auch christliche Positionen. Sie stehe für den Schutz der Familie "als Keimzelle der Gesellschaft", heißt es im Programm. Auch Lebensrechtsthemen sind ein besonderes Anliegen. In Baden-Württemberg existiert bereits ein Arbeitskreis von Christen in der AfD.
OKTOBER - Tebartz-van Elst: Berechtigte Kritik oder Menschenjagd?
Tagelang schien es in ganz Deutschland nur ein Thema zu geben: den katholischen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Er war wegen seiner Amtsführung und vor allem explodierender Kosten von mindestens 31 Millionen Euro für den Ausbau seines Bischofssitzes in die Kritik geraten; auf Anordnung von Papst Franziskus musste er das Bistum schließlich auf unbestimmte Zeit verlassen. In den Medien und im Internet hagelte es Hass und Häme. Aber es gab auch Stimmen, die vor Vorverurteilungen warnten und das mediale Spießrutenlaufen verurteilten. Der Journalist Peter Hahne schrieb, nach "Limburger Maßstäben" sei auch der Kölner Dom ein Prunk- und Protzbau, der es nicht wert sei, mit staatlichen Zuschüssen von den Kirchen erhalten zu werden. Andere schrieben, auch evangelische Kirchen kennten Geldverschwendung. So hätte die rheinische Kirche - weil zu wenig kontrolliert wurde - 21 Millionen Euro Kirchensteuermittel in den Sand gesetzt.
NOVEMBER -EKD-Synode: Präses gesucht!
Es war ein zähes Ringen, bis bei der EKD-Synode in Düsseldorf schließlich die frühere Bundesministerin Irmgard Schwaetzer (Berlin) zur neuen Präses gewählt wurde. Nötig geworden war die Wahl, weil Katrin Göring-Eckardt - bisherige Präses - mit ihrer Wahl zur Fraktionsvorsitzenden der Grünen Ende September von ihren kirchlichen Leitungsämtern zurückgetreten war. Vor Schwaetzers Wahl hatten in zwei Wahlgängen der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU, Nürnberg) und die ehemalige Richterin am Oberlandesgericht Bremen, Brigitte Böhme, nicht die erforderliche Mehrheit erreicht. Beckstein hatte zuvor als Favorit für das Amt des Präses gegolten. Umso größer war die Enttäuschung in den Unionsparteien und bei eher konservativen Protestanten über die Niederlage.
Die stellvertretende Bremer CDU-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann sagte: "Ich bin enttäuscht, dass so ein engagierter Christ wie Günther Beckstein für die EKD-Synode mehrheitlich nicht wählbar ist." Die EKD-Synode sei offenbar so weit nach links gerückt, "dass für sie ein Politiker aus den Reihen der Unionsparteien an der Spitze nicht mehr verkraftbar ist".