(AdventEcho online, 31.7.2009) Der Dalai Lama, Oberhaupt des tibetischen Buddhismus, hat sich für Religionsfreiheit ausgesprochen, gleichzeitig aber vom Religionswechsel abgeraten. Meist sei es besser, in der eigenen geistlichen Tradition zu bleiben, sagte der 74-jährige am 30. Juli in Frankfurt am Main. Dort spricht er bis zum 2. August täglich vor etwa 10.000 Besuchern über die "Kunst des Lebens". Der Lehrkongress wird von der Deutschen Buddhistischen Union veranstaltet, der rund 27.000 Menschen angehören. Presseberichten zufolge plädierte der Dalai Lama, der am 3. August an der Universität Marburg die Ehrendoktorwürde erhalten soll, für unbedingte Religionsfreiheit. Niemand habe das Recht, anderen eine Religion aufzuzwingen. Die Weltreligionen strebten letztlich nach demselben Ziel - dem Menschen zu helfen, friedlicher zu werden. Im Blick auf die Attraktivität des Buddhismus im Westen räumte der Dalai Lama ein, dass sich manche Menschen in einer ursprünglich für sie fremden Religion besser entwickeln könnten. Der Dalai Lama ist zweimal auf Kirchentagen aufgetreten - 1993 in München und 2003 in Berlin.
Ex-Buddhist warnt vor Bekehrung zum Buddhismus
Anfang dieses Jahres hatte der frühere Buddhist und britische Tibetologe Prof. Paul Williams (Bristol) Europäer davor gewarnt, zum tibetischen Buddhismus überzutreten. Er bekehrte sich vor 30 Jahren zum Buddhismus, übersetzte Bücher des Dalai Lama und wirkte als spiritueller Lehrer, bevor er wieder Christ wurde. Im Blick auf Äußerungen des Dalai Lama, Christen sollten ihrer Tradition treu bleiben, sagte er, dies sage der Dalai Lama nicht, weil er alle Religionen für gleichwertig halte: "Er ist von der absoluten Überlegenheit des Buddhismus überzeugt." Er betrachte große Teile der Menschheit als zu unreif, um Buddha zu verstehen. Deshalb empfehle er der Masse, ihrer Religion treu zu bleiben. Williams widersprach in der Tageszeitung "Die Welt" auch der Ansicht, dass man Christ und Buddhist sein könne: "Die spirituellen Wege sind unterschiedlich, ja unvereinbar." (idea)
Das hintersinnige Lächeln des Dalai Lama
Was er zur Religionsfreiheit sagt und was er verschweigt
Kommentar von Wolfgang Polzer
Es klingt alles so menschenfreundlich, was der Dalai Lama sagt. Deshalb himmeln auch hierzulande Tausende das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus an, selbst auf Kirchentagen wie 1993 in München und 2003 in Berlin. Doch mit seinem gewinnenden Lächeln verbindet der 74-Jährige oft nicht nur banale, sondern auch hintergründige Botschaften. Wie jetzt zum Auftakt der viertägigen buddhistischen Lehrveranstaltung "Kunst des Lebens" in Frankfurt am Main, wo jeweils etwa 10.000 Menschen an seinen Lippen kleben. Ein Beispiel war sein Plädoyer für unbedingte Religionsfreiheit am 30. Juli. Niemand habe das Recht, anderen eine Religion aufzuzwingen. Der Dalai Lama rät, die eigene Religion möglichst nicht zu wechseln.
Religionsfreiheit hat zwei Seiten
Das klingt überaus duldsam und großzügig, selbst mit seinem Zugeständnis, dass sich manche Menschen in einer ursprünglich für sie fremden Religion besser entwickeln könnten - sprich: Menschen aus dem "christlichen Abendland" im fernöstlichen Buddhismus. Doch die Aussage des Dalai Lama hat auch eine Kehrseite: Bei der Religionsfreiheit geht es nämlich nicht nur darum, anderen keine Religion aufzuzwingen - das versteht sich für Christen von selbst - sondern auch darum, niemanden davon abzuhalten, eine Religion frei zu wählen. Davon sagt der lächelnde Dalai Lama nichts, aber gerade da liegt vieles im Argen. Denn genau dieses Recht wird vor allem Muslimen und Hindus, aber auch Buddhisten in vielen Ländern verwehrt. Nicht wenige, die Christen werden, müssen Verfolgung, Folter und bisweilen auch den Tod erleiden.
Sri Lanka: Buddhisten verprügeln Christen
Nur ein Beispiel: Fast genau vor einem Jahr überfielen gewalttätige Buddhisten in Sri Lanka eine evangelische Gemeinde. Angestachelt durch einen Mönch drangen sie in das Gemeindehaus in einem Vorort der Hauptstadt Colombo ein und schlugen die Einrichtung kurz und klein. Einige Gemeindemitglieder, darunter der Pastor, wurden krankenhausreif verprügelt. Als Grund nannte die Gemeinde allein die Tatsache, dass es sich um eine Versammlung von Christen handele und sich der Buddhismus von allem, was nicht buddhistisch sei, bedroht fühle.
Kein Wort zur Christenverfolgung
Solche Vorfälle sprechen auch der Aussage des Dalai Lama Hohn, dass alle Weltreligionen im Grunde das eine Ziel verfolgten, den Menschen friedvoller werden zu lassen. Die Realität sieht anders aus - siehe die blutigen Angriffe islamischer Extremisten im Norden Nigerias auf alles, was ihnen als "ungläubig" gilt. Dort brennen schon wieder Kirchen wie im vorigen Jahr in Indien, wo Hindu-Extremisten ihr Mütchen an Christen kühlten. Sicherlich sind das immer nur Taten kleiner irregeleiteter Minderheiten. Die Mehrheit ist friedlich. Aber die Nachfolger Jesu Christi scheinen heutzutage immer und überall nur die Opfer zu sein. Es würde geistlichen Führern wie dem Dalai Lama gut anstehen, auch dazu einmal ein Wort zu sagen. Aber dabei müsste er sich wohl das Lächeln verkneifen. (idea)