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Anschlag in Paris: Jetzt sind Islamverbände gefordert

("Adventisten heute"-Aktuell, 9.1.2015) Nach dem Anschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo in Paris mit zwölf Toten sieht der Bonner Islamwissenschaftler Carsten Polanz vor allem die großen Islamverbände gefordert. "Nur immer wieder zu beschwören, dass diese ganze Gewalt nichts mit dem Islam zu tun hat, hilft langfristig nicht weiter", sagte er der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Stattdessen müssten sowohl Moscheegemeinden und Kulturvereine als auch zukünftige islamische Religionslehrer junge Muslime besser auf das Leben in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vorbereiten. Dazu gehöre auch die unmissverständliche Absage an Gewalt und die friedliche und besonnene Reaktion auf Kritik an der eigenen Religion.

Polanz: Fließender Übergang von Islam zu Islamismus

Gleichzeitig warnt Polanz davor, sich von Vorfällen wie in Paris einschüchtern zu lassen. Gerade jetzt sei mehr Mut in Politik und Gesellschaft vonnöten, islamischen Funktionären kritische Fragen zu stellen. Die im Westen übliche Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es teilweise erhebliche Überschneidungen und fließende Übergänge gebe. So fehle beispielsweise im "Mainstream-Islam" ein theologisches Fundament für elementare Menschenrechte: "Meinungs- und Glaubensfreiheit werden in einschlägigen islamischen Menschenrechtserklärungen stets nur unter dem Vorbehalt der Scharia garantiert."
Insbesondere das Vorbild Mohammeds gilt als unantastbar. Kritik an seinen moralisch verwerflichen Aussprüchen und Handlungen wird als Blasphemie und - zum Beispiel in Pakistan - als todeswürdiges Verbrechen verfolgt. Mohammed selbst soll nach der islamischen Überlieferung in seiner späteren Machtposition mit Gewalt gegen jene Dichter vorgegangen sein, die ihn kritisiert oder verspottet und damit seine Ehre angegriffen hatten. Polanz: "Muslime wie Nicht-Muslime, die Radikalisierung wirksam und langfristig bekämpfen wollen, dürfen vor solchen Aspekten nicht länger die Augen verschließen."

Täter riefen "Allah ist groß"

Gegen Mittag des 7. Januar waren zwei Attentäter in die Redaktionsräume des für seine religionskritischen Karikaturen bekannten Magazins eingedrungen. Sie erschossen zehn Journalisten. In der Vergangenheit hatte "Charlie Hebdo" immer wieder Zeichnungen veröffentlicht, die nach Meinung vieler Muslime den Propheten Mohammed verächtlich machten. Außerdem ermordeten die Terroristen zwei Polizisten und flüchteten mit einem gestohlenen Wagen. Sieben Personen, die aus dem Umfeld der Attentäter stammen sollen, wurden festgenommen.
Bei den beiden mutmaßlichen Haupttätern handelt es sich um zwei Brüder mit algerischen Wurzeln, die bis zum Sommer 2014 als Dschihadisten in Syrien gekämpft haben sollen. Sie befinden sich nach wie vor auf der Flucht. Laut Augenzeugen riefen sie "Allahu Akbar" (Allah ist groß) und "Der Prophet wurde gerächt". "Charlie Hebdo" war bereits 2011 ins Visier von Islamisten geraten, die damals einen Brandanschlag auf die Redaktionsräume verübten.

Französische Protestanten betroffen und empört

"Wir drücken unser tief empfundenes Mitgefühl für die Opfer, deren Familien und Freunde aus", schrieb François Clavairoly, Präsident des Protestantischen Bundes von Frankreich, in einer Medienmitteilung, die vom Informationsdienst des Protestantischen Bundes von Frankreich (Fédération protestante de France (FPF) und dem Pressedienst der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Frankreich verbreitet wurde.
"Im Namen des französischen Protestantismus drücken wir unsere Empörung über diese abscheuliche Tat aus und verurteilen sie. Dies berührt uns zutiefst", so Clavairoly. In den Augen Gottes sei das menschliche Leben äußerst kostbar. Es gebe keinen Grund, eine solche Tat zu rechtfertigen und es könne auch keine Religion dafür herangezogen werden, egal um welche es sich handeln möge.
"Unser Mitgefühl begleitet die Familien aller Opfer", sagte Ruben de Abreu, Präsident der Siebenten-Tags-Adventisten in Frankreich. "Die Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten in Frankreich ist bestürzt über das barbarische Eindringen radikaler Individuen in die Räumlichkeiten der Zeitung, um die anwesenden Journalisten und Zeichner zu ermorden", schreibt der adventistische Pressedienst in Frankreich (BIA). "Wir laden unsere Kirchenmitglieder ein, für die Angehörigen der Opfer zu beten und sich im familiären, gesellschaftlichen sowie beruflichen Umfeld als Friedensstifter zu betätigen, um ein besseres Zusammenleben innerhalb unserer verschiedenartigen französischen Gesellschaft zu fördern", sagte der adventistische Kirchenleiter.

Humor und Spott akzeptieren

Die Meinungsfreiheit lebe davon, sich in aller Offenheit ausdrücken zu können, die Weisheit gebiete es aber, dabei die Achtung vor allen Menschen, ob gläubig oder nicht gläubig, einzubeziehen, schreibt Jean-Paul Barquon, Mediensprecher der Kirche, in der Mitteilung. Die Gläubigen ihrerseits sollten Humor und Spott akzeptieren und dabei nicht alles wörtlich nehmen. Frömmigkeit sei nicht mit Ernst gleichzusetzen und Lachen keine Sünde. Meinungsverschiedenheiten dürften aber auf keinen Fall mit solch kriminellen Handlungen ausgetragen werden. "Wir verurteilen diese mit aller Entschiedenheit", so Barquon.
Die adventistischen Kirchenleiter in Frankreich hofften, dass solche Dramen weder Islamophobie noch Antisemitismus in der französischen Gesellschaft förderten noch weitere Angriffe auf die Meinungsfreiheit. (idea/APD)


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