Der Oberste Gerichtshof Mexikos hat das bislang geltende totale Abtreibungsverbot in dem südamerikanischen Land aufgehoben. Die zehn Richter entschieden einstimmig, dass die aktuelle Rechtsprechung die Menschenrechte der Mütter missachte und Schwangerschaftsabbrüche in einem „frühen Stadium der Schwangerschaft“ möglich sein müssen. Das Parlament muss nun den entsprechenden Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch streichen. Die 32 Bundesstaaten sind dazu aufgerufen, das „frühe Stadium“ jeweils für ihre Region zu definieren. Öffentliche Krankenhäuser werden ab sofort kostenlose Abtreibungen gewähren müssen. In den meisten Bundesstaaten Mexikos standen seit 1931 auf Abtreibung Strafen von bis zu fünf Jahren für die Mütter. Auch die beteiligten Ärzte wurden belangt. Lediglich in der Hauptstadt des mehrheitlich katholischen Landes sowie in vier Bundesstaaten ist ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zwölf Wochen schon länger erlaubt.
Frauenrechtsorganisationen sehen den Richterspruch als wichtiges Signal. Lebensrechtsorganisationen hingegen kritisieren die Entscheidung. Die Vorsitzende des Bürgervereins für die Rechte von Ungeborenen, Irma Barrientos, erklärte gegenüber dem Magazin „Politico“, man werde darum kämpfen, dass Mexiko das Lebensrecht vom Moment der Zeugung an garantiere. 78 Prozent der 129 Millionen Mexikaner sind Katholiken, elf Prozent sind evangelisch, acht Prozent sind religionslos, die übrigen gehören verschiedenen Religionsgemeinschaften an.