Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) war 2015 der Vorreiter: Sie wagte mit „Erprobungsräumen“ einen innovativen Schritt für neue Gemeindeformen. Anlässlich des Jubiläums lud die EKM zum Gemeindekongress unter dem Motto „Lass Funken sprühen“ nach Erfurt ein. IDEA-Redakteurin Alexandra Weber war vor Ort.
Mutig sein, vorwärts gehen, Neuland erobern: Unter diesem Leitgedanken begaben sich rund 1.100 Besucher am 22. Februar in den Erfurter Messeräumen auf eine inspirierende Entdeckungsreise. Von „Ideeninseln“ mit Kurzvorträgen über „Themen-Ateliers“ und Workshops bis hin zum „Markt der sprühenden Ideen“ mit über 60 Ausstellern reichte die Bandbreite. Einer der vielen funkelnden neuen Ansätze ist der kleine „Segen to go“- Wohnwagen. Asimwe Paehl hat dieses Projekt gemeinsam mit ihrer Freundin Yasmine Lahmann in der evangelischen Kirchengemeinde St. Katharinen in Salzwedel ins Leben gerufen. Begeistert erzählte sie, wie sie mit dem Wohnwagen auf öffentlichen Plätzen unterwegs sind. Die Neugierde der Menschen sei groß – viele blieben stehen oder folgten der Einladung, den Wohnwagen einmal von innen zu betrachten. Wenn sie dann ein Gebet oder einen Segen anbiete, werde dies oft dankbar angenommen.
Ohne Limit ausprobieren
Im Themen-Atelier „So wird es sein! Kirche der Zukunft konkret“ äußerte Thomas Schlegel, Kirchenrat und Leiter der Erprobungsräume, dass die Kirche künftig aus einem Netz von Stützpunkten bestehen wird: „Da gibt es vielleicht eine christliche Schule, eine Kirchengemeinde, einen Bauwagen, eine Online-Gemeinde und dazwischen Flächen, wo nichts sein wird.“ Er ist überzeugt, dass diese Form von Kirche viel lebendiger und widerstandsfähiger sein wird. Es brauche Mut, keine engen Vorgaben und ein „Ausprobieren, was das Zeug hält“. Bisher habe die Kirche vor allem die gewohnten Strukturen erhalten wollen. Jetzt aber sei es besonders wichtig „zu hören, was Gott tut, was er pflanzt, und dem zu folgen“.
Hauptsache Jesus
Für Klaus Douglass, Direktor des Instituts für Missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Innovation (midi), kommt es für die Kirche der Zukunft vor allem darauf an, Jesus wieder stärker sichtbar werden zu lassen. „Kirche muss das einreißen, was den Blick auf Jesus verstellt.“ Das könnten Dogmen, Gottesdienstformate, politische Überzeugungen oder aber auch das Amtsverständnis des Pfarrers sein.
Außerdem werde es nur eine große Kirche geben, wenn es viele starke kleine Gemeinschaften gibt. Nicht zuletzt sei es die Liebe zueinander, die die Kirche der Zukunft bestimme. „Wenn wir die Frage im Auge behalten, wie wir einander in Liebe beflügeln können, werden wir viele Antworten finden“, so Douglass.
Erprobungsräume – Eine Erfolgsbilanz
Die Erprobungsräume in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland sind dabei ein erfolgreicher Ansatz: 124 Anträge wurden in den vergangenen zehn Jahren eingereicht, 73 Projekte bewilligt. Derzeit sind 55 Erprobungsräume aktiv und prägen die kirchliche Landschaft in Mitteldeutschland. Ein Drittel der bestehenden Erprobungsräume finanziert sich inzwischen ohne kirchliche Zuschüsse. Mehr als die Hälfte der Projekte spricht vor allem Menschen an, die bisher nicht zur Kirche gehören – viele kleine sprühende Funken, die Menschen den Weg zu Christus leuchten.