(“Adventisten heute”-Aktuell, 13.4.2012) Mit dem Appell zu einem eindeutigen christlichen Bekenntnis haben Vertreter von Kirchen und evangelikaler Werke auf eine Aktion radikaler Muslime in Deutschland reagiert, die 25 Millionen Exemplare des Koran kostenlos verteilen wollen.
Extremistischen Muslimen nicht das Feld überlassen
Der Generalsekretär des Bibellesebundes, Christian Brenner (Marienheide), bezeichnete den Missionierungseifer hinter der Aktion als “beachtlich”. Zugleich mahnte er gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) zur Gelassenheit: “Ein verteilter Koran ist noch kein gelesener Koran. Und auch ein gelesener Koran bewirkt nicht automatisch eine Bekehrung zum Islam.” Über Internet sei die Heilige Schrift des Islam schon seit vielen Jahren kostenlos verfügbar und in vielen Buchhandlungen gehöre sie längst zum Sortiment. Trotzdem gehöre der Koran “nicht zu den Topsellern oder zu den am meisten gelesenen Büchern auf den Bücherlisten”.
Laut Brenner sollte die Aktion Christen zugleich nachdenklich machen, welchen Stellenwert die Bibel für sie hat und wie sie sich für sie einsetzen: “Sie ist das Wort Gottes, das Buch unseres Glaubens und sie enthält Gottes Gedanken, das Evangelium, die Gute Botschaft für unser Leben. Nicht nur für uns, sondern erst recht für die Menschen um uns herum, die nach Orientierung und Wahrhaftigkeit suchen. Dafür arbeiten Bibelgesellschaften, die Gideons, der Bibellesebund, im Grunde alle Gemeinden – egal ob katholisch, evangelisch oder freikirchlich. Die Frage ist: Wie sehr ziehen wir uns verunsichert zurück, anstatt diese frohe Botschaft zu den Menschen zu tragen?” In diesem Sinne scheue er sich nicht, einen Koran entgegen zu nehmen, wenn ihm jemand einen schenken möchte, so Brenner. “Ich schätze es wert, dass er sich für seinen Glauben einsetzt. Zugleich möchte ich dies nicht kommentarlos tun, sondern darauf hinweisen, woran ich glaube und im Gegenzug gerne eine Bibel anbieten und zum gemeinsamen Bibellesen einladen.”
Ein Ansporn für Christen
Thomas Römerscheidt – zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Missionswerks “Aktion in jedes Haus” (Radevormwald) – nannte die Koranverteilaktion einen “Weckruf”. “Was hier durchgeführt wird, darf nicht konkurrenzlos und unwidersprochen bleiben. Deshalb verfolgen wir das Ziel, jeder Familie das Evangelium in gedruckter Form zu bringen. So kann die Koranverteilung ein Ansporn für Christen vor Ort sein. Als Christen haben wir die befreiende Nachricht von Jesus Christus.” Dafür gelte es aufzustehen, um extremistischen Muslimen nicht das Feld zu überlassen. Christen sollten sich vor Ort zusammenschließen und eine gemeinsame “Bibel-Aktion” planen.
Der Bundesvorsitzende des Gideonbundes, Ralf Hille (Eschweiler), verwies gegenüber idea auf das im Grundgesetz verbürgte Recht auf Religionsfreiheit. Es gelte auch für Muslime. Ähnlich äußerte sich EKD-Pressesprecher Reinhard Mawick (Hannover). Allerdings frage er sich, ob Menschen tatsächlich allein dadurch zum Islam überträten, dass sie einen Koran geschenkt bekämen: “Der Missionserfolg ist äußerst fraglich.”
Gemäßigte Muslime kritisch
Die kostenlose Koranverteilung durch radikal-islamische Salafisten in deutschen Großstädten stößt bei gemäßigten Muslimen auf Kritik. Einer ihrer führenden Vertreter in Deutschland – der Leiter des Zentral-Instituts-Islam-Archiv-Deutschland, Salim Abdullah (Soest) – sagte der Evangelischen Nachrichtenagentur idea auf Anfrage, die vom Verfassungsschutz als gefährlich eingestufte Gruppierung verkünde einen “antiwestlichen Kurs”. Ihr Ziel sei es, dass der Islam überall herrsche. Abdullah: “Sie wollen den Westen missionieren. Doch das widerspricht dem Koran, denn der Koran verbietet Mission.” Er bezweifle aber, dass durch die groß angelegte Aktion, im deutschsprachigen Europa 25 Millionen Koran-Exemplare zu verteilen, deutlich mehr Menschen zum Islam konvertieren.
Schätzungen zufolge würden in Deutschland jedes Jahr rund 4.000 Bürger durch Übertritt Muslime. Während in der Vergangenheit vor allem Frauen zum Islam gewechselt seien, nachdem sie einen Muslim geheiratet hätten, würden zunehmend geschäftliche Gründe wichtiger, erklärte Abdullah. So sei es für ein Unternehmen einfacher, große Aufträge in Saudi-Arabien zu bekommen, wenn Mitarbeiter aus der Führungsetage Muslime seien. Der Glaubenswechsel sei damit mittlerweile ein Instrument, um an lukrative Aufträge zu kommen.
Der Koran ist kein Flugblatt
Kritik an der Koranverteilaktion kommt auch vom Zentralrat der Muslime. Deren Vorsitzender Ayman Mazyek (Aachen) sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, der Koran sei “kein PR-Flyer oder Flugblatt, den man als Massenware verteilt”. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat (Berlin), erklärte gegenüber der Tageszeitung “Die Welt”, es sei zwar nicht verboten, Koranexemplare zu verteilen. Die Frage sei jedoch, ob die Salafisten aggressiv aufträten und die Menschen mit diesen Aktionen störten. Er halte es jetzt für wichtig, weltlich orientierte Kräfte zu stärken: “Man muss die Muslime mitnehmen, um zu vermeiden, dass sie Kontakte zu Extremisten knüpfen.” (idea)