Die Sonne scheint, es wird langsam Frühling. Wir können als Familie endlich wieder raus. Eigentlich Zeit zum Aufatmen; doch es ist Krisenzeit. Ausnahmezustand wegen des Virus mit dem royalen Namen. Die Geschäfte sind großenteils zu. Ebenso die Büchereien und die Schwimmbäder. Schimmer noch, der Kindergarten ist geschlossen, die Spielkreise verschoben und sogar die Spielplätze sind gesperrt. Familie und Freunde treffen – Fehlanzeige. Und das seit Wochen. Früher waren zwei Wochen Kindergarten-Schließzeit schon eine echte Herausforderung für mich als Mutter. Jetzt wäre ich froh, wenn es nur zwei Wochen wären!
Alles ganz natürlich
Wir atmen tief durch und überlegen strategisch. Was bleibt uns übrig? Ja, die Natur. Und die ist herrlich. Wir wohnen nahe der Schwäbischen Alb und haben neben sonnenverwöhnten Weinanbaugebieten auch große Wälder in der Nähe. Ich krame meine Wanderkarten der Region hervor und studiere die Legenden. Wer hätte das gedacht, hier gibt es viel zu entdecken: einen Badesee um die Ecke, tiefe Schluchten, Wasserfälle, imposante Naturdenkmäler, stille Quellen, geheimnisvolle Ruinen, einen Trampelpfad am Bachufer entlang und einsame Feuerstellen mitten im Wald.
Ich ziehe meine Kleine wasser- und matschfest an, packe Vesper und meine Naturbasteltasche und wir ziehen los ins Abenteuer. Dann vergessen wir Zeit und Raum und machen fantastische Entdeckungen. Wir finden Schneckenhäuser, Glitzersteine und Sägespäne zum Spielen. Wir fangen Kröten, basteln Feenhäuser aus Eierkartons, schneiden uns Hartriegelruten und kreieren Landart, filzen Waldtiere, bauen uns ein Tipi und machen Feuer, schmücken eine Kleiderbügel-Waldpuppe, lesen Geschichten von Waldbewohnern, angeln mit einem Korken, klettern steile Abhänge hinauf und in steinige Bachläufe. Mit der Dämmerung kommen wir müde und schmutzig nach Hause. Es war wunderschön – fast ein Stück vom Paradies.
Skyfall: Weltuntergangsstimmung
Abends liege ich dankbar im Bett und muss zugeben: Es war schön heute! Wer hätte das gedacht? Es fühlt sich fast ein wenig unwirklich an. Ich verbringe viel Zeit allein mit meiner Tochter und wir sind glücklich, wenn wir ganz selbstvergessen durch die Gegend streifen. Von der Krise ist emotional wenig zu spüren. Jetzt noch. Doch was wird kommen? Ich weiß es nicht. Wird es schlimmer werden? Auch das weiß ich nicht, doch ich weiß eines: Ich kann vertrauen. Ich bin geborgen, Gott sorgt für mich. Das zeigt es mir jeden Tag da draußen in der Natur, während um uns herum die uns bekannte Welt gerade unterzugehen scheint.
Zeitenende – Zeitenwende
Ich muss unwillkürlich an Jesu Abschiedsworte denken: „Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt“ (Mat. 28,20). Klingt erst einmal sehr ernst und apokalyptisch. Wer redet schon gern vom Weltende? Den Weltuntergang überließen wir bisher eher Hollywood oder randständigen Sonderlingen! Wilde Spekulationen dazu sind auch fehl am Platz. Und doch hat die Bibel uns etwas dazu zu sagen. Wenn wir Matthäus 24 lesen, wird klar: Turbulenzen sind unvermeidbar. Es war nie leicht hier auf Erden und jede Zeit hatte ihre Verwerfungen. Damals wie heute. Ein entspannter Spaziergang wird es also nicht werden in der nächsten Zeit. Doch sicher ist, dass Gott bei uns bleiben wird, bis ans Ende. Mit diesem Gedanken möchte ich in den Frühling starten und in den nächsten außergewöhnlichen Tag.
Claudia Mohr