Mit Entsetzen haben die Leiter der beiden großen Kirchen und die Deutsche Evangelische Allianz auf die Messerattacke in der Basilika Notre-Dame im französischen Nizza reagiert. Die Mitbegründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, Seyran Ates, hat derweil deutlichere Reaktionen von deutschen Politikern gefordert. In Nizza waren französischen Medienberichten zufolge am 29. Oktober zwei Frauen und ein Mann ermordet worden, sechs weitere Personen wurden verletzt. Der Täter hat nach Angaben von Bürgermeister Christian Estrosi mehrfach „Allahu akbar“ (Gott ist groß) gerufen. Frankreich müsse dem „Islamofaschismus“ den Kampf ansagen, so Estrosi. Ein Mann wurde offenbar von dem Angreifer durch Messerstiche in den Hals in der Kirche getötet. Eine Frau soll schwer verletzt aus der Kirche in ein Café geflohen und dort gestorben sein. Bei dem dritten Opfer gehen die Angaben auseinander: Während manche französischen Medien berichten, dass die 70-Jährige in der Kirche geköpft wurde, schreibt die französische Tageszeitung „Le Monde“, der Täter habe sie mit einem „sehr tiefen Kehlenschnitt“ getötet.
Bedford-Strohm: Ein sinnloses Verbrechen
Der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), sprach von einem sinnlosen Verbrechen, das ihn erschüttere: „Der feige Anschlag in einer Kirche trifft alle Religionen ins Mark, die sich für ein friedliches Zusammenleben einsetzen.“ Er dürfe die Normalität des friedlichen Miteinanders von Millionen Christen und Muslimen nicht überdecken: „Wir werden uns als Religionen nicht auseinanderbringen lassen, sondern unsere Botschaft der Liebe und Versöhnung noch kräftiger ausstrahlen.“ Der Vorsitzende der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing (Limburg), erklärte: „Gemeinsam müssen wir in Europa der Ideologie der Gewalttäter und ihrem Versuch der gesellschaftlichen Destabilisierung widerstehen.“ Hass und Gewalt dürften keine Chance haben. Europa sei ein großes Projekt des friedlichen Zusammenlebens. Die (katholische) Bischofskonferenz in Frankreich forderte, Christen dürften nicht „zum symbolischen Schlachtopfer werden“.
Evangelische Allianz: Integrative Kräfte stärken
Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Reinhardt Schink (Bad Blankenburg/München), und der Vorsitzende der Allianz, Präses Ekkehart Vetter (Mülheim/Ruhr), äußerten sich auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea schockiert und sprachen von einem feigen Anschlag. Sie beteten, dass die Opfer und deren Familien „in dieser traurigen Situation den Trost und den Frieden von Jesus Christus erfahren dürfen“. Es mache betroffen, wie die Saat zerstörerischer Worte, liebloser Handlungen und verbaler Aufrüstung mehr und mehr tödliche Früchte trage: „Die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft, Verbal-Attacken und das Pochen auf mein vermeintliches Recht schwächen die integrativen Kräfte und gefährden das friedliche Zusammenleben.“ Gewalt sei durch nichts zu rechtfertigen: „Umso wichtiger ist es, dass integrative Kräfte gestärkt und das Bemühen um ein friedvolles Zusammenleben gefördert werden.“ Schink und Vetter heben hervor, dass die Hintergründe noch nicht klar seien: „Viele Indizien sprechen für einen islamistischen Anschlag. Sollte dies zutreffen, widerstehen wir der Versuchung, muslimische Mitbürger, die friedlich in unseren Gesellschaften leben und Brücken zwischen den Kulturen und Religionen bauen, in Kollektivhaftung zu nehmen.“ Sie appellieren ferner „an Verantwortliche, alles zu tun, dass Spannungen lokal, national und global abgebaut werden und ein gutes Miteinander in aller Verschiedenartigkeit gefördert wird“.
Ates: Wir sind in Deutschland nicht weit von der Situation in Frankreich entfernt
Ates äußerte sich gegenüber der von idea verantworteten Nachrichtensendung ideaHeute entsetzt darüber, dass deutsche Politiker nicht sehr viel deutlichere Worte fänden. Sie realisierten nicht, „dass wir in Deutschland nicht weit entfernt sind von dem, was in Frankreich gerade passiert“. Ihr Appell laute: „Hört endlich auf zuzudecken, wacht auf! Wir leben alle gerade in einer großen Gefahr.“ Die Angriffe von Terroristen kämen neben der islamistischen auch aus der rechten deutschen Ecke.