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Interview: Vertrauen ist der Schlüssel – in Gott und ins Team

Von: nicole Datum Beitrag: 04.07.2025 Kommentare: Keine Kommentare Tags: , , , ,

Rebecca Kazav ist CSO bei MUSTANG Jeans und für 450 Mitarbeiter verantwortlich. Im Interview mit IDEA-Leiterin und Vorstand des Kongresses Christlicher Führungskräfte (KCF), Daniela Städter, spricht sie über Leadership mit Herz und Verstand, Krisenkommunikation in der Pandemie, ihren Glauben als Führungsfundament – und warum die Familie immer an erster Stelle steht.

IDEA: Was bedeutet Leadership im Arbeitsalltag?

Kazav: Leadership – also Führung – bedeutet für mich, den Weg zu kennen; zu wissen, wofür ich gehe, welche Ziele ich verfolge und diese auch klar zu kommunizieren. Im nächsten Schritt gehört dazu, Verantwortung zu übernehmen: für diese Ziele ebenso wie für die Mitarbeiter.

IDEA: Wie gelingt gute Mitarbeiterführung?

Kazav: Indem ich Mitarbeiter auf dem Weg mitnehme und Räume schaffe, in denen sie wachsen können. Dafür ist Vertrauen zentral: Mitarbeiter folgen nur jemandem, dem sie vertrauen können. Gleichzeitig braucht es Klarheit. Das musste ich – geprägt von einem christlichen Hintergrund – erst lernen. In Gemeinden ist der Umgang oft kuschelig. Doch wer klar und authentisch führen will, muss auch deutlich benennen, was richtig und was falsch ist. Dabei kommt es darauf an, Klarheit mit Empathie zu verbinden.

IDEA: Das heißt konkret?

Kazav: Ich fordere viel, aber ich gebe auch viel. Führung funktioniert nur, wenn ich selbst lebe, was ich von anderen einfordere. Das kann bedeuten, dass Mitarbeiter auch die extra Meile gehen müssen, wenn es notwendig ist. Meine Leute wissen aber auch, dass ich dabei an ihrer Seite bin, wenn sie es brauchen, und den Weg mit ihnen gehe.

IDEA: Wo sind die Grenzen?

Kazav: Ich fordere vor allem anspruchsvolle Ergebnisse. Meine Branche geht durch eine sehr schwierige Zeit, es gibt Insolvenzen. Ob Ergebnisse in fünf, acht oder zehn Stunden geschafft werden, ist mir letztendlich egal. Ich beharre auf dem Ergebnis.

IDEA: Was braucht es, um diese Ergebnisse zu erreichen?

Kazav: Mein Anspruch ist, nah an den Menschen zu sein. 450 Mitarbeiter klingt erst mal viel, aber ich kommuniziere ja nicht mit allen direkt. Wenn ich erst im Jahresgespräch erfahre, was nicht gut läuft, dann sehe ich das als persönliches Versagen. Bei wöchentlichen Meetings starte ich z. B. nicht damit, was zu tun ist, sondern frage, wie es dem anderen geht – sowohl privat als auch geschäftlich. Nur wem es gut geht, der kann auch Höchstleistung bringen. Ich sehe es als meine Aufgabe, dieses Umfeld zu schaffen. Ich habe z. B. in meinem Team eine Mama mit drei Kindern. Mir ist egal, wann sie arbeitet. Wir schaffen ein Umfeld, in dem sie Leistung bringen kann. Wenn die Eingewöhnung im Kindergarten länger geht, dann ist es so.

IDEA: Sie selbst sind Führungskraft, reisen viel und haben drei Kinder. Ein ziemlicher Spagat.

Kazav: Was mir ganz wichtig ist: Ich bin nicht eine dieser Supermamas, von denen man so oft hört – Topmutter, Leiterin eines Unternehmens, dazu noch super gestylt. Ich kann diesen Job machen, weil ich einen Ehemann habe, der mir den Rücken freihält. Ich würde nicht beides parallel schaffen – und ich wollte das auch nicht! Ich möchte nicht in einem Hamsterrad meinem Leben hinterherrennen und meine Kinder wegorganisieren. Ich habe größten Respekt vor Menschen, die das schaffen müssen – aus finanziellen Gründen oder weil sie alleinerziehend sind. Ich schaffe meinen Beruf gut, weil mein Mann sich um das Haus und unsere Kinder kümmert.

IDEA: Was passiert, wenn Sie sich zwischen Unternehmen und Familie entscheiden müssen?

Kazav: Dann steht immer die Familie an erster Stelle. Das habe ich offen mit meinem Chef geklärt – auch das gehört zu klarer Kommunikation. Es gibt Momente, da braucht es einfach die Mama. Und dann bin ich bei meiner Familie – nicht im Unternehmen.

IDEA: Sind Sie für die Familie auf der Arbeit erreichbar?

Kazav: Meine Kinder sind zehn, acht und anderthalb Jahre alt, haben noch kein Handy. Mein Mann ruft mich alle drei, vier Wochen mal an, während ich in der Firma bin. Dann gehe ich ran – weil ich weiß, dass es wirklich wichtig ist.

IDEA: Könnte Ihnen trotz der Unterstützung durch Ihren Mann ein Burn-out drohen?

Kazav: Vermutlich nicht. Den Perfektionismus, der mich zu Beginn sicher weit gebracht hat, habe ich mit der Zeit etwas loslassen können. Ich will Dinge weiterhin gut machen – aber nicht mehr alles perfekt. Ich kann und muss auch nicht mehr alles kontrollieren. Ich habe mir ein Team aufgebaut, das seinen Job exzellent macht. Ich vertraue ihnen und sie mir. Das bringt enorme Freiheit mit sich. Wenn ich nach Hause gehe, konzentriere ich mich ganz auf meine Familie. Mein Mann und ich nehmen uns außerdem vier Mal im Jahr ein verlängertes Wochenende – nur für uns, ohne die Kinder. Diese Zeit gibt uns sehr viel. Ich bin bis heute noch genauso verliebt, wie ich in die Ehe reingegangen bin.

IDEA: Haben Sie bestimmte Rituale?

Kazav: Ich halte am Anfang und Ende vom Tag kurz inne und überlege: Was ist heute wichtig? Was zahlt auf meine Ziele ein? Und am Ende des Tages: War ich heute die Person, die ich sein wollte? Habe ich mich verzettelt? Das ist jetzt kein Riesending: Ich setze mich nicht mit einer Tasse Tee hin und schreibe alles auf. Das können fünf Minuten im Auto sein.

IDEA: Welche Rolle spielt dabei der christliche Glaube?

Kazav: Er spielt die Hauptrolle in meiner Führung. Ich hatte ein tolles Elternhaus, das mir – immer mit einem Schuss Freiheit – christliche Werte mitgegeben hat: Ehrlichkeit, Zuversicht, Klarheit, Nächstenliebe, ein echtes Interesse an meinen Mitmenschen und an ihrem Wohlergehen.

IDEA: Fällt das auf?

Kazav: Manchmal werde ich gefragt: Was treibt dich eigentlich an? Ich bin kein missionarischer Typ. Aber wenn ich so führe, dass Menschen neugierig werden und ich dann von meinem Glauben erzählen kann, habe ich mein Ziel erreicht.

IDEA: Ihre Mitarbeiter wissen also von Ihrem Glauben?

Kazav: Viele wissen, dass ich gläubig bin und auch mit der jüdischen Religion verbunden bin. Diese Konstellationen in meiner Familie zu erklären, ist etwas Schönes. Da fällt mir noch etwas Wunderbares ein. Das muss ich erzählen, weil es um den KCF geht. Entscheiden Sie, ob es hinterher veröffentlicht wird.

IDEA: Ich bin gespannt.

Kazav: Ich habe lange jemanden für den Vertrieb in der D-A-CH-Region gesucht, also Deutschland, Österreich, Schweiz. Eine echte Schlüsselrolle, wir haben lange niemanden gefunden. Dann kam endlich eine Bewerbung – und sie war ein Volltreffer. Er passte auch von seiner Einstellung super zu uns, er ist bereit, die Extra-Meile zu gehen. Ein Headhunter hatte ihn kontaktiert, und bei seiner Recherche im Netz stieß er auf ein Interview von mir beim KCF 2023 in Berlin. Danach wusste er: Für diese Firma will ich arbeiten. Er ist kein Christ, aber er hat gespürt: Hier ist etwas anders. Er sagte: „Die Werte, von denen ihr erzählt, überzeugen mich.“ Heute gehört er zu meinen wichtigsten Mitarbeitern.

IDEA: Das ist doch eine wunderbare KCF-Geschichte. Aber nicht immer läuft alles rund. Gibt es eine Herausforderung, die Sie als Führungskraft besonders intensiv erlebt haben?

Kazav: Das war die Corona-Zeit. Von heute auf morgen waren alle Geschäfte geschlossen, 90 Prozent unseres Umsatzes brachen weg. Ein Unternehmen kann da ganz schnell auf eine Insolvenz zulaufen. Alle mussten in Kurzarbeit gehen, ich habe meine Mitarbeiter kaum gesehen. In dieser Phase war transparente Kommunikation entscheidend. Unsere Mitarbeiter sind den Weg mit uns gegangen, weil wir klar, ehrlich, regelmäßig und glaubwürdig kommuniziert haben. Dieses Vertrauen hat uns durch die Krise getragen. Wir haben nicht einen Mitarbeiter verloren.

IDEA: Gibt es etwas, woran Sie in Zukunft besonders arbeiten wollen?

Kazav: Ich möchte weiter lernen loszulassen – auch wenn ich in diesem Prozess schon weit gekommen bin. Ich glaube auch fest daran, dass ich Gott vertrauen darf. Aber ich weiß ebenso, dass er uns mit Verstand ausgestattet hat – da die Balance zu finden, ist für mich eine lebenslange Aufgabe.

IDEA: Ihre Vision für Mustang?

Kazav: Wir wollen die Nummer eins unter den Denim-Marken in Europa werden – im „Markt der Mitte“. Da haben wir noch ein Stück Weg vor uns. Aber genau darum heißt es auch Vision. Dass wir derzeit wachsen, bestätigt uns – und darüber freuen wir uns sehr.

IDEA: Vielen Dank für das Gespräch!

Rebecca Kazav (47) ist seit 19 Jahren bei MUSTANG Jeans (Schwäbisch Hall) tätig und verantwortet heute als Chief Sales Officer (CSO) den gesamten Vertrieb des Unternehmens. In jungen Jahren war sie Teil der erfolgreichen Band „Normal Generation?“, mit der sie europaweit tourte und u. a. bei „TV Total“ und dem ESC-Vorentscheid auftrat. Die Wirtschaftswissenschaftlerin lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Stuttgart. Sie gehört zum KCF-Vorstand. In Leipzig findet 2027 der nächste von IDEA veranstaltete Kongress Christlicher Führungskräfte statt.

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