Menü
Sie sind hier:

INTERVIEW: „Gottes Geist kann durch Musik wirken“

Von: nicole Datum Beitrag: 05.09.2025 Kommentare: Keine Kommentare Tags: , , , ,

Peter Menger ist hauptberuflich Arzt, hat aber bereits neun Musicals komponiert – zuletzt „Paul & Gretel – kein Märchen“. Im Gespräch mit IDEA-Leiterin Daniela Städter berichtet er, wie Musik Menschen verändern kann und warum ihn das Leben des „Predigers von Buchenwald“ nicht mehr loslässt.

IDEA: Herr Menger, warum übt Musik eine solche Faszination auf Sie aus?

Menger: Musik hat eine enorme Kraft. Sie kann Menschen zusammenbringen – genau das erleben wir bei unserem aktuellen Projekt „Paul & Gretel“, das die Geschichte des „Predigers von Buchenwald“ erzählt. Christen aus unterschiedlichen Gemeinden, Denominationen und Verbänden machen mit, auch Menschen ohne persönlichen Glauben.

IDEA: Verraten Sie uns ein Beispiel für diese Kraft?

Menger: Bei einer unserer Chorproben trafen sich zwei Männer wieder, deren Freundschaft als Jugendliche durch eine Gemeindespaltung getrennt wurde. Es ging wohl um irgendeine Kleinigkeit. Jahre später standen sie plötzlich nebeneinander im Chor und haben sich so durch das Projekt wiedergefunden. Solche Momente zeigen, was Musik bewirken kann.

IDEA: Gemeindespaltung durch Uneinigkeit – sollten wir also möglichst wenig diskutieren?

Menger: Wir sollten versuchen, möglichst wenig über Unwichtiges zu streiten. Paul Schneider hat schon viel gestritten – zum Beispiel diskutierte er mit seiner Kirchenleitung über das Abendmahlverständnis. Die Presbyter meinten, er sollte da nicht zu kleinlich sein. Er hatte kritisiert, dass junge Männer, die abends in der Kneipe einen lockeren Umgang mit Frauen hatten, am nächsten Morgen ganz selbstverständlich zum Abendmahl gingen. Da kann man schon diskutieren, was es bedeutet, Gottes Willen ernst zu nehmen.

IDEA: Auch über Musik gibt es immer wieder Streit.

Menger: Über Inhalte muss diskutiert werden, über Stilfragen eher nicht. Mir wurde einmal vorgeworfen, ich würde keine „echte Lobpreismusik“ schreiben. Aber wenn ein Lied nur sagt „Du bist so schön, du bist so toll“, dann finde ich das schwierig. Das kann man auch zu seinem Auto sagen. Lobpreistexte, die ausschließlich aus Sätzen wie „Ich fühle mich gut in deiner Nähe“ bestehen, treffen den Kern des Evangeliums nicht.

IDEA: Paul Schneider hat selbst viel gestritten – ein Vorbild?

Menger: Auf jeden Fall. Schneider war kompromisslos, wenn es um die Wahrheit ging. Als ein NSDAP-Mann etwas Falsches über den Himmel sagte, konnte er nicht schweigen – obwohl er wusste, dass das gefährlich für ihn wird. Diese Haltung fasziniert mich. Er war überzeugt, einen Auftrag Gottes zu haben. Für ihn als Familienvater – er hatte sechs Kinder – muss das unglaublich schwer gewesen sein. Vor seiner Entscheidung, in den Widerstand zu gehen, hat er in der Bibel ein Wort gesucht. Er fand im Alten Testament (Richter 5) die Stelle, dass ein Stamm Israels sein Leben gibt, um das Volk zu schützen. Das hat ihn ermutigt, auch sein Leben riskieren zu können.

IDEA: Und seine Frau Gretel?

Menger: Sie war eine lebenslustige Frau, sehr direkt – wir haben faszinierende Tonbandaufnahmen von ihr. Ohne sie wüssten wir vieles über Paul Schneider nicht. Sie hat seine Geschichte weitergegeben. Gretels Botschaft war die Versöhnung.

IDEA: Was macht für Sie die besondere Faszination dieses Musicals aus?

Menger: Es geht um Leben und Tod, um unsere existenziellen Fragen: Wäre ich bereit, mein Leben für meine Überzeugung aufs Spiel zu setzen? Könnte ich dem Mörder meines Ehepartners die Hand zur Versöhnung reichen? Paul Schneider fordert uns mit seiner Kompromisslosigkeit heraus. Und das Evangelium wird Menschen nahegebracht, die sonst vielleicht nie eine Kirche betreten hätten. Bücher werden heute weniger gelesen, aber ein zweieinhalbstündiges Musical erreicht Menschen. Dass dadurch das Evangelium weitergesagt wird – das kann nur Gott machen.

IDEA: In Stuttgart wagen Sie nun Ende September den großen Schritt in die Porsche-Arena.

Menger: Ja, das ist schon verrückt. 5.500 Plätze wollen wir füllen, an zwei Abenden. Noch nie waren wir in einer so großen Halle. Wir haben sieben Regionalchöre, das Einzugsgebiet reicht von Karlsruhe bis Ulm. Da machen Christen ebenso mit wie Skeptiker. Wir hoffen, dass dieses niederschwellige Angebot auch Menschen anspricht, die bisher keinen Bezug zu Gott haben. Dafür investieren Hunderte Menschen unzählige Stunden. Wir vertrauen darauf, dass Gottes Geist durch Musik wirken kann.

IDEA: Vielen Dank für das Gespräch.

Über das Musical

Die Nationalsozialisten ermordeten Paul Schneider (1897–1939) im Alter von 41 Jahren im Konzentrationslager Buchenwald. Peter Menger war von der Geschichte so fasziniert, dass er ein Musical schrieb. 2022 fand die Uraufführung des Musicals „Paul & Gretel – kein Märchen“ über ihn und seine Ehefrau Margarete („Gretel“) Schneider (1904–2002) im hessischen Hüttenberg statt, wo Schneider lange als Pfarrer wirkte. Am 27. und 28. September wird das Musical nun in der Porsche-Arena in Stuttgart aufgeführt. Die Chöre haben sich regional für diese Aufführung zusammengefunden. Am Musical wirken über 1.000 Ehrenamtliche mit: Sänger, Schauspieler, Solisten, ein Streichorchester und eine Band. Die Ticketpreise liegen zwischen 36 und 64 Euro. Veranstaltet wird das Musical vom gemeinnützigen Verein sdg (soli deo gloria) sowie den „Coworkers“ aus Stuttgart, die mit ihrem „Paul-Schneider-Fonds“ verfolgte Christen unterstützen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert