(“Adventisten heute”-Aktuell, 23.5.2014) Die Beatmungsmaschine zischt, das Licht ist grell, überall Schläuche. Weißgekleidete Menschen wiegen ihre Köpfe, Mitleid blickt aus ihren Augen. Wie lange mag der Patient noch durchhalten? Kein vertrautes Gesicht, kein vertrauter Geruch, keine Hand. Alles ist so steril. Dann kommt der letzte Atemzug, die Decke wird über das Gesicht gezogen. Keine Zeit zum Abschiednehmen, der nächste wartet schon. Die letzten Tage des Lebens gehören manchmal zu den schlimmsten.
Es geht auch anders. Die britische Ärztin und Krankenschwester Cicely Saunders (1918-2005) gründete 1967 in London ein Hospiz, in dem todkranke Menschen in Frieden Abschied nehmen und sterben konnten. Inzwischen hat sich die Idee der Hospize in viele Länder ausgebreitet. Auch das Advent-Wohlfahrtswerk e. V. (AWW) sieht darin eine gute Möglichkeit, den Menschen zu dienen und hat bereits vor einigen Jahren gemeinsam mit dem Hospizdienst Oberspreewald-Lausitz e. V. das Hospiz Friedensberg in Lauchhammer gegründet. Seit dem 1. März betreibt das AWW auch ein Hospiz in Uelzen (siehe Aprilausgabe, S. 4.). Am 18. Mai wurde das Haus ganz offiziell und feierlich eröffnet.
In seiner kurzen Predigt “Eine Herberge zum Leben” griff der Pastor der örtlichen Adventgemeinde, Hans-Otto Reling, verschiedene Aussagen von Cicely Saunders auf, darunter ihren bekannten Satz: “Wir können nicht dem Leben mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben.” Er wünsche sich, “dass das Haus eine Herberge sein möge, ein Ort, an dem sich Menschen angenommen fühlen und spüren, dass sie willkommen geheißen werden, die letzten Tage ihres Lebens wirklich leben und nicht abgeschrieben sind.”
Hospiz-Geschäftsführer Georg Remmert sagte, man strebe eine hohe Qualität an. Dazu bedürfe es der Begegnung, Zuwendung, Menschlichkeit und Menschen, die das leisten. Es gibt 11,5 Stellen im Hospiz – für 11 Gäste. Von einem solchen Personalschlüssel können Pflegeeinrichtungen nur träumen.
Johannes Naether, Vorsteher des Norddeutschen Verbands (NDV) und Vorsitzender des Trägervereins AWW, sagte vor dem Hintergrund des Gleichnisses vom barmherzigen Samariter: “Frage nicht, wann ist genug geholfen worden, sondern frage nach den Möglichkeiten.” Die Freikirche habe “sich ziemlich ins Zeug gelegt, um das Hospiz zu ermöglichen.”
Der Leiter der NDV-Grundstücksverwaltung, Thomas Röstel, lobte die Architektenleistung und die Projektsteuerung. Karl-Heinz Walter, der Leiter der AWW-Altenhilfe e. V. erinnerte daran, dass Jürgen Bogumil, Leiter des AWW-Altenheims in Uelzen, bereits 1996 die Idee aufbrachte, neben einem neuen Altenheim auch Häuser mit betreutem Wohnen und ein Hospiz zu errichten. “Fast 20 Jahre später ist das meiste fertig”, resümierte er. Das Hospiz ist Teil des “Lebenszentrums Uelzen” und bildet mit dem Altenheim, dem Wohnhaus und der Adventgemeinde in der Mitte einen gemeinsamen Campus.
Der Uelzener Bürgermeister Otto Lukat freute sich über das erste Hospiz in seiner Stadt und stellte die Überlassung eines Kunstwerks als Dauerleihgabe zur Verschönerung der Hospizräume in Aussicht. Grußworte sprachen auch der evangelische Probst Jörg Hagen und Rose Klepel vom Hospiz in Lauchhammer, die anstelle eines Blumenstraußes ein Blumengemälde mitbrachte. Die Feierstunde wurde durch mehrere Klavierstücke bereichert; virtuos vorgetragen von Ronny Kaufhold, der einen Tag zuvor ein Benefizkonzert zugunsten des Hospizes gegeben hatte. Denn das Hospiz ist auf Spenden angewiesen. Zwar tragen die Krankenkassen 90 Prozent der Kosten, 10 Prozent müssen jedoch aus anderen Quellen fließen.
Nach der Feierstunde konnten die Gäste das Hospiz besichtigen. Einige Menschen leben bereits dort. Sie wohnen in hellen Zimmern und können zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Mahlzeit zu sich nehmen. Eine in der Nähe ansässige Palliativärztin kümmert sich um die medizinische Versorgung. Grelles Licht und Zeitdruck gibt es nicht. Ein würdiger Ort zum Leben – und Sterben. (Thomas Lobitz)
- Weitere Informationen: http://hospiz-am-stadtwald.de/