(“Adventisten heute”-Aktuell, 18.6.2010) Vertreter von Familienverbänden, Wissenschaftler und Mediziner haben die Familienpolitik der Bundesregierung kritisiert. Statt zunehmend staatliche Institutionen mit der Kindererziehung zu betrauen, sollten sich in erster Linie die Eltern um den Nachwuchs kümmern, hieß es auf dem Kongress “Das Geheimnis erfolgreicher Bildung”, der vom 11. bis 13. Juni in Düsseldorf stattfand. Der Volks- und Betriebswirt Bertram Zitscher (Kiel) hielt der Politik vor, dass sie gezielt die “Ein-Kind-Familie” fördere. Die Folge sei “ein hoher Verlust menschlicher Fähigkeiten und Sozialkompetenz”. Zitscher forderte die Weiterentwicklung der Sozialen Marktwirtschaft zu einer “Soziologischen Marktwirtschaft”, die verstärkt Familien mit mehreren Kindern in den Blick nehme.
Der Leiter der Klinik Kinzigtal, Prof. Ulrich Egle (Gengenbach/Schwarzwald), sagte, die Mutter sei die ideale Hauptbezugsperson für ein Kind. Notfalls könne zwar jede andere einfühlsame und verbindlich verfügbare Person diese Aufgabe übernehmen, wichtig sei aber die Konstanz. “Das jährlich wechselnde Au-pair-Mädchen ist kein Ersatz”, sagte Egle vor den rund 250 Teilnehmern. Wer in jungen Jahren keine Hauptbezugsperson habe, bringe später geringeren Widerstand gegen Stress auf.
Fehlende Elternnähe Nährboden für Gewalt
Die britische Juristin Melanie Gill (Brighton/Südengland) warnte vor den Folgen für die Gesellschaft, wenn Kinder nicht mehr die nötige Nähe zu den Eltern und deren Fürsorge erleben. Wo diese Begriffe Fremdwörter seien, sei “der Nährboden für spätere Gewalt bis hin zu Amokläufen bereitet”. Die Bindung zu den Eltern sei der wesentliche Faktor, um Gefühle verarbeiten zu können.
Der Soziologe Prof. Tilman Allert (Frankfurt am Main) bezeichnete die “Erosion der Elternschaft” als das schwerwiegendste Problem für die Entwicklung eines Kindes. Nach seiner Beobachtung verschlechtert sich die Beziehung zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs dramatisch. Erlebte Elternliebe sei jedoch der Schlüssel dafür, dass ein Kind gut aufwachsen könne.
Staat kann Familie nicht ersetzen
Zu dem Kongress hatte das Familiennetzwerk eingeladen – ein bundesweiter Zusammenschluss von Vereinen, Institutionen, Familien und Wissenschaftlern. Er setzt sich dafür ein, dass die Bedürfnisse der Kinder in der Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf berücksichtigt werden und finanzielle Gerechtigkeit für Familien hergestellt wird. Vorsitzende ist die Kinderärztin Maria Steuer (Hollern bei Stade). Schirmherrin der Veranstaltung war die Gattin des Verteidigungsministers, Stefanie zu Guttenberg. In einem Grußwort kritisierte sie, dass es in der öffentlichen Diskussion viel zu oft um die Zukunft der Erwachsenen und die Sicherung der Sozialsysteme gehe als um die Bedürfnisse der Kinder. Das Familiennetzwerk leiste einen wichtigen Beitrag, die Wichtigkeit der familiären Kindererziehung zu vermitteln. Für sie sei völlig klar, dass “der Staat niemals die bessere Familie stellen kann”, so zu Guttenberg. (idea)