(“Adventisten heute”-Aktuell, 27.2.2015) In der Religiosität unterscheiden sich Israel und Deutschland erheblich. Während der Glaube hierzulande meist eine untergeordnete Rolle spielt, sind die Menschen in Israel deutlich frömmer. Das geht aus wissenschaftlichen Untersuchungen hervor, über die das Deutschlandradio Kultur (Berlin) am 22. Februar berichtete.
Über das religiöse Leben in Israel hat der Münchner Historiker Prof. Michael Brenner eine Studie veröffentlicht. Nach seinen Angaben sind etwa 75 Prozent der 8,4 Millionen Einwohner Juden. Mehr als die Hälfte von ihnen verstünden sich als säkular, ein knappes Viertel als traditionell und ein weiteres Viertel als orthodox bis ultra-orthodox. Die arabische Bevölkerung mache ein knappes Viertel der Bevölkerung aus. Etwa 84 Prozent von ihnen seien Muslime und jeweils acht Prozent Drusen oder Christen. Die Zahl der messianischen Juden, die an Jesus als den verheißenen Heiland glauben, wird auf bis zu 15.000 geschätzt. Laut Brenner ist Israel eine zwischen Religiösen und Säkularen gespaltene Gesellschaft.
Säkularisierungswelle von Nord nach Süd
In Deutschland sind die religiösen Verhältnisse statistisch gesehen übersichtlich, so Deutschlandradio Kultur. Von den knapp 81 Millionen Einwohnern gehörten jeweils rund 30 Prozent der evangelischen bzw. katholischen Kirche an. Der Anteil der Muslime liege bei fünf Prozent, und die übrigen Religionsgemeinschaften machten etwa ein Prozent aus; darunter seien etwa 200.000 Juden. Doch die Frömmigkeit und die Bindung an die Kirchen gehen flächendeckend zurück. Nach Angaben des Vizepräsidenten des EKD-Kirchenamtes, Thies Gundlach (Hannover), erstreckt sich die Säkularisierungswelle vom Nordosten nach Südwesten. Die geringsten Beteiligungszahlen am evangelischen Kirchenleben gebe es in Mecklenburg und Schleswig-Holstein; aber auch in Bayern und Baden-Württemberg gehe die Bindung zurück, wenn auch langsamer und später. Zwar sind, so Deutschlandradio Kultur, mehr als zwei Millionen Menschen sozial bei Diakonie und Caritas haupt- und ehrenamtlich tätig, aber die Religion bleibe meistens im Hintergrund.
Säkulare Israelis identifizieren sich mit dem Judentum
Das sei in Israel ganz anders: Selbst die säkularen Bürger zeigten ein wachsendes Interesse, sich Kenntnisse über die religiösen Grundlagen des Judentums anzueignen. In Deutschland werde hingegen das Wissen über den christlichen Glauben immer dünner. Auch identifizierten sich in Israel trotz säkularer Lebenspraxis ungleich mehr Menschen mit dem Judentum. Nach Angaben des Politikwissenschaftlers Steffen Hagemann (Kaiserslautern), Mitautor des Religionsmonitors der Bertelsmann-Stiftung, hat die Religion für die soziale Identität der Israelis trotz weitgehend weltlicher Lebensführung eine hohe Bedeutung. Auffällig sei zum Beispiel die unterschiedliche Auffassung von der Exklusivität der eigenen Religion. In Israel seien 45 Prozent der Befragten der Ansicht, dass nur die eigene Religion recht habe; 33 Prozent meinten, dass allein der eigene Glaube zum Heil führe. In Deutschland hätten hingegen nur 15 Prozent ein dogmatisches Religionsverständnis. Mehr als zwei Drittel (67 Prozent) stimmten hingegen der Aussage zu, dass jede Religion einen wahren Kern habe.
Israelis fühlen sich vom Islam stärker bedroht
Das Bedrohungsempfinden gegenüber dem Islam sei in Israel ebenfalls weitaus stärker als in Deutschland. Hierzulande sehen etwa 57 Prozent den Islam als eine Bedrohung an. In Israel teilten hingegen gut drei Viertel der Bevölkerung diese Meinung. 60 Prozent stellten grundlegende Unterschiede zwischen der westlichen Welt und dem Islam fest. Das habe auch mit der Bedrohung des Landes durch die umliegenden muslimisch geprägten Länder zu tun. In Israel gibt es ferner viel einflussreichere religiöse Parteien – etwa jüdisch-orthodox geprägte – als in Deutschland. Zwar führten die Unionsparteien das “C” im Namen und verträten christliche Werte, aber sie stellten keine religiösen Forderungen in den Vordergrund wie die religiösen Parteien in Israel. (idea)