Die Ernte ist eingefahren, Altäre sind festlich mit Herbstfrüchten geschmückt – es ist Zeit, Erntedank zu feiern. Mit dieser für mich wunderbaren Tradition verbinde ich eine Zeit im Jahr, die uns trotz aller Herausforderungen im Alltag dankbar machen sollte. Es scheint, als würden viele Menschen ihre derzeitige Unsicherheit in Protest umwandeln, dabei haben wir allen Grund dazu, dankbar zu sein. Wir feierten gerade den „Tag der Deutschen Einheit“, einer Friedlichen Revolution, die vor 30 Jahren ein friedliches Ende fand.
Satte Menschen hungrig machen
Als „Deutscher Innungsbäcker“ nehme ich wahr, dass wir in einer Zeit leben, in der wir nicht hungrige Menschen satt, sondern satte Menschen hungrig machen. Allein in Deutschland haben wir über 3.000 Brotsorten. Für mich ist dieses Angebot ein Zeichen von Vielfalt. Eine Vielfalt, auf die wir stolz sein können. Deshalb haben wir als Deutsche Innungsbäcker das Brot als Immaterielles Weltkulturerbe bei der UNESCO angemeldet. Gleichzeitig ist uns eine Wertschätzung für das Handwerk sehr wichtig. Wir sollten dankbar sein, dass wir zu essen haben. Zudem ist es uns eine Herzensangelegenheit, das Brot mit den Christen in Deutschland bei der Aktion „5.000 Brote“ zu teilen. Dahinter verbirgt sich der biblische Bericht von der Speisung der 5.000. Hierbei laden wir Konfirmanden zu uns in die Bäckereien ein, um mit uns Brot zu backen. Bei den Erntedankgottesdiensten verkaufen dann die Konfirmanden die Brote zugunsten von „Brot für die Welt“, und das in ganz Deutschland. In einem Aktionsjahr haben sich so rund 800 Bäckereien und 11.000 Konfirmanden beteiligt. „Brot für die Welt“ bekam schließlich einen sechsstelligen Betrag als Spende überreicht. Diese wunderbare Aktion hat den Effekt, dass sich die Beteiligten auf eine kreative Art und Weise dem biblischen Bericht nähern und sich damit auseinandersetzen. Gleichfalls kommt die Hilfe in anderen Ländern genau da an, wo sie benötigt wird. Viele meiner Kollegen haben so an Erntedankgottesdiensten teilgenommen.
Das Brot des Lebens
Erntedank zu feiern ist für mich eine wichtige Tradition, die auch hier bei uns im schönen Land Brandenburg weitergegeben wird. Zu teilen und den dankbaren Blick auf Dinge zu richten, geht über das Brot hinaus. Ich persönlich finde mich in dem Jungen wieder, der laut des biblischen Berichts, Brot und Fisch in seinem Korb hat. Und ich frage mich dann, ob das Wenige, was ich zu geben habe, überhaupt einen Sinn hat. Wenn wir aber das Wenige, das wir besitzen, Gott zur Verfügung stellen, kann das unter seinem Segen für viele Menschen zum Segen werden. So möchte ich mit dem passenden Bibelzitat schließen: „Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, der wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten“ (Johannes 6,35).