Mittwoch, 8. Juli. Dem heutigen Tag werden Millionen Adventisten auf der ganzen Welt entgegengefiebert haben – besonders jene, die in den “westlichen” Ländern leben. Es ist der Tag der Entscheidung über die Ordinationsfrage. Millionen Gebete wurden dazu gen Himmel geschickt – von Adventisten aus aller Welt, die sich bei aller Unterschiedlichkeit in dieser und anderen Fragen in den entscheidenden Punkten einig sind. Wir sind eine große Familie, und wenn die Verwandtschaft zusammenkommt, gibt es manchmal auch Wortgefechte. Heute war ein solcher Tag. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Es bleibt alles beim Alten: Die 13 Divisionen der Siebenten-Tags-Adventisten dürfen keine eigenen Regelungen zur Ordinationsfrage erlassen, das bleibt der Generalkonferenz vorbehalten. Die Ordination von Pastorinnen ist damit wieder in die Ferne gerückt.
Das Thema dürfte weiter schwelen
Tausende Seiten bedrucktes Papier, zahllose Sitzungen theologischer Studienkommissionen – und am Ende kein Konsens: Die Debatte um die Frauenordination hat unserer Kirche viel Energie gekostet. Die Vollversammlung hatte es in der Hand, das Thema zu Ende zu bringen. Selbst Ted Wilson sagte man nach, dass er das Thema vom Tisch haben will. Dafür gab es nur eine Lösung: Die Delegierten hätten die ihnen vorgelegte Frage (siehe Tagebuch-Spezial) mit Ja beantworten müssen. Dann hätte jede Division entscheiden dürfen, ob sie Frauen zum Pastorendienst einsegnen möchte. Keine hätte es tun müssen, aber diejenigen, die es gewollt hätten, hätten es dann gedurft.
So lautete die Fragestellung, die zur Abstimmung gestellt wurde.(Fotos: Rohann Wellington/NAD und Karl-Heinz Walter/NDV)
Da die Delegierten mehrheitlich mit Nein stimmten, wird aus der Debatte ein Konflikt werden, das kann man gefahrlos prophezeien. Denn immer mehr Verbände werden ihre eigenen Ordinationsbestimmungen erlassen – so die Einschätzung erfahrener Delegierter. Oder das Thema wird auf irgendeine Weise bald wieder auf die Tagesordnung kommen. Denn wenn die Divisionen nicht über die Frauenordination befinden dürfen, könnte sie ja immer noch von der Generalkonferenz beschlossen werden. Möglicherweise sogar vom GK-Exekutivausschuss.
Die Stimmung der letzten Tage war ziemlich eindeutig gewesen: Die Frauenordination wird scheitern. Es gab ein paar vorsichtige Optimisten, die es anders sahen, unter anderem Ángel Rodríguez, der ehemalige Leiter des Biblical Research Institute (BRI), mit dem ich einige Worte gewechselt habe. Er sagte, die Kirche sei bereit für die Frauenordination. Er hat sich geirrt.
Er hat sich leider in seiner positiven Einschätzung geirrt: Ángel Rodríguez, der ehemalige Leiter des BRI. (Foto: Josafat Zemleduch)
Die Ordinationsfrage ist eine emotionale Angelegenheit, weil sie die Frage der Gerechtigkeit berührt. Gott hat uns Menschen einen Sinn für Gerechtigkeit gegeben, wir spüren instinktiv, wenn etwas nicht stimmt. Kürzlich ist der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter aus seiner Kirche – den Southern Baptists in den USA – ausgetreten, weil sie sich bei der Frage der Frauenordination hartleibig gezeigt hat. Seine öffentliche Austrittsbegründung erschütterte seine ehemalige Kirche zutiefst. Die konservativen Southern Baptists waren jahrzehntelang eine wachsende Kirche. Doch seit Kurzem gehen ihre Mitgliederzahlen zurück. Droht das auch den Adventgemeinden in den westlichen Ländern, weil die Frauenordination gescheitert ist? Oder überstrahlt unser Auftrag als Adventgemeinde selbst Entscheidungen wie diese? Können wir trotzdem unsere gemeinsame Identität als Adventisten und die weltweite Solidarität mit unseren Geschwistern aus den anderen Weltregionen aufrechterhalten? Ich hoffe es!
Blicken wir nun auf den heutigen Tag zurück (umfassend, aber ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Der Vormittag – eine lange, aber gute Einstimmung
Nach der Morgenandacht sind die Reihen der Delegierten dicht gefüllt. Der scheidende GK-Vizepräsident Michael Ryan wird die Aussprache zur Frauenordination leiten. Er ist ein besonnener und sehr erfahrener Mann und bittet anfangs darum, nicht zu applaudieren und jede Wortmeldung mit Respekt zu behandeln und Beiträge anderer Delegierter nicht zu kommentieren. Diese Bitten wird er später mehrfach wiederholen.
Er leitet die intensiven Diskussionen dieses Tages sehr besonnen: der scheidende GK-Vizepräsident Michael Ryan. (Foto: James Bokovoy/NAD)
Es gibt ein klar strukturiertes Tagesprogramm. Zunächst trägt Ted Wilson die Arbeit des Theology of Ordination Study Committee (TOSC) vor. Zuvor appelliert er eindringlich, die Debatte nicht durch Geschäftsordnungsanträge abzuwürgen oder Änderungsanträge zur Beschlussvorlage zu stellen. Auch sei alles für eine geheime Abstimmung mit Stimmzetteln vorbereitet. Jeder Delegierte soll nur nach seinem Gewissen abstimmen. Er kündigt auch eine Erklärung seines Amtsvorgängers Jan Paulsen und ein eigenes Statement im Laufe der Debatte an. Es folgt eine Gebetsgemeinschaft.
Anschließend werden die drei Positionen zur Frauenordination noch einmal vorgebracht (siehe Tagebuch-Spezial). Danach wird die Konsenserklärung über Ordination verlesen – man konnte sich immerhin auf eine gemeinsame Haltung einigen, was Ordination überhaupt bedeutet (eine öffentliche Bestätigung von Gemeindegliedern, die Gott für spezielle Dienste berufen hat, durch die Gemeinde). Danach ist eine weitere Gebetsgemeinschaft geplant, dann soll die Debatte eröffnet werden, die mit einer Gebetsgemeinschaft abgeschlossen wird. Anschließend soll abgestimmt werden. Am Ende wird Ted Wilson noch einmal das Wort ergreifen.
Ted Wilson appelliert eindringlich, die Debatte nicht abzuwürgen. (Foto: James Bokovoy/NAD)
Ein aufwendiges Abstimmungsverfahren
Es scheint ernsthafte Zweifel zu geben, dass die Delegierten wirklich nur nach ihrem Gewissen abstimmen, daher die wiederholten Appelle dazu. Um jeglichen Zweifel auszuschließen, ist das Verfahren zur geheimen Abstimmung sehr aufwendig. Jeder Delegierte muss vorher seinen Delegiertenausweis scannen lassen, erhält dann einen Stimmzettel, den er ausfüllt und in einen durchsichtigen Behälter wirft. Dazu muss er einen ganz bestimmten Weg durch die Halle einhalten. Die Auszählung wird öffentlich und kameraüberwacht stattfinden.
Vor der Abgabe eines Stimmzettels wird der Delegiertenausweis gescannt. (Foto: Bryant Taylor/NAD)
GK-Vizepräsident Artur Stele, der gleichzeitig auch Vorsitzender des Biblical Research Institute (BRI) der Generalkonferenz ist, spricht vor der Verlesung des TOSC-Statements darüber, dass es trotz Gebet um den Heiligen Geist keine Einigkeit im Hinblick auf die Frauenordination gebe. Er stellt die Frage: “Wie können wir die erkennen, die Gott für einen Dienst berufen hat?” Das sei das Ziel des ganzen Aufwandes. Wir seien alle eine Familie, es dürfe keine Gewinner und Verlierer geben. Am Ende ruft er den Delegierten zu, dass in dieser Frage endlich eine Entscheidung gefällt werden müsse. Wir hätten den Auftrag, den Menschen das Brot des Lebens zu bringen, dabei dürfe es keine Rolle spielen, ob es von Männern oder Frauen überbracht werde. Erstaunlich offene Worte. Nach der Verlesung der drei TOSC-Statements und der Konsenserklärung zur Ordination erläutert GK-Sekretär G. T. Ng die Frage, die den Delegierten zur Abstimmung vorgelegt wird und gibt einen kurzen historischen Abriss der bisherigen Beschlüsse in dieser Frage (siehe Tagebuch-Spezial).
Die Debatte beginnt
Die Aussprache beginnt mit Geschäftsordnungsanträgen.
Ein afrikanischer Delegierter versucht, mit einem Langsamsprech-Beitrag eine Diskussion über die Geschäftsordnungsregeln loszutreten – er scheitert. Die Redezeit bleibt bei zwei Minuten je Delegierten (drei Minuten mit Übersetzung). In der Debatte sollen die Befürworter und Gegner der Frauenordination abwechselnd sprechen.
Ein Delegierter aus Nordamerika zitiert Ellen White, die 1911 schrieb, dass “der Herr mich ordiniert hat”, ebenso den Propheten Joel, der schrieb, dass Gott seinen Geist auf “alles Fleisch” ausgießen würde und fragte, ob “unsere Töchter davon ausgeschlossen” seien? Er bekommt Applaus von den Zuschauerrängen.
So voll waren die Delegierten-Reihen noch nie! (Foto: -Karl-Heinz Walter/NDV)
Ein Delegierter aus Südamerika fragt nach einer Zurechtweisung für die Verbände, die bereits eigenmächtig Frauen einsegnen.
John Brunt aus Nordamerika erzählt von den guten Erfahrungen, die er mit geistgeleiteten Pastorinnen gemacht hat.
Carlos Steger aus Südamerika argumentiert, dass die Einheit der Gemeinde durch eine unterschiedliche Regelung bei der Ordination in verschiedenen Regionen leiden würde. Wieder gibt es (leichten) Applaus von den Rängen.
Frank Hasel (Bogenhofen) fragt, was mit jenen passiert, die die Frauenordination aus Gewissensgründen nicht mittragen können, aber in einem Gebiet leben, wo diese praktiziert wird.
Lawrence Geraty (Nordamerika) argumentiert genau andersherum und will nicht gezwungen werden, eine Regelung zu akzeptieren, die gegen sein Gewissen sei.
Eine Zwischenbilanz
Es ist Mittag, Zeit für eine kurze Zwischenbilanz: Die Bemerkungen von Ted Wilson zu Beginn waren sehr passend und fair, er hat damit ins Schwarze getroffen und damit sicher manche Delegierte beeindruckt. Auch die Worte von Artur Stele waren klug, treffend und mutig. Die Diskussion verlief bis hierher in einem guten christlichen Geist. Bislang haben nur Nordamerikaner für die Frauenordination gesprochen, der einzige Europäer, der in dieser ersten Phase der Aussprache überhaupt ans Mikrofon trat, war Frank Hasel (s. o.). Man sollte sich noch einmal in Erinnerung rufen, dass nur 17 Prozent der Delegierten Frauen sind, und die meisten Abgeordneten sind zudem der “ziemlich reifen Jugend” zuzurechnen. Bis Mittag war noch keine einzige Frau am Delegiertenmikrofon. Nur die Männer reden also über die Rolle der Frau in der Gemeinde und bestimmen auch letztlich darüber.
Am Nachmittag bilden sich lange Schlangen vor den sechs Mikrofonen. (Foto: Rohann Wellington/NAD)
Die Debatte wird hitziger
Am Nachmittag bilden sich lange Schlangen vor den Mikrofonen. Es bietet sich das erwartete Bild: Nordamerikaner und jetzt auch Europäer sprechen für die Frauenordination, hauptsächlich Afrikaner und Lateinamerikaner dagegen.
Mario Veloso (Generalkonferenz-Delegierter) bemerkt, dass sich an den Argumenten gegenüber früheren Debatten nichts geändert habe und plädiert gegen die Frauenordination.
Ein Nordamerikaner sagt, man dürfe die Angelegenheit nicht als eine “Testwahrheit” hochspielen. Sie sei kein Teil unserer 28 Glaubenspunkte. Einheit sei nicht Uniformität.
Evangelist Doug Batchelor verbindet seinen Beitrag gegen die Frauenordination mit einer Werbung für seine Arbeit. Unsere Kultur sei geprägt von der Verwirrung der Geschlechter, die Bibel habe deren Rollen ganz klar geregelt, deshalb sei er gegen die Frauenordination.
Jeroen Tuinstra, der junge belgische Vorsteher, erzählt die Geschichte einer Frau, die von Gott zum Pastorendienst berufen wurde, ihn aber aufgrund von Gemeinderegeln nicht ausüben durfte.
Guillermo Biaggi, ein neu gewählter GK-Vizepräsident, wendet sich gegen die Frauenordination und nimmt für sich in Anspruch, für die Euro-Asien-Division zu sprechen, in der er bislang Präsident war. Tatsächlich geht ansonsten niemand aus dieser Division ans Mikrofon.
Lowell Cooper, ein scheidender GK-Vizepräsident, befürwortet die Frauenordination, u. a. weil sie besser mit unserer Theologie und der biblischen Lehre von den geistlichen Gaben vereinbar sei. Seine Begründung ist direkt zum Punkt und nicht so ausschweifend, wie bei anderen Delegierten. Allerdings zählt er im Stakkato so viele Punkte auf, dass man sie sich kaum merken kann.
Die erste Frau, die spricht, kommt aus Afrika und ist gegen die Frauenordination, weil es für Frauen auch ohne sie genügend Betätigungsmöglichkeiten in der Kirche gebe, darunter predigen, lehren und evangelisieren. Nach ihrer Logik könnte man die Ordination allerdings auch ganz abschaffen.
James Standish aus Australien verbindet sein Plädoyer für die Frauenordination (“es gibt biblisch gesehen keinen Unterschied zwischen Ältester und Pastor”) mit einer Kritik an die Delegierten, weil viele von ihnen bei anderen wichtigen Themen nicht dabei waren.
Zwischendurch wird eine Gebetsgemeinschaft gehalten.
An diesem Tag wurde mehrmals gebetet – besonders wenn die Stimmung etwas hitzig wurde. (Foto: Rohann Wellington/NAD)
Danach geht es Schlag auf Schlag weiter.
Jay Gallimore, Vorsteher aus Michigan, argumentiert mit der Male-Headship-Theologie gegen die Frauenordination. Er ist einer der wenigen Nordamerikaner, die gegen die Frauenordination sprechen.
Karin Bonnet aus Deutschland bittet darum, nach der Abstimmung strikt auf jede Art von Beifall zu verzichten. Sitzungsleiter Michael Ryan unterstützt sie darin und mahnt, alle Triumphgesten zu unterlassen.
Roscoe Howard aus Nordamerika sagt, mit der Hermeneutik der Frauenordinationsgegner könne man auch Sklaverei rechtfertigen.
Ein Delegierter aus der Inter-Amerikanischen Division argumentiert mit der Einheit der Kirche gegen die Frauenordination. Neben der Male-Headship-Theologie ist das das häufigste Argument dagegen.
Louis Torres, Vorsteher von Mikronesien-Guam, sagt, dass sein Gebiet die Frauenordination nicht unterstützt, dort predigen auch Frauen, keine von ihnen hätte ordiniert werden wollen.
Karin Bonnet aus Weimar (NDV) macht sich Sorgen über das Verhalten nach der Abstimmung. Der Sitzungsleiter lobt ihren Redebeitrag. (Foto: Karl-Heinz Walter/NDV)
Jan Paulsen spricht – und wird kritisiert
Auf Einladung von Ted Wilson tritt sein Amtsvorgänger Jan Paulsen ans Mikrofon. Er spricht sich für ein Ja aus, weil ein Nein großen Schaden für unsere Kirche bedeuten würde. Es gehe hier auch um eine Frage des Vertrauens – vertrauen wir unseren Leitern, dass sie uns gut führen? Dann sollten wir mit Ja stimmen, so Jan Paulsen. Er spricht so leidenschaftlich, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Er wirft sich in die Schlacht für die Frauenordination, am Ende bricht fast die Stimme. Seine Rede dauert länger als zwei Minuten, er wird nicht unterbrochen.
Ted Wilsons Vorgänger Jan Paulsen hält eine leidenschaftliche Kurzrede für die Ordination von Pastorinnen – viele haben es ihm sehr übel genommen. (Foto: Bryant Taylor/NAD)
Ein Delegierter aus der Inter-Amerikanischen Division (französischsprachiges Gebiet) äußert seine Enttäuschung über Jan Paulsens Statement, ein anderer Delegierter aus der gleichen Division (englischsprachiges Gebiet) unterstützt ihn. Ein afrikanischer Delegierter beschwert sich, weil Jan Paulsen speziell an afrikanische Delegierte appelliert hat und fühlt sich gebrandmarkt. Die Diskussion wird hitziger. Afrikanische und lateinamerikanische Delegierte treten hier sehr selbstbewusst auf und kritisieren Jan Paulsen so unverhohlen, wie es sich Europäer bei Ted Wilson niemals öffentlich erlauben würden. Sie bemängeln, dass er mehr Zeit hatte, als andere (er sprach auf spezielle Einladung des GK-Präsidenten). Sie werfen ihm sogar Delegiertenbeeinflussung vor. Der Einsatz der Delegierten für Gleichberechtigung ist bemerkenswert. Solche Fürsprecher wünschte man sich auch für die Frauen.
Glenn Townend, neuer Präsident der Südpazifischen Division, sagt, wenn in der Kirche seit 40 Jahren über die Ordinationsfrage keine Einigkeit erzielt werden konnte, sei es logisch und zwingend, diese Frage regional zu regeln.
Ein Delegierter aus Afrika sagt, entweder ist Frauenordination gut für alle oder schlecht für alle, daher ist er gegen eine regionale Regelung. So wie er sprechen sinngemäß einige Delegierte aus seiner Region. Hier zeigt sich beispielhaft der Konflikt zwischen eher individualistischen und eher kollektivistischen Kulturen. Was für die einen ein harmloser Freiraum ist, bedeutet für die anderen Verrat an der Einheit der Gemeinde.
Ein Delegierter der GK bemängelt, dass der GK-Exekutivausschuss über die Ordinationsfrage keine Entscheidung finden konnte und sie auf die Delegierten “abgewälzt” hat, obwohl es doch seine Sache gewesen wäre.
Der scheidende EUD-Vorsteher Bruno Vertallier sagt, wenn wir den Schöpfer ehren, müssen wir auch seine Geschöpfe in ihrer vollen Würde respektieren, das gelte auch für die schöpfungsgemäße Gleichheit der Geschlechter.
Auch er spricht für die Ordination: der scheidende EUD-Vorsteher Bruno Vertallier. (Foto: Karl-Heinz Walter/NDV)
Ein Delegierter aus Afrika sagt, man dürfe manchmal auch Dinge nicht tun, wenn sie die Einheit der Kirche untergraben, selbst wenn sie an sich nicht schlecht seien.
Danach spricht sich eine Delegierte aus Europa für die Frauenordination aus und begründet es mit einem Ellen-White-Zitat.
Eine Vertreterin der AYC-Jugendorganisation aus Nordamerika wendet sich gegen die Frauenordination, weil sie innerhalb der NAD umstritten sei und die Gemeinden polarisieren würde.
Cheryl Doss, eine Missionswissenschaftlerin der Generalkonferenz, weist darauf hin, dass die Ordination nur funktional, nicht sakramental sei, und daher unterschiedliche Handhabungen erlaubt werden sollten.
Ein Delegierter aus Südamerika hält die Ordination von Frauen für eine Ablenkung vom eigenen Auftrag, deshalb sei er dagegen.
Ricardo Graham, Vorsteher des Pazifik-Verbandes in Nordamerika, weist darauf hin, dass es immer auch Anpassungen der Gemeinde an die regionale Kultur gab und gibt. Nichts anderes sei die Frauenordination.
Ted Wilsons kurzer Appell
Jetzt wird Ted Wilson das Wort erteilt, er spricht etwa eine Minute. Jeder wisse, wo er theologisch stehe. Er appelliert, nach der Entscheidung einen guten Geist zu bewahren und gemeinsam den Auftrag der Gemeinde zu erfüllen. “Ich bitte euch, bleibt zusammen!”
Ted Wilson am Delegiertenmikrofon. Er spricht sehr kurz und neutral: der vor wenigen Tagen wiedergewählte Präsident der Weltkirche Ted Wilson. (Foto: Rohann Wellington/NAD)
Ein Delegierter aus der Inter-Amerikanischen Division hält die Ordinationsfrage für eine Art Endzeitprüfung und plädiert für Nein.
Ein Vertreter der Nordasien-Pazifik-Division bemängelt, dass Delegierte aus einigen Divisionen noch gar nicht gesprochen hätten, unter anderem aus seiner, in der die Hälfte der Pastoren Frauen seien (vor allem wegen des hohen Anteils in China). Tatsächlich ist es schwierig, aufgrund der Vielzahl der Wortmeldungen ein Rederecht zu ergattern. Auch deutsche Delegierte hatten sich vergeblich darum bemüht.
Die Zeit verrinnt, die Abstimmung naht. Ein Delegierter stellt den Antrag auf Verlängerung der Redezeit, dem aus Gründen der Geschäftsordnung nicht stattgegeben wird. Unmittelbar vor der Abstimmung gibt es noch eine Gebetsgemeinschaft.
GK-Untersekretär Myron Iseminger erklärt die Prozedur der geheimen Wahl (s. o.), dann wird abgestimmt.
Die Debatte war vor allem ein Schlagabtausch zwischen Nordamerika auf der einen Seite (unterstützt von wenigen Europäern und Australiern) und Afrika und Lateinamerika auf der anderen Seite. Stumm blieben die Asiaten. Sind sie das “Zünglein an der Waage”? Die Zahlenverhältnisse sprechen eine eindeutige Sprache. Wenn die Delegierten aus den jeweiligen Divisionen ihren Vorrednern folgen, dann stimmt die überwältigende Mehrheit für Nein.
Die Abstimmung
Langsam schlängelt sich die Menge der Delegierten auf den vorgeschriebenen Wegen durch die Halle, um abzustimmen. Die Plexiglas-Behälter füllen sich mit den Stimmzetteln, Kameras übertragen alles auf die großen Leinwände. Während der Auszählung singt die Versammlung einige Lieder, begleitet von Chor und Orchester der Montemorelos-Universität in Mexiko. Wir Berichterstatter spekulieren derweil, wie hoch die Niederlage für die Befürworter der Frauenordination ausfallen wird.
Die Stimmabgabe erfolgt im vorgegebenen Modus. (Foto: James Bokovoy/NAD)
Nach einiger Zeit wird dem Sitzungsleiter Michael Ryan das Ergebnis mitgeteilt. Bevor er es vorliest, schlägt er vor, dass anschließend nicht applaudiert, sondern gebetet wird. Das Ergebnis lautet:
2363 abgegebene Stimmen, 977 Ja-Stimmen, 1381 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen
Das Abstimmungsergebnis. (Grafik: AR)
Zum Vergleich: Bei der GK-Vollversammlung 1995 in Utrecht ging die Abstimmung in einer ähnlichen Frage zur Frauenordination wie folgt aus: 2154 abgegebene Stimmen, davon stimmten 1481 gegen die Möglichkeit, dass Divisionen selbst über die Frauenordination bestimmen können, 673 waren dafür. Die Zahl der Befürworter der Frauenordination wird also größer, obwohl der Anteil der Adventisten aus den Ländern Afrikas und Lateinamerikas steigt. Rechnerisch würde das bedeuten, dass wir noch eine Generation warten müssen, bevor es eine weltweite Mehrheit für die Frauenordination in unserer Kirche gibt.
In seinem Schlusswort beschwört Ted Wilson noch einmal die Einheit der Kirche und entlässt die Versammlung dann zum Abendessen. Die Stimmung unter den europäischen und amerikanischen Delegierten ist gedrückt, aber nicht deprimiert. Die meisten hatten diesen Ausgang erwartet.
Bei der Abschiedsfeier von Bruno Vertallier. (Fotos: Karl-Heinz Walter/NDV)
Verabschiedung
Das gilt auch für die Delegierten der Intereuropäischen Division (EUD) und deren Anhang, die sich anschließend gesondert zur Verabschiedung des scheidenden Präsidenten Bruno Vertallier und zur Einführung seines Nachfolgers M%E1rio Brito treffen. Bruno Vertallier moderiert den Stabwechsel in seiner launigen Art und lässt sich als Zeichen, dass er nicht mehr im Amt ist, die Krawatte abschneiden. Es gibt ein Salatbuffet und danach verschwinden die Delegierten nach und nach in den Abend.
Wegen dieses Treffens habe ich die heutige Präsentation von drei Divisionen verpasst, der Südpazifik-Division, der Südasien-Pazifik-Division und der Südliches-Afrika-Indischer-Ozean Division. Doch das Ereignis des Tages hat ohnehin alles beherrscht, so dass die Divisionsberichte zu einem undankbaren Zeitpunkt präsentiert wurden.