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Gegen Einschränkung durch Antiterror-Gesetze in Russland

("Adventisten heute"-Aktuell, 8.7.2016) Zusammen mit einem Aufruf der Kirchenleitung der Siebenten-Tags-Adventisten an ihre Mitglieder in Russland, am 28. Juni zu fasten und zu beten, appellierten sie an Präsident Putin, das Gesetz, welches am 24. Juni von den Abgeordneten der Staatsduma angenommen worden war, nicht zu unterzeichnen. Das Gesetz will die Missionstätigkeit im Land einschränken, religiöse Versammlungen in Privathäusern verbieten sowie das Verbreiten von religiösen Inhalten durch Druckerzeugnisse oder online nur Personen mit beglaubigten Dokumenten erlauben.

Das vorgeschlagene Gesetz, das im Rahmen der neuen "Überwachungs- und Antiterror-Gesetze" eingebracht wurde, ist vom Oberhaus, dem Föderationsrat bzw. der Vertretung der Gliedstaaten, am 29. Juni an den Präsidenten zur Unterzeichnung weitergeleitet worden. Sollte es von Putin unterzeichnet werden, kann es laut "The Moscow Times" 2018 in Kraft treten. Es definiert nach Angaben von "Adventist Review AR", amerikanische Kirchenzeitschrift, die Missionstätigkeit als: "Gottesdienst sowie andere religiöse Riten und Zeremonien, Verteilung religiöser Literatur, Audio- und Videomaterialien, öffentliches Fundraising für religiöse Zwecke, Durchführung von Gottesdiensten, religiösen Versammlungen und predigen".

Adventisten appellieren an Putin, das Gesetz nicht zu unterzeichnen

Zum Aufruf für einen Gebets- und Fastentag sei es gekommen, als Pastor Oleg Goncharov, zuständig für Außenbeziehungen und Religionsfreiheit der teilkontinentalen adventistischen Kirchenleitung (Eurasische Division ESD), mit Sitz in Moskau, an Putin appellierte, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. "Für Gläubige ist es unmöglich, den Anforderungen dieses Gesetzes zu entsprechen und selbst in den eigenen vier Wänden nicht mehr über ihre religiösen Überzeugungen sprechen zu dürfen", so Goncharov.

Der offene Brief an Präsident Putin wurde am 27. Juni auf der Website der ESD-Kirchenleitung publiziert. "Mit der Genehmigung dieses Gesetzes, wird die religiöse Situation im Land wesentlich komplizierter. Viele Gläubige werden wegen ihres Glaubens ausgegrenzt und Repressalien ausgesetzt sein", sagte Oleg Goncharov. Dies sei nicht hilfreich und bereite allen adventistischen Christen Sorgen, die seit mehr als 130 Jahren in Russland tätig seien.

Der Kreml hat nicht öffentlich auf Appelle reagiert, die Gesetzgebung zu überarbeiten. Laut Menschenrechtlern, die sich auch für Änderungen eingesetzt haben, verletzten mehrere Anti-Terror-Maßnahmen internationales Recht.

Eklatante Verletzung grundlegender Menschenrechte und unveräußerlicher Rechte

Der Adventist Goncharov ist Mitglied des Beratungsgremiums des Kremels (Council at the Seat of the Russian President) bezüglich religiöser Organisationen und Co-Vorsitzender des Rats protestantischer Kirchen in Russland (Advisory Council of the Heads of Protestant Churches in Russia). Er bezeichnete das neue Gesetz "eine eklatante Verletzung der grundlegenden Menschenrechte" sowie des vom Schöpfer jeder Person gegeben, unveräußerlichen Rechts, ihre religiösen Überzeugungen zu bezeugen, wie dies auch in der russischen Verfassung und im Völkerrecht verankert sei. Zudem zeigte sich Goncharov besorgt, dass der Wortlaut des Gesetzes sehr vage formuliert und offen für Interpretation von Strafverfolgungsbehörden sei.

Missionstätigkeit in Wohngebieten verboten

Was ihn besonders beschäftige, sei eine Regelung im Gesetz, welche die Ausübung von Missionstätigkeit in Wohngebieten verbiete, so Pastor Goncharov. Dies sei die Legalisierung eines folgenschweren Eingriffs in die Privatsphäre der Bürger, indem ihnen in den eigenen vier Wänden verboten werde, ihre religiösen Überzeugungen mit anderen zu teilen oder ihre religiösen Bedürfnisse zu stillen.

Zudem fordere das Gesetz von Gläubigen, die ihren Glauben mit anderen über Internet teilen wollten, dass sie entsprechende Dokumente einer religiösen Vereinigung besitzen. Dies sei eine grobe Verletzung der russischen Verfassung sowie des internationalen Rechts, so Goncharov. Es zwinge Bürger, die ihr unveräußerliches Recht auf Ausübung der Gewissensfreiheit wahrnehmen wollten, sich einer Religionsgemeinschaft anzuschließen.

Gesetz betrifft auch Meinungsäußerungsfreiheit und Versammlungsfreiheit

"Es steht hier mehr als die Religionsfreiheit auf dem Spiel", sagte Ganoune Diop, Direktor der Außenbeziehungen und Religionsfreiheit der adventistischen Weltkirchenleitung. "Es geht auch um die anderen Grundfreiheiten: Die Meinungsäußerungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit. Alle diese Grundfreiheiten sind miteinander verknüpft, bedingen einander und sind unteilbar", so Diop.

Für russische Staatsbürger, die nach dem neuen Gesetz verurteilt werden, sind Geldstrafen im Rahmen von 5.000 bis 50.000 Rubel (75 bis 750 Franken / 70 bis 700 Euro) vorgesehen. Organisationen könnten mit 100.000 bis zu einer Million Rubel (1.500 bis 15.000 Franken / 1400 bis 14.000 Euro) bestraft werden. Andere Staatsangehörige würden bei Übertretung des Gesetzes abgeschoben.

Fraglicher Gesetzgebungsprozess

Adventisten und andere Konfessionen unterstützten die Bemühungen der Regierung, Extremismus und Terrorismus zu bekämpfen. Der Abschnitt über Missionstätigkeit im neuen Gesetz gehe aber entschieden zu weit, hielt Goncharov fest. Zudem verletze die schnelle Verabschiedung des Gesetzes und die Genehmigung in nur drei Tagen sowie die Umgehung von vorgeschriebenen Beratungen mit Religionsgemeinschaften das Bundesgesetz. Dieses schreibe Diskussionen mit einem Ausschuss der Staatsduma für religiöse Organisationen vor sowie mit Vertretern jener religiösen Organisationen, die direkt vom Gesetz betroffen seien.

Rückweisung an Duma

Pastor Oleg Goncharov appellierte an Putin, die Gesetzgebung zur Revision zurück an die Duma zu verweisen und versicherte den Präsidenten "wir beten stets für Sie, lieber Herr Präsident, sowie für alle staatlichen Behörden". Der Präsident sei sich der Bedenken hinsichtlich dieses Gesetzes bewusst und behalte sich ein Veto vor, sagte Dmitry Peskov, Sprecher von Putin. (APD)

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