Keine Privilegierung bestimmter Religionsgemeinschaften
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner jüngsten Kopftuchentscheidung zwei muslimischen Lehrerinnen Recht gegeben, die sich als Betroffene gegen die Regelungen über religiös motivierte Kleidung im nordrhein-westfälischen Schulgesetz gewandt hatten. Nach dem nun ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10) sei ein Verbot von religiösen Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Lehrerinnen und Lehrern (beispielsweise Kopftuch) erst zulässig, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden und die Wahrung der staatlichen Neutralität bestehe. Eine lediglich abstrakte Gefährdung genüge nicht, so Mueller. Wenn es zu Verboten in diesem Sinne käme, müssten diese unterschiedslos für alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen gelten.Damit habe das Bundesverfassungsgericht einer Privilegierung bestimmter Religionsgemeinschaften eine klare Absage erteilt, betonte der Jurist. Bislang wäre durch eine entsprechende Regelung im nordrhein-westfälischen Schulgesetz unter Bezug auf "christlich-abendländische Traditionen" sichergestellt gewesen, dass zum Beispiel der Nonnenhabit von Lehrerinnen weiter zulässig sei, während das islamische Kopftuch hätte abgelegt werden müssen. "Das Bundesverfassungsgericht hat in erfreulicher Weise mit seiner Rechtsprechung nun die gesellschaftliche Realität einer religiösen Vielfalt in unserem Land ausdrücklich anerkannt und unter Schutz gestellt", kommentierte Mueller.
Das Gericht habe sich aber auch gegen Tendenzen gewandt, die unter Hinweis auf die staatliche Neutralitätspflicht ein weitgehendes Hinausdrängen von religiösen Bezügen aus dem öffentlichen Raum fordern. Der Staat nehme vielmehr eine offene und die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung ein, gab der Jurist zu bedenken.